Tod in der Marsch
gesicherten
Erkenntnisse, dass die beiden nicht einem Zufallstäter zum Opfer gefallen sind,
aber alle bisherigen Anzeichen deuten darauf hin, dass uns der Täter bereits
begegnet ist.«
»Ich habe alle Verdächtigen in diese Übersicht
eingetragen.« Große Jäger zeigte auf seine Ausarbeitung.
In der Mitte hatte er in drei kleinen Kreisen die
Namen der Opfer geschrieben, daran anschließend den Ehemann, Mehmet Yildiz und
den flüchtigen Frieder Brehm gruppiert. Im dritten Kreis waren Kästchen
angebracht, die mit »Polen« bezeichnet waren, und eines mit »von Dirschau«. Ein
Kästchen trug die Inschrift »Unbekannter Täter«, und selbst Leo Grün fehlte
nicht in der Übersicht. Auch waren die Geschwister Anne Dahls aufgeführt.
Selbst Bürgermeister Römelt, Gastwirt Stamm und der Sohn des Gutsbesitzers
waren in dem Schema zu finden.
Der Oberkommissar betrachtete seine Übersicht. »Wer
hat das getan? Und warum?«
Das Telefon klingelte, und Mommsen hob ab.
»Einen kleinen Augenblick«, sprach er in den Apparat
und reichte den Hörer an Christoph weiter. »Deine Frau«, erklärte er.
»Hallo«, meldete sich Christoph.
»Weiß du, was heute für ein Tag ist?«, überfiel sie
ihn. »Morgen ist Heiligabend. Ich habe in der Kanzlei einen Berg unerledigter
Vorgänge, den ich eigentlich über die Feiertage abarbeiten müsste. Und jetzt
soll ich mich auch noch allein um die Vorbereitungen für Weihnachten kümmern?
Wir haben bisher weder Essen noch Trinken eingekauft. Der Tannenbaum fehlt auch
noch, abgesehen davon, dass wir noch keine Geschenke für die Familie besorgt
haben. Wann, glaubst du, soll ich das alles erledigen?«
»Es tut mir Leid«, versuchte er sie zu unterbrechen,
»ich hatte mir das auch anders vorgestellt.«
»So? Hast du? Ich bin berufstätig und habe einen Job,
der sich nicht in acht Stunden erledigen lässt. Ich bin schließlich kein
Beamter.«
»Ich stimme dir zu, dass es einfacher war, als ich
noch in Kiel –«
Doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Du willst mir
doch nicht weismachen, dass deine neue Aufgabe dich so fordert, dass du darüber
Weihnachten vergisst. Ich erwarte, dass du noch heute hier eintriffst und
deinem Anteil an den Verpflichtungen nachkommst«, hörte er sie durch das
Telefon sagen.
Dann hatte sie aufgelegt. Ohne Verabschiedung, ohne
ein Wort der Versöhnung.
Christoph starrte gedankenverloren eine Weile auf den
Telefonhörer, bis er ihn zurück auf den Apparat legte.
»Können wir weitermachen?«, fragte Große Jäger.
Christoph nickte stumm.
»Wir haben die prekäre Situation«, fasste Große Jäger
das Ergebnis zusammen, »dass wir in der Aussage des einen Polen, Schmidt, sogar
einen Entlastungszeugen für Yildiz haben. Schließlich waren es diese beiden,
die als Letzte Anne Dahl und ihre Tochter gesehen haben.«
Einen kurzen Moment herrschte Schweigen.
»Und wenn nun einer der beiden Polen oder vielleicht
sogar beide versucht haben, sich an der Frau oder dem kleinen Mädchen zu
vergehen? Vielleicht haben sie etwas mitbekommen von dem, was zwischen Yildiz
und Anne Dahl gelaufen ist. Wäre es da so abwegig, wenn sie die Idee gehabt
hätten, selbst einmal ihr Glück bei der Frau zu versuchen? Warum sollte sie
sich widerspenstig zeigen, wenn sie sich sogar einem Türken hingegeben hatte?«
Große Jäger hatte diesen Gedanken in den Raum gestellt.
»Sicherlich«, stimmte Christoph zu. »Das wäre
natürlich denkbar. Aber bevor wir uns noch einmal die beiden Polen vornehmen,
sollten wir das vorläufige Ergebnis der Spurensicherung abwarten.«
Sie wurden durch das Läuten des Telefons unterbrochen.
Kriminalrat Dr. Starke war am anderen Ende. Er rief
aus dem Auto an, deshalb hatten sie eine sehr schlechte Verbindung.
»Es wird am späten Nachmittag eine Pressekonferenz in
Husum stattfinden. Ich möchte gern, dass Sie daran teilnehmen. Geben Sie mir
bitte noch einige kurze Erläuterungen zum Sachstand«, forderte er Christoph
auf.
Christoph berichtete über den aktuellen Stand der
Ermittlungen. Danach saß er ohne rechte Konzentration an seinem Schreibtisch
und nutzte die Zeit für die Erledigung anderer Aufgaben.
Nach einer endlos erscheinenden, nervenzermürbenden
Zeit des Wartens meldete sich schließlich Jürgensen von der Spurensicherung.
»Wir haben noch keine gesicherten Befunde«, eröffnete
er seine Ausführungen. »Ich glaube aber trotzdem, dass euch auch die ersten
vagen Hinweise schon interessieren. Macht von diesen aber bitte noch
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