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Tod für Don Juan

Tod für Don Juan

Titel: Tod für Don Juan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Mr. Aldrich selbst behauptet — und das nehme ich ihm auch ohne
weiteres ab —, daß er Mr. Stratton im Zug nicht gesehen hat. Stratton aber
hat Aldrich gesehen, und so haben die beiden sich gegenseitig unwissentlich
ein hieb- und stichfestes Alibi geliefert. Daß Stratton fast den ganzen
Nachmittag in Didcot verbracht hat, steht übrigens jetzt fest. Denn es ist nun
einmal so, meine Damen und Herren, daß niemand an zwei Stellen gleichzeitig
sein kann, das ist gegen die Naturgesetze. Und wer immer zielstrebig seine
Pläne verfolgte, wer immer den roten Cavalier übernahm, hatte in sehr kurzer
Zeit sehr viel zu tun — und zwar in Oxford. Vielleicht noch eine kleine
Zusatzbemerkung. Ich stellte mir die Frage, ob sich möglicherweise nicht nur
Stratton und Brown, sondern auch ihre Frauen von früher her kannten. Eine der
Frauen aber war bereits tot, und es war ein Mann, der an jenem Nachmittag den
Leihwagen übernahm.
    So langsam, will mir scheinen,
gehen uns die Verdächtigen aus. Drei Ehepaare befanden sich zu Beginn der Reise
in Ihrer Gruppe, und schon haben wir zwei von unserer Liste gestrichen — die
Strattons und die Browns.» In der gespannten Stille, die diesen Worten folgte,
wandten sich aller Blicke jenem Paar zu, das gerade aus seinem Hotelzimmer
geholt worden war und das heute — ohne Erfolg, wie sich zeigte — versucht hatte,
sich der englischen Architektur zu verweigern, mit der es in letzter Zeit bis
zum Überdruß gefüttert worden war.
    Doch dann setzte der Chief
Inspector seine Ausführungen fort, und das Interesse der Anwesenden
konzentrierte sich wieder ganz auf ihn.
    «Mr. Kronquist aber kämpfte,
wie einige von Ihnen wissen, fast den ganzen Nachmittag zusammen mit Mrs.
Sheila Williams gegen die Tücken des Vorführgeräts, das sie für ihren
Diavortrag über Alice brauchte, und auch für einen so geschickten und
anstelligen Mann wie Mr. Kronquist werden die Naturgesetze nicht aufgehoben.
Aus dem gleichen Grund müssen wir nun auch Mrs. Williams und Cedric Downes von
unserer Liste streichen. Wenn es jemand aus Ihrer Gruppe war, der um drei Kemp
vom Bahnhof abholte, kann es nicht Downes gewesen sein, denn neun oder zehn von
Ihnen werden gern bereit sein zu bestätigen, daß er Ihnen ab drei einen
hochinteressanten Vortrag hielt. Sagte ich, daß uns allmählich die Verdächtigen
ausgehen? Und doch, meine Damen und Herren, hat an jenem Nachmittag jemand Kemp
auf dem Bahnhof in Empfang genommen. Jemand aus Ihrem Kreis.»
     
     
     

54
     
    Oder
welch Weib ist, die zehn Groschen hat, so sie deren einen verlieret, die nicht
ein Licht anzünde, und kehre das Haus, und suche mit Fleiß, bis daß sie ihn finde?
( Lukas, Kapitel 15 Vers 8)
     
    Während Morse in Bath damit
beschäftigt war, den Fall all jener Täuschungen und Halbwahrheiten zu
entkleiden, die bisher den Blick auf die wahren Gegebenheiten verstellt hatten,
tat sich im Trout Inn , einer hübschen Gastwirtschaft am Fluß, zwischen
dem Wehr und der Godstow-Schleuse, in dem Dörfchen Wolvercote und nur ein, zwei
Meilen vom westlichen Teil von North Oxford entfernt, etwas Ungewöhnliches. In
den Sommermonaten wimmelt es dort von Gästen, die sich hinter den goldgelben
Sandsteinmauern des Gasthauses auf der Terrasse am Fluß niederlassen, um dort
in Muße zu speisen und zu trinken. Gern setzen sie sich auch auf die kleine
steinerne Brüstung und sehen den dunkelbraunen Karpfen mit den silbernen
Flecken zu, die in dem klaren, grünlichen Wasser herumschwimmen und nach oben
kommen, wenn man ihnen Krümel und Kartoffelchips hinwirft.
    An jenem Mittwoch vormittag
aber interessierten sich die wenigen Gäste, die zu einem frühen Umtrunk im Trout
Inn eingekehrt waren, weit mehr für vier größere Unterwassergeschöpfe mit
glatter schwarzer Haut und unverhältnismäßig großen Schwimmflossen, die
abtauchten, wieder hochkamen und voller Eifer tief unter dem Wehr herumsuchten,
wobei hin und wieder Blasen aus den Behältern stiegen, die sie auf den Rücken
geschnallt hatten. Es waren erfahrene Froschmänner, und alle vier wußten bis in
alle Einzelheiten, wonach sie suchten. Sie kannten die genauen Abmessungen des
gesuchten Gegenstandes und wußten, wie die drei großen Rubine angeordnet waren,
die ihn einst geschmückt hatten. Bisher war ihre Suche ergebnislos verlaufen,
und eine trübe Schlammwolke stand über dem Flußbett, während das Wasser
weißschäumend über das Wehr strudelte. Doch sie waren optimistisch. Sie waren
genau instruiert

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