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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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aufspringen ließ.
Sie wollte nicht verschwitzt sein. Noch nicht jedenfalls, war ein
Gedanke, den sie mit einer wütenden kleinen Geste verscheuchte. Sie eilte ins
Bad, warf sich kaltes Wasser ins Gesicht und unter die Arme, wusch sich eilig,
aber sorgfältig, rubbelte sich trocken. Sie griff nach dem Mundwasser und
gurgelte damit. Mit ihren Haaren machte sie den Knotentrick, dann rannte sie
zum Kleiderschrank und griff irgendwas, das irgendwie zusammenpasste. Dann zog
sie die Schuhe mit den höchsten Absätzen an, die sie hatte, und ging zur Tür
hinaus.
    Andi und Herr Kant waren in ein erkennbar ernsthaftes,
aber nicht humorfreies Gespräch vertieft und registrierten zunächst nicht, dass
sie die Bar betrat.
    Herr Kant bemerkte sie als Erster und sah sie mit
einem Blick an, als habe er früher mit ihr gerechnet.
    Andi lächelte sie an.
    * * *
    Schwemmer kniff immer wieder die Augen zusammen, um
den Schlaf zu vertreiben. »Wollen Sie nicht lieber einen Anwalt hinzuziehen,
Herr Allensteiner?«, fragte er.
    Allensteiner schüttelte den Kopf. »Ich bekenne mich
schuldig.«
    Schwemmer seufzte. »Herr Allensteiner, ich bitte Sie. Dies ist keine Gerichtsverhandlung. Wenn Sie mir zuerst mal erzählen, wessen Sie sich schuldig bekennen, würde uns das schon einen Schritt
weiterbringen.«
    »Ich bekenne mich schuldig des Mordes an Vinzenz
Schedlbauer.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass Vinz Schedlbauer tot
ist?«, fragte Schwemmer.
    »Ich habe ihn ermordet.« Allensteiner sah trotzig
geradeaus.
    Schwemmer rieb sich den Nacken. Jetzt hatte er einen
Ex-Fremdenlegionär, der nichts außer seinem Namen sagte, und einen
Fabrikantensohn, der ohne erkennbaren Grund einen Mord gestand.
    Und beides binnen zwölf Stunden.
    In Garmisch-Partenkirchen.
    Vielleicht hätte ich doch in Ingolstadt bleiben
sollen, dachte er, was ein schlagender Beweis seiner Müdigkeit war.
    »Na schön.« Er schaltete das Aufnahmegerät ein, das
zwischen ihnen auf dem Tisch des Vernehmungszimmers stand, und sprach die
einleitenden Formeln, wobei er sehr betonte, Herrn Allensteiner auf das Recht
auf einen Anwalt und das der Aussageverweigerung hingewiesen zu haben.
    »Dann fangen Sie mal an, Herr Allensteiner«, sagte
Schwemmer.
    »Ich habe Vinz Schedlbauer ermordet«, sagte
Allensteiner.
    Schwemmer wartete, aber Allensteiner beließ es dabei.
    »Können Sie mir vielleicht Details verraten? Wie, wo,
wann, zum Beispiel?«
    »Ich habe Vinz Schedlbauer ermordet«, antwortete
Allensteiner.
    »Das sagten Sie bereits. Ich wüsste gern etwas über
die Umstände.«
    »Ich habe Vinz Schedlbauer ermordet.«
    »Aber bei Ihrem Anruf hier haben Sie doch behauptet,
der Meixner-Bauer hätte es getan.«
    Eine kleine Verunsicherung wurde spürbar, aber
Allensteiner fing sich rasch wieder.
    »Ich habe Vinz Schedlbauer ermordet«, sagte er.
    Jetzt dürfte eigentlich nur eine Schreibtischlampe
brennen, dachte Schwemmer, und er sollte derjenige sein, der Rauch in das gelbe
Licht blies. Und einen Hut trug.
    Stattdessen saß er im bleichen Licht der Deckenlampen
und hätte sich am liebsten vor Müdigkeit die Augen gerieben – aber das ging
natürlich überhaupt nicht.
    Also drehte er sich lässig in seinem Stuhl zur
Fensterbank und nahm den obersten Aktendeckel vom Stapel aus dem
Plastikkörbchen, das er dort abgestellt hatte. Er drehte sich genauso lässig
wieder zurück, schlug den Aktendeckel auf und nahm ein Blatt heraus.
    »Und nachdem Sie behauptet haben, Melchior Meixner
hätte es getan, haben Sie noch mehrfach …«, Schwemmer fuhr mit dem Finger die
Liste aller Anrufe des überwachten SIS -Handys
hinunter, »… meiner überschlägigen Zählung nach etwa zwölfmal in der Wohnung
Ihres Opfers angerufen. Warum, wo Sie doch wussten, dass er tot ist?«
    Schwemmer lächelte, aber es war ihm klar, dass es
gequält wirkte. Es war gequält.
    Ludwig Allensteiner sah ihn jedenfalls an, als hätte
er ihn nicht richtig verstanden, und Schwemmer ahnte, dass es genau so war.
    »Also?«, fragte er. »Irgendein Kommentar?«
    »Ich habe Vinz Schedlbauer …«
    Schwemmer drückte auf die Stopptaste des
Aufnahmegerätes und griff zum Telefon.
    »Blutprobe und einlochen«, sagte er, als der
Wachtmeister die Tür öffnete. »Den Papierkram mach ich morgen. Und rufen Sie
mir bitte ein Taxi.«
    * * *
    Sie hatte sich von Herrn Kant zu einem Malt-Whisky
überreden lassen, dessen schweres Aroma zunächst half, ihre Schläfrigkeit zu
vertreiben. Sie ahnte, dass sich das bald ins Gegenteil

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