Tod eines Lehrers
Uhr
G eorg-Büchner-Gymnasium, Parkplatz. Teichmann wartete schon seit halb acht in seinem Wagen, in dem die Standheizung lief. Er hatte ihr eine SMS geschrieben und sie gebeten, sie noch vor dem Unterricht zu sprechen. Sie kam um zwanzig vor acht, stieg aus und begab sich Richtung Sporthalle. Er folgte ihr so unauffällig wie möglich. Sie ging zum Hintereingang und blieb vor der Tür stehen.
»Was gibt’s so Dringendes?«, fragte sie und sah ihm in die Augen. Ihr Blick war so eisig wie der Wind.
»Wir müssen aufhören«, sagte er geradeheraus. »Es kann so nicht weitergehen, schon gar nicht nach Rudolfs Tod.«
»Ist das alles?«
»Ist das etwa nicht genug?«
»Warum so plötzlich? Hat deine Frau was spitzgekriegt? Oder bekommst du auf einmal Nervenflattern?«
»Nein, es sind rein persönliche Gründe. Ich bitte dich inständig, der Polizei nichts von uns zu sagen. Wir könnten beide in Teufels Küche kommen.«
»Wir?«, fragte sie spöttisch. »Du meinst, du könntest in TeufelsKüche kommen. Die Polizei kriegt heraus, was zwischen uns gelaufen ist, die erzählen es deinem reizenden Frauchen, und sie lässt dich fallen wie eine heiße Kartoffel. Aber soll ich dir was sagen, ich hatte sowieso vor, diesen Mist zu beenden. Und du brauchst auch keine Angst zu haben, dass deine heiß geliebte Frau etwas davon erfährt. Ich bin für meine Verschwiegenheit geradezu berühmt, das solltest du eigentlich wissen. Und so toll war das auch wieder nicht mit dir. Ehrlich.«
»Willst du mich verletzen?«
»Verdreh nicht die Tatsachen. Du verletzt die Menschen. Ich kenne deine Frau und habe mich die ganze Zeit über gefragt, warum du etwas mit mir angefangen hast. Ich gebe zu, ich war nicht ganz unbeteiligt, aber die Initiative ging ganz klar von dir aus. Und bitte, erzähl mir nicht, dass dein jetziger Entschluss einzig und allein etwas mit Rudolfs Tod zu tun hat oder mit der Polizei. Was steckt wirklich dahinter?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
»Kannst du nicht oder willst du nicht?« Sie sah ihn durchdringend an, doch er schwieg. »Deinem Schweigen entnehme ich, dass du nicht willst. Aber gut, ich werde es schon noch herausfinden.«
»Mein Gott, wenn du’s unbedingt wissen musst – Natalia ist schwanger. Sie hat es mir gestern gesagt.«
»Wow, was für ein exzellentes Timing. Der eine gibt den Löffel ab, der andere wird Vater. Gratuliere, hätte ich dir auf deine alten Tage gar nicht zugetraut«, sagte sie mit noch mehr Spott in der Stimme. Sie warf einen Blick auf die Uhr: »Ich muss in die Klasse, wir unterhalten uns später weiter. Es gibt da einige Dinge, die noch zu klären sind.«
»Was gibt’s da noch zu klären? Wir hatten eine Affäre oder auf Deutsch ein Liebesabenteuer. Und Abenteuer dauern nun mal nicht ewig. Und wir hatten ausgemacht, dass keiner dem andern Steine in den Weg legt, wenn es vorbei ist.«
»Du hast Recht, das hatten wir ausgemacht. Und keine Angst,weder die Polizei noch deine Frau wird jemals etwas davon erfahren. Und noch etwas – du bist nur ein sehr durchschnittlicher Liebhaber. Ich frage mich, ob du zu Hause auch so langweilig bist. Na ja, was soll’s, wir sind ab sofort eben nur noch Kollegen. Bis dann.«
Teichmann war nervös, was seinem Gegenüber nicht verborgen blieb. »Und was wolltest du mit mir noch klären?«, fragte er.
»Vergiss es, unwichtig. Und freu dich, dass du endlich Papi wirst und eine Aufgabe in deinem Leben hast. Ich hoffe, du erfüllst wenigstens die ordentlich.«
»Was soll das nun schon wieder heißen?«
»Nichts weiter, nur eine kleine Spitze zum Abschluss. Mach’s gut, Liebster.«
»Warte, nur noch eine Frage. Hast du letzte Nacht bei mir angerufen und gleich wieder aufgelegt?«
»Nein, warum?«
»Nur so. Es war ein anonymer Anrufer.«
»Und, was hat er gesagt?«
»Nichts, gar nichts. Er hat nur geatmet.«
»Vielleicht war es eine andere Geliebte von dir«, erwiderte sie, die Mundwinkel spöttisch nach unten gezogen.
Nach diesen Worten ließ sie Teichmann einfach stehen und ging mit schnellen Schritten auf das Schulgebäude zu. Er wartete noch zwei Minuten, bevor auch er sich auf den Weg zu seinem Klassenzimmer machte.
Donnerstag, 8.35 Uhr
C armen Schirner öffnete die Tür und bat die Beamten ins Haus. Thomas kam die Treppe herunter und warf ihnen nur einen kurzen Blick zu. Er wirkte übernächtigt. Der süßliche Duft von Räucherkerzen hing schwer in der Luft.
»Wir sind noch mal gekommen, um uns mit Ihrer Mutter zu
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