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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Blick durch die Stube wandern. Wo das Fenster gewesen war, gähnte ein Loch. Der Wind pfiff erbarmungslos hinein. Noch bevor die Nachbarn herbeigelaufen kamen, war Richmodis zum Brunnen auf dem Hinterhof gestürzt und hatte die plötzlich aufflackernden Brände löschen können, aber dafür sah es jetzt aus wie nach einem Tatarenangriff. Umgestürzte Möbel, wohin man sah, überall Spuren des Feuers.
    Quer über den Boden gestreckt lag Kuno. Jacop versuchte, Trauer für ihn zu empfinden, aber es gelang ihm nicht. Alles war einfach zu viel. Nur die grenzenlose Erleichterung, Richmodis wohlauf zu sehen, verriet ihm, daß ihn die Flammen innerlich nicht völlig ausgebrannt hatten.
    Mittlerweile herrschte vor dem Haus und im Innern ziemliches Gedränge. Jeder wollte wissen, was vorgefallen war, und Jaspar wurde nicht müde, ein ums andere Mal vom Überfall des unheimlichen Mörders mit der Armbrust zu berichten, der die Stadt – wie allgemein bekannt – in den letzten Tagen ja schon mehrfach heimgesucht hatte. Und daß Kuno, der ein Freund, eigentlich eher ein flüchtiger Bekannter gewesen sei, an diesem Abend Unterschlupf vor dem Sturm bei ihnen gesucht habe, nein, er wisse nicht, wo Kuno vorher gewesen sei und habe auch nicht gefragt, und jetzt könne man ihn ja nicht mehr fragen, Gott sei seiner armen Seele gnädig.
    Jacop verstand nicht, warum Jaspar nicht einfach die ganze Wahrheit erzählte, aber für den Augenblick war es ihm gleichgültig.
    Jemand hielt ihm eine Schale mit heißer Brühe hin. Er sah verwirrt auf und blickte in das freundlich besorgte Gesicht einer älteren Frau.
    »Ihr müßt ja völlig durchgefroren sein«, sagte sie.
    Jacop starrte sie verständnislos an. Wie lange saß er eigentlich schon hier? Wieviel Zeit war vergangen, seit – »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
    »Wie?«
    »Hier ist etwas Suppe für Euch.«
    »Oh – oh ja, danke.« Er schaffte es, die Frau anzulächeln, nahm die Schale und setzte sie an die Lippen. Das Zeug war heiß und wohltuend. Er schmeckte Rindfleisch und Gemüse. Erst jetzt merkte er, wie hungrig er war. Gierig leerte er die Schale bis auf den Grund und wollte sie der Frau zurückgeben, aber sie war schon wieder verschwunden.
    »Die Schöffen kommen!« rief jemand von draußen herein. In die Menschenansammlung geriet Bewegung. Schöffen? Ach richtig, Jaspar hatte jemanden losgeschickt, die Schöffen zu wecken. Hatte er nicht sogar ausdrücklich darum gebeten, Bodo Schuif zu holen, den Bierbrauer?
    Jacop wußte es nicht mehr. In seinem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Er konnte nichts anderes denken, als daß Urquhart ihm entkommen war, daß er ihn nicht hatte ertränken können.
    Er fragte sich, wie verletzt Urquhart wirklich war. Als der Mörder ihn gepackt und gegen die Läden geschleudert hatte, hatte er instinktiv die Augen gegen die Hitze geschlossen. Alles war so rasend schnell gegangen. Vielleicht hatte Urquhart nur einen gewaltigen Schrecken davongetragen. Jacop war sich nicht einmal sicher, ob man Urquhart auf diese Weise überhaupt erschrecken konnte. Alles, was er getan hatte, selbst als ihn die Flammen einhüllten, deutete auf einen messerscharf arbeitenden Verstand hin. Jaspar und Richmodis hatte er zu Boden geschickt, Goddert den Arm gebrochen. Den einzigen, der ihm gefährlich werden konnte, als das Öl in Brand geriet, hatte er augenblicklich angegriffen und wie einen Rammbock benutzt, um sich einen Fluchtweg zu schaffen.
    Wie es schien, hatte er auch seine Armbrust retten können. Sie war nirgends zu finden.
    Er stellte die leere Schale neben sich und gesellte sich zu Jaspar und Richmodis. Im selben Moment schob sich Bodo Schuif zwischen den Umstehenden durch und warf einen Blick in die Stube. Sein Blick wanderte über Goddert und den Chirurgen, erfaßte Jaspar, Richmodis und Jacop und fiel auf Kuno.
    »Heilige Mutter Gottes«, murmelte er.
    »Wir sind überfallen –« begann Jaspar.
    Bodo machte eine Kopfbewegung in Richtung Türe.
    »Los, raus mit dir. Wir haben zu reden.«
    Jaspar sah ihn verständnislos an, zuckte die Achseln und folgte Bodo auf die Straße. Jacop zögerte einen Moment, dann ging er ihnen eilig nach.
    »– was um alles in der Welt du eigentlich angestellt hast?« sagte Bodo gerade in heftigem Tonfall zu Jaspar. Er drehte den Kopf, sah Jacop herankommen und machte eine scheuchende Handbewegung.
    »Laß ihn«, sagte Jaspar. »Er kann alles mitanhören.«
    Bodo musterte Jacop mißtrauisch.
    »Kommt«, sagte er.

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