Tod Eines Senators
zugedrückt zu haben. (Ja, ich werfe der Amtsgewalt vor, heiße Tipps von ihm erhalten zu haben.)
Aufgemuntert durch seinen Gewinn, machte Paccius Africanus dort weiter, wo Silius Italicus aufgehört hatte. Er klagte Metellus Negrinus an, den Tod seines Vaters verschuldet zu haben.
Das war noch nicht allgemein bekannt. Ich wusste es. Man hatte mir die Gunst einer dringenden Aufforderung erwiesen, Paccius aufzusuchen und mit ihm über die Anklage zu sprechen.
Im Gegensatz zu Silius empfing mich Paccius bei sich zu Hause. Die beiden waren in mehrerer Hinsicht völlig gegensätzlich. Silius hatte mich zu sich zitiert und dann auf arrogante Weise sein Bestes getan, unsichtbar zu bleiben. Im Gegensatz dazu behandelte Paccius mich mit ausgesuchter Höflichkeit. Er schickte sogar einen Tragestuhl mit livrierten Trägern. Ich brachte die Camilli mit, aber wir hatten uns dagegen entschieden, uns alle drei in den Tragestuhl zu quetschen; sie trabten hinterher. Als wir bei Paccius eintrafen, eilte er sofort auf uns zu, um uns im Atrium zu begrüßen. Das Atrium war prächtig – schwarzer Marmor und eine erstklassige Bronzenymphe in einem Wasserbecken. Er besaß ein tolles Haus. Was natürlich kein Wunder war.
»Ich danke Ihnen vielmals, dass Sie gekommen sind.« Er war gepflegt, geschmackvoll gekleidet, sah älter aus als etwas über vierzig. Seine Stimme klang leicht kratzig, als hätte er sie überanstrengt. Aus der Nähe betrachtet, hatte er eines jener schiefen Gesichter, die aussehen, als wären zwei halbe Köpfe in der Mitte von einem ungeschickten Bildhauer zusammengeklebt worden; selbst seine Ohren waren unterschiedlich groß. »Ah, Sie haben Ihre Assistenten mitgebracht. Tut mir Leid, das hatte ich nicht vorausgesehen. Sie müssen zu Fuß gegangen sein. Ich hätte eine Wegbeschreibung mitgeschickt. Haben Sie mich trotzdem einigermaßen gut gefunden? Kann ich Ihnen eine Erfrischung anbieten? Kommen Sie herein und machen Sie es sich bequem …«
Und das von dem Miesepeter mit dem fiesen Blick, der angedeutet hatte, ich käme aus der Gosse, als er vor Gericht etwas erreichen wollte. Ich ließ sein leeres Höflichkeitsgeschwätz an mir abgleiten. Aber ich bemerkte die Andeutung, dass wir bei dem heutigen Unternehmen, was immer das sein mochte, auf derselben Seite standen.
Ich warf den Jungs einen warnenden Blick zu. Justinus betrachtete die Behänge, als hätte er schon bessere gesehen. Aelianus schaute Paccius mit offener Verachtung an, da er als wahrer Patrizier jede Ausrede genoss, sich flegelhaft zu benehmen. Beide hatten kein Lächeln im Gesicht. Keiner von uns trug eine Toga, und so fühlte sich Paccius, der aus irgendeinem Grund formell gekleidet war, veranlasst, seine rasch abzulegen. Wir lehnten seine angebotenen Erfrischungen ab, daher winkte er eine Gruppe von Sklaven, die sich mit Silbertabletts in dem Raum versammelt hatten, in den er uns führte, wieder weg.
Ich wunderte mich immer noch über die Toga. Er war in seinem eigenen Heim. Niemand trägt zu Hause eine Toga. Er musste von einem formellen Ereignis zurückgekommen sein. Welchem, und mit wem?
»Ich brauche Ihre Hilfe, Falco.«
Ich verzog einen Mundwinkel zu einem selbstsicheren Lächeln. »Ein Appell an meine Fähigkeiten hat immer Charme, Paccius.«
»Soll ich unsere Honorarskala vortragen?« Justinus tat so, als würde er einen Witz machen.
»Er will uns – also verdopple die Kosten«, krächzte Aelianus. Wir lachten alle. Was für ein fröhlicher Beruf die Ermittlungsarbeit doch sein kann.
Ein Mann kam herein, jemand, den ich nicht als Hausgast einschätzte. Er war mir fremd, aber ich erkannte ihn als Berufskollegen. Er trug eine braune Tunika, eng anliegend, keine Borte, ein breiter Gürtel, den man zu verschiedenen Zwecken benutzen konnte. Seine Stiefel waren solide, ebenfalls zweckmäßig. Über dem Arm hatte er einen dicken dunklen Mantel, dessen Kapuze herunterhing. Es sah aus, als wäre der Stoff eingeölt worden, was man machen würde, wenn man ständig bei schlechtem Wetter draußen war. Er war zehn Jahre älter als ich, kleiner als der Durchschnitt, breit gebaut, muskulös, dicke Waden. Sein Haar war so kurz geschnitten, dass die Farbe unbestimmbar war. Sein Blick wanderte ruhelos im Raum hin und her und nahm uns alle in sich auf.
»Das ist Bratta«, stellte ihn Paccius vor. »Er arbeitet für mich als Bote.« Bratta war also Ermittler. Meine Art von Ermittler. Silius benutzte auch einen, hatte er mir erzählt. Seinen
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