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Tod im Apotherkerhaus

Tod im Apotherkerhaus

Titel: Tod im Apotherkerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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gut, auch wenn er nicht recht glauben konnte, dass Mine ihn nach allem, was passiert war, noch liebte. »Was machst du eigentlich mitten in der Nacht hier draußen, Opa? Noch dazu, wo es nieselt?«
    »Könnt nich schlafen. War noch zu hibbelig. Genau wie die Sau.«
    »Die Sau?«
    »Die war krank. Hab geschwind den Dokter geholt, un der hat sie kuriert.«
    »Was? Wie? Ein Physikus, der eine Sau kuriert? So etwas gibt es nicht.«
    »Auf Opas Hof gibt's das.« Die Stimme des Alten war nicht ohne Stolz. »Da war grad'n Dokter im Nachbarhof, dem hab ich gesacht, ich hätt bannig Schmerzen in meine Stümpfe, un da hat er mir 'ne Salbe gegeben.« »Ja, und?«
    Opa setzte einen Strahl Tobacksaft in den Haufen, bevor er fortfuhr: »Da hab ich >Danke, Herr Dokter<, gesacht, >wo Ihr nu schon mal da seid, könnt Ihr ja auch mal nach der Sau gucken, die scheißt seit zwei Tagen nich, da is irgendwas mit los<, un da hat er der Sau 'ne Spritze ins Moorsloch gejagt, un sie hat 'ne halbe Stunde lang wie'n Wasserfall geschissen, un alles war wieder best, un soll ich dir was sagen, Teo?« »Na, was denn?«
    »Der Dokter wollt noch nich mal Geld.« Rapp begann etwas zu ahnen. »Wie hieß denn der Doktor, Opa?«
    »Weiß nich mehr genau, Dastro oder so, un er hat auch nach'm Afteker gefragt, hier müsst einer wohnen, hat er gemeint, aber ich hab nix gesagt, man weiß ja nie, nich?« Das Schildkrötengesicht grinste listig.
    »Ja, ja.« Rapp furchte die Stirn. Der Physikus war also dagewesen und hatte nach ihm gefragt. Es war schon das zweite Mal, dass er ihn sprechen wollte. Was hatte er gestern Morgen in der Apotheke angedeutet? Es gäbe noch etwas Wichtigeres als der geplante Raub am Wochenende? »Füüüüür! Füüüüüüür!«
    Rapp, aus seinen Gedanken gerissen, dachte im ersten Augenblick, Opa hätte den Ruf ausgestoßen, aber der Greis war genauso überrascht wie er. Und schon erscholl es wieder: »Füüüüür!«
    »Düwel ok, Teo! Dor brennt dat!« Opas dürrer Arm wies nach Norden über die Wohnbauten, wo sich ein schwacher rötlicher Schein am Himmel abzeichnete.
    »Ich muss hinüber und helfen!« Rapp war zwar erst wenige Jahre in Hamburg, aber er hatte schon eine Reihe von Bränden miterlebt und wusste, wie gefährlich die Flammen waren, besonders in den Armenvierteln, wo die morschen Hütten und Häuser wie Zunder brannten. »Opa, bleib besser hier und halte Abstand zum Misthaufen!«, rief er, während er in Richtung Gang hastete. Hinter ihm wurden Rufe laut. In den Wohnbauten rings um Opas Hof waren die Schläfer erwacht und stürzten nach draußen, die Kinder zuerst. Überall brach jetzt ein Höllenlärm los. Glocken läuteten, Sirenen erklangen, der Türmer von St. Jakobi gab Alarm: Dumpfe Trommelschläge hallten durch die Nacht. Kein Mensch sollte im Schlaf vom Feuer überrascht werden! Rapp hastete zur Ecke Rosenstraße/Alstertor, dorthin, wo der Schein am hellsten war. Ja, da züngelten Flammen gleich aus mehreren Häusern. Menschentrauben standen frierend davor, Männer der Bürgerwache trieben sie vom Brandherd fort, stellten Laternen und Fackeln auf, um für die Helfer den Weg zum Feuer zu markieren. Vier stämmige Burschen zogen, schoben, zerrten eine Hebelpumpspritze heran, andere rollten bereits die Druckschläuche aus. Trotz all der Hektik schien jedermann seine Aufgabe zu kennen, denn Hamburg hatte - wie jede größere Stadt - leidvolle Erfahrung mit Feuersbrünsten. Ein knorriger Mittfünfziger, die Uniformjacke schief über das Nachtgewand gezogen, stand inmitten des Geschehens und bellte Befehle: »Hööö, Männer, flott, flott, flott, das Feuer wartet nicht auf euch, los, packt mit bei der Spritze an. Ja, du da mit dem Buckel auch!«
    »Ik kann nich, mutt to mien Fru un de Kinner!«, brüllte der Angesprochene zurück und wollte weiterhasten, doch da war er bei dem Knorrigen an der richtigen Adresse. »Wat wullt du? Du hest hier gor nix to seggen! Die Befehle gebe ich! Ich bin Johannes Vock, der zuständige Feuerschauer, wenn dir das was sagt. Und wenn jeder hier bei seiner Familie rumglucken würde, lag Hamburg bald in Schutt und Asche. Und nun ab mit dir!« Er gab dem Buckligen einen Stoß und wandte sich einigen herbeistürzenden Wachen zu. »He, ihr! Holt den Löschwasserwagen vom Spinnhaus her, ihr anderen lauft nach St. Petri, St. Nikolai und St. Katharinen, wir brauchen mehr Ledereimer, mindestens dreihundert Stück. He du da, ja, dich meine ich! Wie heißt du?« »Teo.«
    »Gut, Teo, du siehst

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