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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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verkehren würde.
    »Wie war Ihr Tag?«, fragte sie.
    »Anstrengend. Ich war lange auf der Autobahn.«
    »Wo waren Sie denn?«
    »In Frankfurt«, sagte Herr Kant und nahm einen Schluck
Whisky. »Ich habe mich mit Herrn Orlowsky getroffen.«
    »Was?« Sie sah ihn verständnislos an.
    »Es gibt eine Securityfirma in Wiesbaden, mit der ich
gelegentlich kooperiere. Man hat in unserer Branche Kontakte; zwangsläufig auch
in Bereichen, die man nicht unbedingt seriös nennt. Die Kollegen kennen Orlowsky
und haben mir den Termin vermittelt.«
    »Ja, aber … worüber haben Sie denn gesprochen?«
    »Über Ihren Bruder natürlich. Ansonsten haben Herr
Orlowsky und ich nur wenig gemeinsame Interessen.«
    »Aber wieso …?« In Magdalenas Gehirn rauschte es. Sie
griff nach ihrem Glas.
    »Ich habe Orlowsky klargemacht, dass es besser für ihn
wäre, Ihren Bruder mit Respekt zu behandeln. Das hat er mir auch zugesichert.
Ihr Bruder kann sich also wieder aus seinem Versteck herauswagen.«
    Magdalena versuchte zu erfassen, was sie gerade gehört
hatte. »Aber das Geld«, sagte sie.
    »Ja, das Geld. Orlowskys Respekt bedeutet natürlich
nicht, dass Ihr Bruder seine Schulden nicht bezahlen muss. Ich war so frei und
habe eine Umschuldung ausgehandelt.«
    »Umschuldung …?«
    »Ich denke, es sind für beide Seiten akzeptable
Bedingungen. Statt fünfzig bis Sonntag sechzig mal tausend in den nächsten fünf
Jahren. Tausend im Monat also. Ihre Familie sollte das hinkriegen.«
    »Aber Sie können doch nicht einfach … Ich meine, das
ist natürlich … Ich weiß nicht … Tausend im Monat sind … Ja, das wird gehen,
solange nichts Unvorhergesehenes … Was ist, wenn wir es nicht hinkriegen? Was wird Orlowsky dann tun?«
    »Nichts.«
    »Nichts? Er wird einfach nichts tun?«
    Kant nahm einen weiteren großen Schluck aus seinem Glas.
Er zeigte unauffällig darauf, und Andi kam mit der Flasche herbei. Er und Kant
tauschten einen Blick, der Magdalena irritierte: respektvoll, nicht bewundernd,
von Mann zu Mann. Und Kant schien das für selbstverständlich zu halten.
    »Ich sprach von einer Umschuldung«, sagte Kant. »Sie
haben keine Schulden mehr bei Orlowsky. Sie haben Schulden bei mir .«
    »Wie kommen Sie dazu, so etwas zu tun? Sie hätten mich
wenigstens fragen müssen!«
    »Da verstehen Sie etwas falsch, Frau Meixner. Ich habe
Orlowsky eine Forderung abgekauft. Es gibt niemanden, den er oder ich hätten um
Erlaubnis fragen müssen.«
    Magdalena sprang von ihrem Hocker und ging aus der
Bar. Es war zu viel. Sie machte ein paar Schritte auf den Empfangstresen zu,
ihr Refugium, ihr Reich, wo sie sich so sicher fühlte wie sonst nirgends, aber
natürlich wäre es jetzt albern, sich dahinterzusetzen. Sie blieb stehen, mitten
im Foyer, dann ging sie auf die Toiletten zu, aber sich dort zu verstecken war
noch lächerlicher. Also ging sie ein paarmal auf und ab und schließlich wieder
in die Bar.
    Andi und Kant redeten genauso ernst miteinander wie
eben. Sie griff nach ihrem Glas, trank es aus und atmete dann tief durch. Dann
knallte sie das Glas auf die Theke.
    »Gut«, sagte sie. »Was wollen Sie?«
    »Tausend Euro«, sagte Kant.
    »Nur tausend?«
    »Im Monat. Für die nächsten fünf Jahre.«
    »Also sechzig.« Eine misstrauische, steile Falte
teilte ihre Stirn.
    »Betrachten Sie die zehntausend als … Stilmittel.«
    »Stilmittel?«
    »Ich möchte Ihnen helfen. Nicht Sie beschämen. Wenn
ich das Geld auch nur leicht ergebnisorientiert anlege, verdiene ich
mehr. Mit weniger Aufwand. Und weniger Risiko.«
    »Und warum tun Sie das?«
    Kant sah sie mit seinem rätselhaften Lächeln an. »Ich
bin eben … Kantianer.«
    »Sehr witzig«, sagte Magdalena böse.
    Kants Lächeln veränderte sich nicht. »Ich meine das
ganz ernst, Frau Meixner. Für meinen Namen kann ich nicht viel. Wenn ich zum
Beispiel Kepler hieße, würden Sie auch nicht meinen Glauben daran bezweifeln,
dass die Erde sich um die Sonne dreht.«
    »Natürlich nicht«, sagte sie.
    »Ich bin wirklich ein Anhänger des kategorischen
Imperativs. Und ich kann sagen: Das ist in meinem Beruf mitunter schwierig. Und
frustrierend. Und manchmal … lappt es ins Dialektische.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das verstanden habe«, sagte
Magdalena.
    Andi stand von ihnen abgewandt und polierte Gläser,
aber sein Rücken in dem altrosafarbenen Hemd war angespannt.
    »Was ist, wenn wir nicht zahlen können?«, fragte
Magdalena.
    »Ich habe mehr Humor als Orlowsky«, antwortete Kant.
»Aber ich kann

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