Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
bearbeitet Urquharts Zeugen, und morgen kommen sie dich holen und mich auch. Und sie werden deine alte blinde Tante Blithildis auf den Richtplatz zerren und zwischen zwei Gäule spannen, bevor sie dich an den blauen Stein stoßen!«
Theoderich holte tief Luft.
»In Ordnung«, sagte er heiser.
»Na also.« Mathias richtete sich auf und wischte sich die Hand am Hosenbein ab.
»Mathias, wir beginnen uns zu streiten.«
»Sei nicht so zimperlich.«
»Das meine ich nicht. Unser Bund steckt in einer Krise, und ich sehe keine Besserung. Das ist gefährlich. Denk an Daniel und Kuno. Selbst Johann und du, Ihr seid nicht immer einer Meinung.«
Mathias brütete vor sich hin.
»Du hast recht«, sagte er leise. »Kurz vor dem Ziel drohen wir auseinanderzubrechen.« Er straffte sich. »Zurück zu dem Dechanten. Du hast mit Bodo gesprochen, was wird dieser Rodenkirchen seiner Meinung nach tun?«
»Er wird die Zeugen aufsuchen.«
»Mhm. Die Zeugen.«
»Uns bleibt wenig Zeit. Es ist zehn durch. Und ich weiß nicht, wo Urquhart sich gerade aufhält –«
»Aber ich. Er hat die Knechte über die Stadt verteilt. Sein Revier ist das Marktviertel. Ich werde nicht lange brauchen, ihn zu finden. Siehst du, wir stehen doch gar nicht mal so schlecht da, lieber Theoderich. Wir wissen jetzt, wo der Fuchs sich höchstwahrscheinlich versteckt hält, kennen seinen Beschützer und wissen, daß sie den Zeugen auf der Spur sind.« Mathias lächelte in sich hinein. »Daraus müßte Urquhart eigentlich was machen können.«
Badstube
»Aaaaah«, frohlockte Justinius von Singen.
Das Mädchen lachte und goß einen weiteren Schwall heißen Wassers über ihn aus. Sie war hübsch und jede Sünde wert. »Oh, Herr, ich danke dir«, flüsterte Justinius halb hingebungsvoll, halb
reuig, während seine Rechte die Brüste seiner Wohltäterin ertastete und ihren Bauch herabfuhr unter die Wasseroberfläche. Zugleich sah er in das Gesicht einer Harfenistin, einer in voller Blüte stehenden Jungfrau, die am Beckenrand saß und, an Gestalt und Zügen einer Göttin gleich, in ihr Instrument sang. Ein dünnes weißes Gewand bedeckte ihren Körper und enthüllte viel mehr, als es verbarg.
Trunken vor Glück begann Justinius, unmelodisch mitzusummen, während sein Blick auf Wanderschaft ging, weg von der schönen Harfenistin hoch zu den Galerien über den Badenden, wo Jünglinge und reife Männer, auch Greise, zusammenstanden und bisweilen Münzen und aus Blumen geflochtene Kränze herunterwarfen. Dann sprangen die Mädchen hoch und versuchten, die Gaben lachend mit ausgebreitetem Gewand aufzufangen, einander im Spiel wegstoßend, wobei ihre geheimeren Schönheiten enthüllt wurden, alles unter dem ständigen Klang der Flöten und Lauten. Die Musik, der Gesang, das Plätschern des Wassers und der Konversation vereinten sich zu einem zeitlosen Strom, in dem jedes Denken größte Torheit und jede Hingabe an die geheime Stimme der Verführung höchste Lust war.
Justinius rülpste und lehnte seinen Kopf an die Schulter des Mädchens.
Die Badstube vor Klein St. Martin war gut besucht um diese Zeit, kurz nach der zwölften Stunde. Geistliche Brüder schlichen sich im allgemeinen mehr hinein, als daß sie die Stube betraten, denn in Liebesdingen war man hier mindestens so bewandert wie in der Verabreichung von heißen und kalten Güssen, Massagen, dem Schlagen mit dem Badewedel und Abreiben mit Bürsten aus kräftigen Kardendisteln, so daß man sich hinterher fühlte, als durchlohe flüssiges Feuer die Adern. Es hatte wohl mal eine Scheidewand gegeben, ein dünnes Tuch, das den Raum in einen Trakt für die Männer und einen für die Frauen unterteilt hatte, aber davon kündeten nur noch drei eiserne Ringe in der Decke.
Jetzt waren die großen gemauerten Becken und kupfernen Wannen für alle zugänglich. Auf dem Wasser schwammen verzierte Tafeln, reich bela
den mit Weinkrügen und diversen Schmausereien. Justinius hatte ein solches direkt vor seinem Bauch, und es gefiel ihm ganz außerordentlich, denn es war ein Hühnchen darauf zu sehen, und das Hühnchen war knuspriggold gebraten.
Das Mädchen kicherte noch mehr und schob seine Hand weg.
»Ooooch«, sagte Justinius und zwinkerte Andreas zu, der auf der anderen Seite des Beckens saß und von alledem keine Notiz nahm. Justinius runzelte die Stirn. Dann spritzte er einen Schwall Wasser nach drüben. »He! Warum so trübe?« »Wie?« Andreas schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht trübe. Mir geht nur
dieser
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