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Tod in Breslau

Tod in Breslau

Titel: Tod in Breslau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marek Krajewski
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verstellte
    ihnen den Weg und fragte erschrocken:
    »Wohin, die Herren?«
    Mock, Ehlers und Smolorz schenkten ihm nicht die ge-
    ringste Beachtung. Doch Anwaldt gab ihm einen Stoß,
    sodass der kleine Mann gegen die Wand taumelte, wo ihn
    Anwaldt mit einer Hand festhielt, während er ihm mit
    der anderen die borstige Wangen so zusammendrückte,
    dass sich sein Mund zu einem Rüssel kräuselte.
    »Wir sind von der Polizei, aber du hast uns nicht gese-
    hen, verstanden? Oder möchtest du Ärger kriegen?«
    Der Hausmeister nickte, dass er verstanden habe, und
    verschwand schleunigst in den Hinterhof.
    Anwaldt hatte einige Mühe, in den ersten Stock zu
    steigen. Er drückte die Messingklinke: Die Tür gab nach.
    213
    Obwohl das Gespräch mit dem Hausmeister und der
    Weg durch das Treppenhaus kaum zwei Minuten in An-
    spruch genommen hatten, waren die beiden Polizisten
    und der Fotograf unterdessen nicht nur lautlos in die
    Wohnung eingedrungen, sondern hatten auch bereits mit
    ihrer systematischen Durchsuchung begonnen. Anwaldt
    gesellte sich rasch zu ihnen. Mit Handschuhen hoben sie
    diverse Gegenstände hoch, um sie genau anzusehen und
    sie dann wieder genau am selben Platz abzustellen. Nach
    einer Stunde trafen sich alle im Arbeitszimmer von
    Maass, das Mock höchstpersönlich inspiziert hatte.
    »Setzt euch!« Mock wies ihnen die Stühle zu, die um
    einen runden Tisch herumstanden. »Seid ihr mit Küche,
    Badezimmer, Schlafzimmer und Salon durch? Gute Ar-
    beit! Gab es dort nichts Interessantes? Das habe ich mir
    gedacht. Hier gibt es nur eines, das von Interesse ist: Dieses Heft. Also los Ehlers, ans Werk!«
    Der Fotograf packte seine Geräte aus, stellte das Stativ
    auf den Schreibtisch, regelte die Höhe und befestigte sei-
    ne »Zeiss« darauf. Das Notizheft legte er auf die Tisch-
    platte. Er schlug die erste Seite auf, legte eine Glasscheibe darüber, stellte das Objektiv ein und betätigte den Draht-auslöser. Es blitzte. Auf das Zelluloid war die Titelseite gebannt: » Chronik des Ibn Sahim . Übersetzt von Dr.
    Maass.« Das Blitzlicht flammte noch fünfzehnmal auf, bis
    alle mit der kleinen, säuberlichen Schrift bedeckten Seiten fotografiert waren. Mock sah auf die Uhr und sagte:
    »Meine Herren, wir liegen gut in der Zeit. Ehlers, wann
    können Sie die Bilder fertig haben?«
    »Um fünf.«
    214
    »Dann wird Herr Anwaldt sie abholen. Niemand an-
    ders als er, verstehen Sie?«
    »Ich verstehe.«
    »Das wär’s. Ich danke Ihnen.«
    Smolorz schloss die Tür wieder mit der gleichen Leich-
    tigkeit, mit der er sie geöffnet hatte. Anwaldt spähte
    durch die Mosaikfenster des Stiegenhauses und konnte
    durch das dunkle, farbige Glas den Hausmeister erken-
    nen, der den Hof auskehrte und dabei immer wieder
    ängstlich zu den Fenstern hinaufsah. Vermutlich wusste
    er nicht einmal, in welche Wohnung sie eingedrungen
    waren. Nur wenige Sekunden später befanden sie sich
    wieder im Wagen. Diesmal fuhr Mock: durch die Agnes-
    straße zum Polizeipräsidium, wo Ehlers und Smolorz
    ausstiegen. Mock und Anwaldt bogen in die Schweidnit-
    zer Straße ein, fuhren über den Zwingerplatz, und als die
    Kaffeerösterei und der »Kaufmannszwinger« hinter ihnen
    lagen, gelangten sie auf die verkehrsreiche Schuhbrücke.
    Sie passierten die beiden Kaufhäuser »Petersdorff« und
    »Gebrüder Barasch«, auf dessen Dach ein beleuchteter
    Globus angebracht war, und ließen das Paläontologische
    Museum und das ehemalige Polizeipräsidium hinter sich.
    Sie steuerten auf die Oder zu. Beim Matthiasgymnasium
    bogen sie nach rechts ab und befanden sich gleich darauf
    auf der Dominsel. Nachdem sie den mittelalterlichen
    Dom mit dem roten Gebäude des Priesterseminars Geor-
    gianum passiert hatten, hielten sie schließlich in der Adal-bertstraße. Und kurz darauf saßen sie im Restaurant
    »Lessing«, wo sie ein Kellner mit einer tiefen Verbeugung
    begrüßte.
    215
    Im Saal herrschte angenehme Kühle. Das Atmen fiel
    gleich wieder leichter. Beide wurden von einer wohligen
    Schläfrigkeit ergriffen, und Anwaldt schloss die Augen.
    Er hatte das Gefühl, von einer großen, sanften Woge ge-
    schaukelt zu werden, und nur von fern nahm er wahr,
    wie Besteck klapperte. Mock machte sich mit zwei Gabeln
    über seinen knusprigen Lachs in Krensoße her. Amüsiert
    schaute er seinen schlafenden Kollegen an.
    »Wachen Sie auf, Anwaldt.« Er gab ihm einen Stups
    mit dem Ellbogen. »Ihr Essen wird kalt.«
    Kurz darauf betrachtete er rauchend, wie Anwaldt

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