Tod Eines Senators
kannte den Apotheker. Metellus vertraute ihr, sicherzustellen, dass die Pillen schnell, sauber und schmerzlos wirkten.«
»Würdest du das für Decimus tun?«
Helena schaute mich schockiert an. Sie liebte ihren Vater. »Nein! Aber andererseits«, folgerte sie, »versuchte Juliana …« Helena lernte schnell, passte sich rasch meiner Vorsicht an. »Oder sie behauptet versucht zu haben, den Selbstmord ihres Vaters zu verhindern.«
»Ich bin sicher, dass die Verteidigung diese Behauptung zu ihren Gunsten anführen wird.«
»Und ich bin sicher, die Verteidigung wird es vermasseln!« Helena war sogar noch zynischer als ich. War das schon immer so gewesen war, oder hatte das Leben mit mir sie härter gemacht? »Sie ist eine Frau. Mit so einem Skandal in der Luft wird sie keine Chance haben. Die Anklage wird wann immer möglich auf den vorherigen Korruptionsprozess hinweisen und damit andeuten, dass Juliana auch korrupt ist. Wie der Vater, so die Tochter. Ja, die Tochter hat tatsächlich die Pillen gekauft – aber der Vater hat der gesamten Familie mitgeteilt, dass er Selbstmord begehen wollte. Das ist ein anerkanntes Vorgehen in seiner Schicht, über Jahrhunderte gebilligt. Juliana war nur ein Instrument.«
Ich schniefte. »Er hat seine Meinung geändert.«
»Also war er ein unschlüssiger Feigling. Aber Juliana hatte versucht, ihn zu retten, daher ist die Tragödie für sie doppelt so schlimm. Und sie dann anzuklagen, ihn ermordet zu haben, ist abscheulich.«
Wir saßen in meinem Büro, ich auf einer Liege mit der Familienhündin, die mich trat, damit ich ihr mehr Platz machte, und Helena mit baumelnden Beinen auf einem Tisch. Die Schriftrollen, die sie beiseite geschoben hatte, um für sich Platz zu machen, waren gegen einen Wandschrank gequetscht. Von Zeit zu Zeit fummelte sie an meinem Tintenfass herum, während ich zuschaute und darauf wartete, dass es umkippte. Es war angeblich verschüttsicher, was ich gerne mal testen wollte. »Du warst bei dem Apotheker, Marcus. Was hältst du von ihm?«
Ich wiederholte, was ich Silius gesagt hatte: Rhoemetalces war erfolgreich in seinem Beruf und schien zu wissen, was er tat. Selbst wenn man ihn wegen Mordes anklagte, würde er sich meiner Meinung nach vor Gericht gut halten. So gut er konnte, heißt das. Er hatte die Pillen verkauft, die einen Mann umgebracht hatten, daran konnte er nichts ändern. Alles hing davon ab, wie das Gericht die Absichten von Metellus senior interpretierte.
Selbstmord war nicht gesetzwidrig, ganz und gar nicht. Konnte man demnach den Apotheker für einen Mann haftbar machen, der seine Meinung geändert hatte? Ich hielt das für ungerecht – aber Gerechtigkeit und Justiz sind bekanntlich zwei unterschiedliche Dinge.
»Du hast Juliana kennen gelernt«, erinnerte ich Helena. »Wie war deine Meinung?«
Helena führte an, dass sie Juliana nicht als mögliche Mörderin betrachtet hatte. »Ich wollte Familiäres von ihr wissen. Ich habe sie nicht als eventuelle Verdächtige angesehen.«
»Trotzdem, was an ihrem Verhalten ist bei dir hängen geblieben?«
Helena kramte die Szene aus ihrem Gedächtnis hervor. »Ich hab sie nur kurz gesehen. Sie hat eine Familienähnlichkeit mit ihrer Mutter Calpurnia, aber natürlich jünger und weicher. Traurig und angestrengt, doch das wirkte tief eingegraben, also hat sie vielleicht schon immer so ausgesehen, oder die ganze Geschichte hat sie fertig gemacht.«
»Glückliche Ehe?«, fragte ich.
»Kann ich weder bejahen noch verneinen.« Helena zuckte mit den Schultern. »Juliana dachte, ich wäre gekommen, um ihr mein Beileid auszusprechen. Ich hatte das Gefühl, dass ihr das gefiel. Ihre Emotionen wirkten echter als bei ihrer Mutter – viel weniger bewusst, wie das alles aussehen würde.«
»Jemand hatte ihr geraten, keine Fragen zu beantworten.«
»O ja. Sie nahm rasch Anstoß daran und sprang auf, um mehr Dienstboten zu rufen, nachdem sie erkannt hatte, warum ich wirklich gekommen war.«
»Hatte sie Angst?«, fragte ich.
»Ein bisschen. Ob vor mir oder meinen Fragen oder vor demjenigen, der ihr befohlen hatte, sehr vorsichtig zu sein, kann ich nicht sagen.«
»Der Ehemann?«
»Höchstwahrscheinlich. Was hieltest du von ihm, Marcus?«
»Rufus? Wenig hilfsbereiter Dreckskerl. Nicht nur uns, sondern auch seiner Frau gegenüber.«
Wir sprachen über die zweite Befragung von Juliana, nachdem sie zur Verdächtigen geworden war, als Justinus und ich sie formell in der Anwesenheit ihres grimmigen Mannes
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