Tod in Garmisch
weil das
Foto so teuer gewesen war. Sie hörte den Jazz ganz gern, den Andi auf dem MP 3-Player für die Bar zusammengestellt
hatte, aber sie wusste fast nichts darüber. Kant schien sie aber beeindruckt zu
haben.
Er setzte sich auf einen der Hocker und griff nach
seinem Fernet.
»Zum Wohle«, sagte er und kippte das Glas hinunter.
»Das Beste nach einem misslungenen Tag«, sagte er und lächelte kurz. »Haben Sie
auch ein Bier für mich? Wein geht nach diesem Zeug natürlich nicht mehr.«
Sie zählte die Biere im Angebot auf, und er entschied
sich für ein Weißbier.
Der Kölner aus Suite 2 und seine »russische Ehefrau«,
wie er sie nannte, kamen herein und bestellten wie immer zwei Vodka Martini.
»Pfurztrocken«, fügte der Mann hinzu und brach in
Gelächter über seinen Witz aus, so wie er es bis jetzt an jedem der vier Abende
getan hatte, die die beiden im »Lenas« zu Gast waren.
»Ihr Name ist Meixner, habe ich das richtig
verstanden?«, fragte Kant.
»Ja«, antwortete Magdalena und beschäftigte sich mit
dem Shaker. Sie schenkte die zwei Martini ein und servierte sie.
»Geschüttelt, nicht gerührt«, sagte der Mann,
ebenfalls wie jeden Abend, und prostete seiner Frau mit einem »Cheerio, Miss
Sophie« zu, auch das wie immer.
»Sind Sie zufälligerweise verwandt mit Melchior
Meixner?«, fragte Kant.
Magdalena sah ihn überrascht an. Sein Blick war kühl
und fragend. Es stand nichts darin, was irgendwie bedrohlich gewesen wäre, aber
sie bemerkte, wie sich die Härchen auf ihren Unterarmen aufrichteten, als sei
Gefahr im Anzug.
»Das ist mein Großvater«, antwortete sie. »Kennen Sie
ihn?«
»Nicht persönlich. Ich hab nur von ihm gehört.«
»So? Was denn?«
Kant nahm einen Schluck Bier und lachte in sich
hinein.
»Er soll einen starken Charakter haben«, sagte er
dann.
»Da haben Sie recht.«
Magdalena sah ihn forschend an. Was will dieser Kerl?,
dachte sie.
Kant schenkte ihr wieder ein Lächeln. »Andere nennen
ihn stur«, sagte er.
»Und? Ist das schlimm?«
Was geht dich das an, du arroganter Preiß?, war das,
was sie eigentlich gerne gesagt hätte. Ruhig bleiben, Lenerl, sagte sie sich
stattdessen und schaltete ihr Profilächeln an.
Der Mann aus Suite 2 erzählte seiner Frau einen sehr
alten Witz und lachte sich darüber halb tot.
»Er soll ein harter Kerl gewesen sein«, sagte Kant.
»Was meinen Sie damit?« Ihr Profilächeln erlosch. Es
gibt Grenzen, dachte Magdalena.
»Nun, während der alten Geschichte mit der Familie
Schedlbauer –«
» Was geht Sie das an?«, fiel Magdalena
ihm heftig ins Wort, und das kölnisch-russische Paar drehte die Köpfe. In
freudiger Neugier starrten die beiden herüber und hofften auf einen
unterhaltsamen Streit, aber Magdalena lächelte sie in Grund und Boden, bis der
Mann anfing, seiner Frau den nächsten Witz zu erzählen, den Magdalena auch
schon kannte.
»Verzeihen Sie bitte«, sagte Magdalena leise zu Kant.
»Aber ich trenne gern Privates und Berufliches.«
» Ich muss mich entschuldigen«, sagte er. »Das
war rücksichtslos und unhöflich von mir. Darf ich Sie zu etwas einladen, als
Zeichen des guten Willens?«
Magdalena wollte schon ablehnen, doch dann sagte sie:
»Na schön. Ich hatte auch einen misslungenen Tag.«
Sie schenkte zwei Fernet-Branca ein.
»Vielleicht können wir uns ja einmal woanders
unterhalten«, sagte er. »Zum Beispiel in dem Sterne-Restaurant in
Oberammergau.«
Er nahm sein Glas und stieß es gegen ihres. »Cheerio,
Miss Sophie«, sagte er so leise, dass der Kölner es nicht hörte, und Magdalena
musste tatsächlich lachen.
Sie tranken.
»Wie wär’s mit morgen Abend?«, fragte Kant.
Magdalena begann, die Gläser zu spülen, um seinem
Blick auszuweichen. Er ist ein Gast, du blöde Kuh!, dachte sie.
»Tut mir leid. Ich muss morgen arbeiten.« Sie sah ihn
nicht an.
»Wie schade«, sagte Kant und nahm einen Schluck von
seinem Weißbier.
Sie wurde aus dem Mann nicht schlau, und sie bekam den
Verdacht, dass er nicht zufällig im »Lenas« abgestiegen war.
Was wollte er?
Zugleich musste sie sich eingestehen, dass er sie
anzog. Weit mehr, als Männer das gemeinhin taten. Oder gar Gäste.
»Ja«, sagte sie. »Wirklich schade.«
Kant stellte das Glas ab, in dem sich noch ein
erheblicher Rest befand, und stand auf.
»Ich darf mich empfehlen«, sagte er freundlich und
ging hinaus. Ihr Blick folgte ihm. Kant ging nicht auf sein Zimmer. Er verließ
das Hotel.
* * *
»Was macht dein Magen?«, fragte
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