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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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auf der Insel der Einsiedler einsperren? Warum wollten sie jeden |337| umbringen, der zu fliehen versuchte? Wieso wurde Äbtissin Faife ermordet? Warum hatten sie ein Handelsschiff aus Gallien zum Kentern gebracht? Fragen über Fragen – keine, die er beim bisherigen Erkenntnisstand beantworten konnte. Er wußte, was Fidelma sagen würde. Ziehe niemals Schlüsse, bevor du nicht genug weißt. Und wie hing das alles mit der Ermordung des Ehrwürdigen Cináed zusammen? Gab es da überhaupt einen Zusammenhang? Oder war es ein bloßer Zufall?
    Bei weiterem Nachdenken glaubte er, daß die junge Nonne – wie hieß sie doch? Schwester Sinnchéne – Cináed erschlagen hatte. Das wäre ein klassischer Fall von Eifersucht und Zurückweisung. Aber wie war das mit dem Ehrwürdigen Mac Faosma? Der haßte Cináed. Soviel war offensichtlich. Würde ein Gelehrter es fertigbringen, einen Kollegen zu töten? Und dann gab es da noch die heilkundige Schwester Uallann und … Uallann? Den Namen hatte er neulich von jemand gehört. Von wem bloß?
    Seine Gedanken überschlugen sich. Es gab zu viele Möglichkeiten. Fidelma hatte recht. Man kann keine Schlußfolgerungen ziehen, wenn man nicht genug weiß. Bislang rätselte er nur herum.
    Das Geschrei der Seevögel wurde lauter und ließ ihn hochblicken. Links sah er ein Vorgebirge, und sein Herz schlug schneller. Hatten sie schon das Festland erreicht? Der klagende Ruf der Möwen kam näher, mischte sich in das Krachen der Brandung. Im fahlen Licht, das sich über dem Himmel ausbreitete, sah er einen langen Streifen Sandstrand, der sich in einem Bogen südwärts erstreckte.
    Sie waren zurück in der Bréanainn-Bucht.
    Über den heiligen Bréanainn und seine wundersame, sieben Jahre währende Fahrt auf hoher See hatte er schon viel gehört. |338| Wenn der heilige Mann solche Irrfahrten überstanden hatte, war das gut und schön. Eadulf jedoch schwor sich, nie wieder an Bord eines Schiffes zu gehen, wenn es sich irgend vermeiden ließe. Er hatte nun genug Reisen zur See unternommen. Es war ungemein beruhigend, wieder das Festland zu erblicken. Seine Geister belebten sich, und er setzte sich weniger verkrampft zurecht.
    Es dauerte auch nicht lange, das
naomhóg
drehte sich und lief auf das Ufer zu. Gáeth und Gaimredán brachten es fertig, das Boot fast genau an der Stelle auf den Strand zu setzen, von der sie abgelegt hatten. Eadulf blickte zum Himmel. Abgefahren waren sie, als die Sonne im Westen unterging, und nun wurde es im Osten hell. Er war erschöpft und wunderte sich, daß Gáeth, sein Gehilfe und die Krieger, die alle die Ruder geführt hatten, sich noch auf den Beinen halten konnten.
    Der Schmied gab seinen Mannen leise Anweisungen, und die Ruderstangen wurden oben auf dem Strand in einer Baumgruppe versteckt. Dann wuchteten sich die Männer das
naomhóg
mit dem Boden nach oben auf die Schulter und schafften es so zum Loch Gile. Fidelma, Schwester Easdan und Esamuro folgten ihnen. Eadulf hatte es übernommen, Gáeths ledernen Seesack zu tragen.
    Schweigend folgte er den anderen. Auch, nachdem sie das Boot am Ufer des Sees abgesetzt hatten und zur Schmiede gegangen waren, redeten sie nicht.
    Als erstes half jeder, das Feuer in Gáeths Wohnhaus zu schüren, und dann legten sich alle ohne weitere Umstände in ihren durchnäßten Sachen um die Feuerstelle herum und waren in wenigen Augenblicken eingeschlafen.

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    |339| KAPITEL 15
    Die Mittagssonne stand schon hoch, als Eadulf erwachte. Auch die übrigen Gefährten hatten sich von der Erschöpfung nach dem nächtlichen Abenteuer erholt und wurden langsam munter. Gáeth und Gaimredán bereiteten ein Essen, das aus dem Kessel über dem Feuer verführerisch duftete. Fidelma war ebenfalls bereits auf und bei ihrer Morgenwäsche. Eadulf ging hinaus an den eisigen Bach, spritzte sich flüchtig etwas Wasser ins Gesicht und gesellte sich wieder zu den anderen.
    Der Wintertag war klar und sonnig, doch der wolkenlose Himmel verhieß erneut Kälte. Auf den Bergen lag Schnee, und in den schattigen Winkeln der Gebäude um Gáeths Schmiede hielt sich hartnäckig der Rauhreif. Die Pferde auf der Koppel hinter der Schmiede waren gut versorgt.
    Eadulf erschien die vorangegangene Nacht wie ein Alptraum. Er schwor sich zum wiederholten Mal, nie wieder in ein Boot zu steigen. Abgesehen von der morgendlichen Begrüßung, redete niemand während der Mahlzeit. Dann wurde das Feuer geschürt, und als es hell aufloderte, setzten sich alle im Kreis um

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