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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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dann?«
    »Später, später.« Jaspar fühlte sich plötzlich hilflos. Er blieb stehen und sah Jacop an. »Bis hierhin habe ich nichts gesehen, wo er sich verstecken könnte. Ich meine, nichts Offensichtliches. Oder wie?«
    »Ich meine, was wir hier tun, ist albern«, sagte Jacop. »Er kann sich überall verstecken. Jedes Haus ist hoch genug.«
    »Aber zu nah.«
    »Zu nah wofür? Für einen Schuß aus der Armbrust?«
    »Schon gut, Ihr habt ja recht.« Jaspar entließ einen Stoßseufzer. »Trotzdem. Ergeben wir uns in die Gnade der Vorsehung. Wenn Gott es will, werden wir den Mörder finden.« Er senkte den Kopf und sagte demütig: »Herr, zwei Sünder sind wir und erflehen deinen Beistand. Schau gnädig auf uns herab in Ewigkeit und, wenn es dir gefällt, besonders jetzt. Ja, ganz besonders jetzt in dieser Stunde der Verzweiflung, oh Herr, allmächtiger Gott! Sei mit uns und gib uns ein Zeichen. Amen.«
    Er nickte bekräftigend und setzte sich wieder in Bewegung.
    Jacop blieb stehen. Von offensichtlicher Ehrfurcht ergriffen hob er den Blick zum Himmel. »Was ist denn?« rief Jaspar ungeduldig. Jacop zuckte zusammen. »Ich dachte nur –«
    »Vergeßt es. Steht hier nicht rum, Gott ist ein vielbeschäftigter Mann.« Die nächste Abzweigung war Unter Goldschmied. Die Straße machte ihrem Namen alle Ehre. Hier hatten die Münzer ihr Domizil, stand das Zunfthaus der Goldschmiede, gruppierten sich um St. Lorenz die alten Kurienund Rathausbauten. Östlich davon begann das Judenviertel. Sie wanderten am jüdischen Backhaus, der Synagoge und dem Spielhaus entlang, zur anderen Seite das Haus zum goldenen Horn, wo die Goldschmiede zusammenkamen, die Ratskapelle, das Haus des Kämmerers zur Buysen, alles ehrbare Adressen. Die ersten Menschen begegneten ihnen auf dem Weg zur Kirche. Niemand schenkte ihnen Beachtung, obwohl es Jaspar schien, als sei ihr ständiges Köpferecken mehr als auffällig.
    Mit jedem Schritt sank sein Mut. Urquhart konnte überall sein. Sie benahmen sich wie die Kinder. Falls sie ihn finden würden, dann hätte sich sein zweiter Besuch beim verrückten Hieronymus vielleicht gelohnt. Vielleicht – vorausgesetzt, Hieronymus hatte sich nicht einfach alles nur zusammenphantasiert.
    Aber Urquhart würde sich nicht finden lassen.
    Nach einer Weile tauchte vor ihnen wieder der erzbischöfliche Palast auf. »Wartet«, sagte Jacop. Jaspar sah sich nach ihm um und massierte seinen Nasenrücken. »Ihr meint, sie erkennen Euch wieder?«
    »Möglich.«
    »Ich denke, sie werden kaum erwarten, daß Ihr Euch hier nochmal blicken laßt. Ihr seid nur einer aus der gens cucullata, vergeßt das nicht. Der Mönch hat kein Gesicht.«
    Jacop sah ihn zweifelnd an.
    »Ihr mögt das wissen.« Er zeigte zum Palast. »Aber wissen die das auch?«
    »Wollt Ihr lieber umkehren?«
    »Nein«, sagte Jacop voller Ingrimm. Er stapfte an Jaspar vorbei und auf die Straße am Hof hinaus. Schräg gegenüber erhob sich der Baum, durch den er heruntergeprasselt war.
    »Langsam«, zischte Jaspar. Er nahm Jacop beim Arm und zog ihn am Palast vorbei in Richtung Pfaffenstraße. Sie sahen, wie sich dort vor dem Domkloster Priester, Bischöfe und Brüder verschiedenster Orden zu einem langen Zug gruppierten. Novizen liefen dazwischen herum und brachten Kreuze und Reliquien angeschleppt. Jaspar konnte kurz das obere Drittel eines hohen, breiten Baldachins ausmachen. Es stand zu erwarten, daß Konrad darunter einherreiten würde, umringt von Bewaffneten. Der Erzbischof bewegte sich ungern zu Fuß.
    Auf einmal verspürte Jaspar Unsicherheit. Der Baldachin war riesig. Er würde Konrad völlig verdecken. Wie wollte Urquhart ihn von einem erhöhten Standpunkt aus überhaupt sehen, geschweige denn treffen?
    Oder hatte Urquhart etwas völlig anderes vor?
    »Aber was?« murmelte er.
    Dann kam ihm plötzlich eine Idee, so einleuchtend, daß er alle Vorsicht fahren ließ und seinen Gang beschleunigte.
    Jacop wäre am liebsten mit großen Schritten den Prozessionsweg abgeschritten, aber Jaspar hatte recht. Solange sie in Sichtweite des Palasts waren, empfahl es sich, so unauffällig wie möglich zu bleiben. Und das Unauffälligste war nun mal ein langsam einherschreitender Mönch.
    Langsam wurde ihm heiß unter seiner Kutte. An der Witterung konnte es nicht liegen.
    Angstschweiß?
    Nimm dich zusammen, fuhr er sich an. Du hast schon ganz andere Sachen durchgestanden.
    Sein Blick fiel auf die Menschenansammlung weiter vorne. In der einsetzenden Morgendämmerung

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