Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
Windjacke und zog einen Klarsichtbeutel mit dem Kamm hervor, den er sich am Morgen aus Bente Harmsens Auto besorgt hatte.
»Was ’n das?« Johannsen legte den Kopf schräg.
»Ein Kamm. Er gehört Bente Harmsen, und ich habe gedacht, du könntest ihre DNA mal abgleichen …«
»Du spinnst.«
»Nein, tu ich nicht.« Energisches Kopfschütteln.
»Weiß Bente Harmsen, dass du …«
»Nein, weiß sie nicht.« Wieder schüttelte Petersen den Kopf und schwenkte den kleinen Beutel vor den Augen des Kollegen. »Aber vielleicht könntest du mal ganz unbürokratisch sehen, was sich machen lässt?«
»Das kannst du vergessen, denn selbst wenn es so wäre, hast du mit dem Ding keine Chance.«
»Darüber bin ich mir im Klaren. Es ist ja auch nur eine Bestätigung für uns, kein Beweismittel, das vor Gericht bestehen soll.« Petersen zwinkerte dem Kollegen zu. »Nur so, als kleiner Gefallen. Das kannst du doch sicher auf dem kleinen Dienstweg erledigen, oder?«
Johannsen griff nach dem Beutel und ließ ihn mit einem Seufzen in der Jackentasche verschwinden. »Ist gebongt«, murmelte er. »Aber häng es nicht an die große Glocke, dass ich …«
»Piet, wie lange kennen wir uns?« Petersen machte eine vorwurfsvolle Miene.
»Ich mein ja auch nur.« Piet Johannsen winkte lächelnd ab und wünschte Petersen einen schönen Feierabend, dann war er verschwunden.
Jan Petersen versenkte die Hände in den Taschen und trat vor das Polizeigebäude an der Poggenburgstraße, just in dem Moment, als der Regen einsetzte. Er zog den Reißverschluss seiner Jacke zu und schlug den Kragen hoch. Petersen blickte zum wolkenverhangenen Abendhimmel auf, zuckte die Schultern und schlenderte in aller Ruhe zur Süderstraße. Er hatte Zeit. Es wartete ja niemand auf ihn.
Vierzehn
Es war spät geworden, und beim Schreiben der Berichte, die in den letzten Tagen liegen geblieben waren, hatte er die Zeit völlig vergessen. Als er merkte, dass seine Augen brannten, erhob er sich und spürte sofort den stechenden Schmerz im Rücken. Die verdammte Bandscheibe, dachte Arne Carstensen und rieb sich mit verzerrtem Gesicht die schmerzende Stelle. Er wurde eben nicht jünger, und da half das Fluchen auch nicht. Er trat krumm wie ein alter Mann an das Fenster der kleinen Polizeiwache und blickte hinaus. Der Regen trommelte an die Fensterscheiben und ließ ihn erschaudern. Dicke, unheilvolle Wolken wurden von einem scharfen Ostwind ins Landesinnere gepeitscht. Es wurde ungemütlich auf Nordstrand, doch auch das gehörte für den diensterfahrenen Polizisten einfach dazu. Vermutlich würde es mal wieder ein ruhiger Abend werden. Nicht schlimm, dachte er, nach all der Aufregung in den letzten Tagen. Einen Toten auf Nordstrand, noch dazu ermordet, das hatte es zuletzt vor dreißig Jahren gegeben. Noch heute konnte er sich gut daran erinnern. Er war damals frisch in den Polizeidienst eingetreten und noch grün hinter den Ohren gewesen.
Die Einmannwache lag fast genau in der Mitte der Halbinsel, an der Osterkoogstraße, und eigentlich ging es hier recht beschaulich zu. Lange hatte er sowieso nicht mehr bis zur Pension, deshalb sehnte er sich inzwischen auch nicht mehr nach einem spektakulären Fall, der bundesweit durch die Medien ging. Er hatte ein Leben lang Dienst geschoben und Verbrecher gejagt, wenn es notwendig geworden war. Zu Hause wartete Kirsten, seine Frau, mit dem Essen auf ihn. Sie hatte ihm eine deftige Erbsensuppe versprochen, und Carstensen hatte Hunger.
Er zuckte zusammen, als das alte Drehscheibentelefon auf seinem Schreibtisch anschlug. Das metallische Rasseln klang wie ein alter Blechwecker, den er in seiner Jugend einmal benutzt hatte. Wahrscheinlich rief Kirsten an und wollte wissen, wo er blieb. Immerhin war er schon seit fast zwei Stunden überfällig. Aber er hatte die Zeit einfach benötigt, um die liegen gebliebenen Akten abzuarbeiten. Carstensen marschierte zu seinem Schreibtisch und hob den schweren Hörer ab.
Der Anrufer klang aufgeregt und kam gleich auf den Punkt. Normalerweise liebte Carstensen die Menschen, die nicht lange um den heißen Brei herumredeten, doch diesmal wäre er froh gewesen, wenn man ihm die Sache ein wenig vorsichtiger beigebracht hätte. Obwohl er einige Jahrzehnte im Polizeidienst hinter sich hatte, brachte ihn der Anruf aus dem Konzept. Vergessen waren Kirsten und die Erbsensuppe, auf die er sich so gefreut hatte.
»Ich bin in zehn Minuten da«, rief er ins Telefon, warf den Hörer auf die
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