Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
knallte den Hörer auf. Gleichzeitig verfluchte ich Abendroth.
Die Aussicht, erneut in die Küche zu gehen, bereitete mir ebenfalls wenig Freude.
Luna stupste mich an. Die hatte ich völlig vergessen.
Ich ergriff das Halsband, nahm sie an die Leine und verließ die Wohnung.
Ich benutzte den Waldweg bergauf. Zu beiden Seiten der Straße erstreckte sich der Teutoburger Wald. Nach fünfhundert Metern hatte ich einen Höhenweg erreicht. Leider lag er abseits des Hermannsweges, weswegen Ollies Gasthaus, das Rübezahl , von Touristen eher gemieden wurde. Leider. Wir hatten uns das anders vorgestellt, als wir das Lokal im letzten Jahr wagemutig eröffnet hatten.
Luna lief schnüffelnd voraus; sie kannte den Weg. Alle zwanzig Meter blieb sie stehen und vergewisserte sich, dass ich ihr folgte.
Ich liebe diese Strecke. Kaum ein Tourist verirrt sich hierher. Den meisten Einheimischen ist der Anstieg zu steil und zu verwuchert. Aber hat man erst die Höhe erreicht, entschädigt ein fantastischer Ausblick in die Täler und über die anderen waldreichen Hügel für den mühevollen Aufstieg.
Die Sonne schien, es waren nur wenige Wolken am Himmel. Es war nicht zu kalt, nicht zu warm, gerade das richtige Wetter für einen Morgenspaziergang.
Plötzlich glaubte ich weit voraus eine dunkle Gestalt zu erkennen. Doch im nächsten Moment war die Erscheinung wieder verschwunden.
Vielleicht war es auch nur eine Luftspiegelung gewesen. Oder ein Tier. Frühmorgens war ich in den Wäldern schon oft auf Wild gestoßen.
Dennoch spürte ich, wie ich mich verkrampfte und wie mein Schritt langsamer wurde. Mein Instinkt warnte mich. Wenn es hier oben jemand auf mich abgesehen hatte, so würde niemand es mitbekommen. Ich dachte an Sares dreihundert Hochzeitsgäste und an einen aufgebrachten Bräutigam, den man vor aller Augen lächerlich gemacht hatte. Oder an den oder die Unbekannten, dem oder denen Heuwinkel zum Opfer gefallen war. Das machte mir fast noch mehr Angst. Auch Heuwinkel war in einem Waldstück aufgefunden worden. Vor meinem geistigen Auge sah ich ihn wieder oben auf der Fichte aufgespießt.
Ich hatte keine Lust, so zu enden.
Luna war zurückgekommen. Sie leckte mir die Hand, sie verstand nicht, warum ich stehen geblieben war. Der Wind kam von hinten, also hatte sie auch nichts Verdächtiges wittern können.
Vor ein paar Tagen hatte eine besorgte Mutter mich kontaktiert. Ihre Tochter habe erzählt, dass ihr auf dem Bärenstein, ein Elf begegnet sei. Die Luft habe geflimmert, dann sei dieser Elf ihr erschienen. Er habe sie nur angelächelt, aber dabei habe sie ein solches Glücksgefühl empfunden, dass sie noch immer zittern müsse, wenn sie daran dachte. Als sich der Elf auflöste, habe sie geweint vor Freude und Trauer zugleich.
Ich hatte die Mutter mit dem schwachen Trost entlassen, dass solche Visionen manchmal einfach so kämen. Ich bin Realist. Trotzdem musste ich plötzlich daran denken. Es gab nicht wenige Leute, die an den Externsteinen und in der Umgebung esoterische Erfahrungen suchten.
Vielleicht hatte ich auch nur jemanden aus seinen Naturbetrachtungen aufgeschreckt.
Die Sonnenstrahlen kitzelten auf meiner Haut, aber die Leichtigkeit des Augenblicks war verflogen. Ich nahm Luna an die Leine und marschierte mit ihr weiter.
An der Stelle, wo ich glaubte, die schattenhafte Gestalt erblickt zu haben, blieb ich stehen. Es war niemand zu sehen. Eine schmale zertretene Spur führte in den Wald hinein, nicht breiter als ein Wildpfad. Meine Ahnung wurde zur Gewissheit. Ich hatte mich nicht getäuscht. Irgendjemand oder irgendetwas hatte sich kurz auf dem Weg gezeigt und war dann im Unterholz verschwunden.
Plötzlich schlug Luna an. Auch sie hatte nun etwas gewittert.
»Ruhig!«, befahl ich, aber sie bellte unverdrossen weiter. Ich fluchte. Am liebsten hätte ich sie irgendwo festgebunden und allein nachgeschaut, was sich dort verbarg.
Nein, am liebsten wäre ich einfach weitergegangen, hätte mich noch ein paarmal umgeschaut und mich vergewissert, dass mir niemand folgte, und hätte die Sache irgendwann vergessen.
In diesem Moment verschwand die Sonne hinter einer Wolke. Ich fröstelte. Aber nicht deswegen, sondern weil ich mehr und mehr das Gefühl hatte, dass mich jemand aus dem Dickicht heraus beobachtete.
Gleichzeitig hatte ich weiterhin alle Hände voll zu tun, um Luna zu beruhigen. Dabei erregte noch etwas anderes meine Aufmerksamkeit. Ich bückte mich und betrachtete den Abdruck des Turnschuhs, den jemand
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