Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
schlängelte sich dahin, ohne dass unser Verfolger Anstalten machte aufzuholen.
Kurz kam mir der Gedanke, dass ich mich vielleicht doch getäuscht hatte. In diesem Augenblick gab der Fahrer des BMW Gas, und der Wagen schoss heran. Eine halbe Minute später klebte er an unserer Stoßstange. Ollie fuhr weiterhin stur fünfzig Stundenkilometer.
Hinter der Windschutzscheibe des Verfolgerautos nahm ich zwei Schatten wahr. Ich konnte nur ihre Umrisse erkennen. Das hieß aber nicht, dass sich nicht noch weitere Personen im Wagen befanden.
»Gleich geht’s rechts hoch.«
Linker Hand befand sich die Cherusker Grillstube. Was für ein protziger Name für einen Imbiss!
Folgte man der Straße, ging es zu den Externsteinen.
Ollie lenkte den Wagen nach rechts. Dort schlängelte sich die Denkmalstraße bis zum Hermannsdenkmal hinauf. Auf der anderen Seite kam man dann wieder hinunter nach Detmold. Aber das hatte ich gar nicht vor. Wir ließen das Berghotel Schweizer Hof und den Vogelpark Heiligenkirchen hinter uns. Auch dort auf dem Parkplatz standen nur ein paar Busse. Ein Fahrer saß draußen auf einer Bank und döste in der Sonne. Ein anderer saß daneben und las die BILD.
Auf der letzten Steigung zum Denkmal versagte der Astra fast völlig. Er schnaufte und rasselte, und zeitweise hatte ich das Gefühl, er würde stehen bleiben. Der BMW setzte zum Überholen an.
»Lass ihn nicht vorbei!«
Ollie reagierte sofort. Er riss das Steuer nach links. Der Fahrer hinter uns trat auf die Bremse. Schlingernd kam der BMW zum Stehen, fuhr aber sofort wieder an. Eine Minute später hatten wir ihn erneut am Hinterrad.
»Pass auf, oben auf der Kuppe geht es links steil hinunter. Das ist eigentlich keine Straße, sondern ein Weg. Der Hermannsweg …«
Wir hatten die Bergkuppe erreicht. Ollie lenkte den Wagen scharf nach links. Eine hölzerne Schranke war im Weg, aber darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Der Astra durchbrach die Barriere fast mühelos. Ein paar Beulen mehr oder weniger spielten jetzt keine Rolle mehr.
Es ging steil bergab. Der Weg war gerade einmal so breit, dass ein Wagen hindurchpasste.
»Überholen zwecklos«, stellte Ollie zufrieden fest.
»Ja, aber das hilft uns auch nicht viel, wenn der Wagen stecken bleibt.«
Ollie musste das Lenkrad mit aller Kraft festhalten. Auf dem geröllartigen Untergrund schwammen die Räder wie in einem Wasserbett. Jetzt kam ihm seine Erfahrung zugute, die er mit seinem Morgan gesammelt hatte.
Der Morgan ist ein Wagen, in dem man das Gefühl hat, als säße man völlig ohne Abfederung direkt über dem Straßenbelag. Man spürte jede Unebenheit sofort – und schmerzhaft. Das Lenken war Schwerstarbeit.
Die Steine wurden aufgewirbelt und prasselten von unten gegen die Karosserie wie Maschinengewehrsalven.
Ich wagte einen erneuten Blick nach hinten. Auch der BMW hatte nun die Schranke erreicht. In der Sonne glänzte er wie ein riesiger schwarzer Käfer. Und genauso behäbig verfolgte er uns nun. Da der BMW tiefer gelegt war, kam er mit dem Boden noch intensiver in Kontakt als wir. Der Astra gewann an Vorsprung.
»Wo führt dieser Weg hin?«, fragte Ollie.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte ich.
»Du hast keine Ahnung und lässt uns hier runterdüsen?«, fragte er entsetzt.
»Irgendwo werden wir schon landen«, beruhigte ich ihn.
Mit jedem Meter wurde unser Vorsprung größer.
»Festhalten!«, schrie Ollie. Im nächsten Augenblick schrammte etwas mit einem markerschütternden Kreischen, das an eine Kreissäge erinnerte, von unten gegen unseren Wagen. Ein ohrenbetäubendes Krachen und Scheppern folgte. Im Rückspiegel sah ich unseren Auspuff davonfliegen. Jetzt röhrte der Astra wie ein Hirsch. Oder wie ein Panzer.
Ich schaute nach hinten. Der Verfolger-BMW fuhr nur noch im Schneckentempo. Hinter einer Biegung war er für kurze Zeit sogar ganz unserem Blick entzogen.
»Wer zahlt eigentlich für die Kratzer?«, erkundigte sich Ollie so ganz nebenbei.
»Na, du natürlich. Sei froh, dass ich dir geraten habe, den Morgan abzumelden. Das wäre jetzt sehr teuer geworden.«
Ollie nickte grimmig. Er musste sich wieder auf den Weg konzentrieren. Der steinige Pfad verjüngte sich derart, dass zu beiden Seiten die Äste gegen die Fensterscheiben kratzten.
Schließlich ging nichts mehr. Ein umgestürzter Baumstamm machte jede Weiterfahrt unmöglich.
»Raus!«, schrie ich und stieß die Beifahrertür auf. Ollie stellte den Motor ab und zog den Zündschlüssel heraus. Dann sprang er
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