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Tod im Sommerhaus

Tod im Sommerhaus

Titel: Tod im Sommerhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Smedberg
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Hausnummer 58. Als sie nach Hause gekommen war, hatte dort nur eins gestanden, das andere musste eben erst eingetroffen sein.
    Sie ging in die Küche, nahm den Gin aus dem Kühlschrank und ein Glas von der Spüle. Dann kehrte sie ins Wohnzimmer zurück und ließ sich wieder aufs Sofa sinken. Goss ein, trank langsam und starrte vor sich hin.
    Wie lange sie ihn wohl festhalten konnten, wenn sie nichts fanden? Schwer zu sagen, aber es war das Klügste, damit zu rechnen, dass er bald wieder draußen sein würde. Sie hatte keine Angst, wusste aber, dass sie auf der Hut sein musste.

Reisen in die Vergangenheit
     
    Nielsen warf einen Blick auf die Uhr. Bald halb elf. Er versuchte auszurechnen, wie lange er brauchen würde. Etwa 120 Kilometer nach Gävle, dann noch ungefähr 25 Kilometer nach Sandviken. Vielleicht eineinhalb Stunden. Außerdem würde es wahrscheinlich noch etwas dauern, bis er das Haus fand. Gegen zwölf musste er auf jeden Fall am Ziel sein.
    Er beschleunigte, wechselte auf die linke Spur und überholte einen Lastwagen mit Anhänger. Er blieb auf der Überholspur, rauschte an einem halben Dutzend Autos vorbei, verlangsamte dann wieder und ordnete sich in die Kolonne ein. Eigentlich hatte er keine Eile, es gab keinen Grund, sich zu hetzen, zwanzig Stundenkilometer zu schnell zu fahren und ständig die Fahrspur zu wechseln. Er hatte das einfach im Blut. Alte Gewohnheiten. Er hatte nicht gern jemanden vor sich. Ihm gefiel dieser Sog beim Beschleunigen und sich Vordrängeln, das Verlangen, Gas zu geben und bis ans Limit zu gehen.
    Widerwillig zwang er sich, weiter in der Kolonne zu fahren und Abstand zu halten, während er ungeduldig aufs Lenkrad trommelte.
    »Du fährst hin? Allein?«, hatte ihn Lasse Henning gefragt, als er diesen angerufen und über seine Pläne informiert hatte.
    »Ja. Falls du nicht die Absicht hast, mir einen Privatchauffeur zu stellen.«
    Lasse Henning seufzte.
    »Du weißt, was ich meine. Ich dachte, du fährst nicht mehr.
    Ich hatte keine Ahnung, dass du dich wieder ans Steuer setzt.
    Seit wann?«
    »Etwa seit einem Jahr«, antwortete Nielsen. »Nein, es sind sogar fast schon zwei.«
    »Und das geht gut?«
    »Denkst du an mein Holzbein? Ich würde immer noch besser Auto fahren als du, auch wenn ich zwei davon hätte. Oder vier.«
    Henning stöhnte.
    »Verdammt, Johnny, kannst du nicht mal aufhören? Das ist jetzt zwanzig Jahre her, und trotzdem liegst du einem damit immer noch in den Ohren. Soweit ich das beurteilen kann, hast du keinen Grund, dich zu beklagen. Und außerdem stößt du bei mir auf taube Ohren, das weißt du.«
    Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort:
    »Daran dachte ich auch gar nicht, sondern eher an deine Trinkgewohnheiten.«
    »Das ist kein Problem mehr«, antwortete Nielsen.
    »Ach?«
    Hennings Stimme klang skeptisch:
    »Offenbar gibt es doch vieles, das man nicht mitkriegt. Du hast nicht zufällig auch noch jemanden bekehrt?«
    »Darüber reden wir, wenn wir uns das nächste Mal sehen«, erwiderte Nielsen. »Jetzt konzentrieren wir uns auf diesen Fall.
    Das wolltest du doch, wenn ich mich recht entsinne?«

    Aber er wusste, dass Lasse Henning ins Schwarze getroffen hatte. Er hatte den Verlust des linken, direkt unter dem Knie amputierten Unterschenkels nie verwunden. Es hatte sein Leben verändert, und eigentlich hätte er dankbar dafür sein müssen.
    Trotzdem nagte ständig ein unterschwelliges Verlustgefühl an ihm, das in den letzten Jahren noch zugenommen hatte, intensiver geworden war. Sogar die Schmerzen waren zurückgekehrt, mit einer Kraft, die ihn manchmal nachdenklich stimmte. Nein, die Gefahr, dass er vergessen könnte, war ausgesprochen gering.
    Eine Erinnerung an den Unfall oder genauer an einen Augenblick kurz danach hatte sich ihm besonders stark eingeprägt. Eine sekundenschnell vorbeiflimmernde Sequenz, und er konnte nicht genau sagen, ob er sie sich nur einbildete und sich im Nachhinein so zurechtgelegt hatte. Irgendwie hatte er sich aus dem Fahrzeug befreit, hatte daneben gestanden und auf sein Bein gestarrt, von dem sein Fuß seitlich abgewinkelt war. Zuerst war ihm eiskalt geworden, und er war wie gelähmt gewesen. Dann hatte er sich beruhigt und eingesehen, dass alles nur ein Traum war. Kein Schmerz. Nichts. Er träumte. Er hatte zum Waldrand hinübergeblickt. Das Bild hatte etwas Einladendes besessen, erinnerte er sich. Die Abendsonne hatte die Wiesen und den Laubwald in goldenes Licht getaucht. Er konnte sich also genauso gut

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