Tod vor der Morgenmesse
sind auf der Nordseite an die breite Bucht mit dem Hafen gelangt, der nicht weit von Ard Fhearta entfernt ist. Ich kenne die Bucht von früheren Fahrten.«
Schwester Easdan beugte sich vor und legte eine Hand auf den Arm des Seemanns aus Gallien. »Vergiß nicht, daß wir davor noch diesem übel aussehenden Krieger begegneten.«
Fidelma horchte auf. »Was für ein Krieger war das?«
»Das weiß ich nicht. Aber es war ganz deutlich, daß dieser Mann auf uns gewartet hatte. Er stand an dem großen Gedächtnisstein, auf den das Kreuz eingemeißelt ist, gar nicht weit von dem Fluß, durch den wir waten mußten.«
»Du meinst also, eure Bewacher und dieser Mensch trafen sich an einer vorher verabredeten Stelle?«
»Davon bin ich überzeugt. Er begrüßte Olcán wie einen alten Freund. Wir sollten stehenbleiben und uns eine Weile ausruhen. Ich sah, wie Olcán diesen Boten beiseite zog und ihn zu dem Mann führte, den sie ›Meister‹ nannten. Sie unterhielten sich eine Weile, und dann nahm der Meister einen kleinen Beutel aus seiner Satteltasche und übergab ihn dem Krieger. Der schien sich zu bedanken, drehte sich um, bestieg sein Pferd und ritt davon. Auf der nach Westen führenden Straße.«
»Du hast eine gute Beobachtungsgabe, Schwester Easdan«, lobte sie Eadulf. »Bist du sicher, daß er nach Westen ritt?«
|343| »Ganz sicher.«
Fidelma schürzte die Lippen und dachte einen Moment nach.
»Kannst du diesen Mann noch näher beschreiben? Du hast gesagt, er sah übel aus.«
»Ja, übel, ein besseres Wort fällt mir nicht ein. Das war ein großgewachsener, massiger Kerl. Er hatte einen Schopf roter krauser Haare und einen struppigen Bart. Und da war noch was, so was hatte ich noch nie gesehen. Es war ein … wie ein Bild, es war auf seinen Arm gemalt. Auf den rechten Arm, wenn ich mich nicht irre.«
Fidelma beugte sich rasch vor und fragte eindringlich: »Kannst du dich erinnern, was für ein Bild das war?«
»Ganz genau weiß ich es nicht. Es sah so aus, als ringelte sich etwas um ein Schwert. Irgendein Tier, denke ich.«
Fidelma richtete sich auf und schaute Eadulf an.
»Die Beschreibung paßt genau auf Slébénes
trén-fher,
seinen Leibwächter«, antwortete der auf ihre unausgesprochene Frage.
»Und der kleine Beutel, den der ›Meister‹ dem Krieger übergab … Kannst du ihn genauer beschreiben?«
Schwester Easdan dachte angestrengt nach. »Es war nur ein kleiner Beutel, doch der Inhalt schien einiges zu wiegen.«
»Also steckt Slébéne mit drin in der ganzen Sache«, schlußfolgerte Eadulf. »Da haben wir den Beweis. Wahrscheinlich wird er von diesem Mann … dem Meister bezahlt.«
»Ich denke, wir können der Feststellung zustimmen, daß Slébéne irgendwie mit alledem zu tun hat«, äußerte sich Fidelma. »Sein Leibwächter, wie immer der heißt, würde nicht auf eigene Faust handeln. Der tut nichts ohne Anweisung seines Fürsten. Im Gerichtsverfahren können wir jedoch niemand auf Grund eines solchen Beweises schuldig sprechen. Aber immerhin |344| räumt das Gesetz ein, daß hier Verdachtsgründe vorliegen.«
»Wenn Slébéne mit der Sache zu tun hat, erklärt das eine ganze Menge«, fand Eadulf.
»Das stimmt. Trotzdem, zunächst müssen wir herausfinden, worin diese Sache, wie du es nennst, eigentlich besteht. Wir müssen auf den Kern der Dinge kommen.« Sie wandte sich wieder Schwester Easdan und Esumaro zu. »Was ist danach geschehen? Ich meine, nachdem dieser Krieger weggeritten war?«
Esumaro schaute seine Begleiterin an, wollte gern selbst mit der Geschichte fortfahren. »Auch dieser Mensch, der ›Mei ster ‹ genannt wurde, verließ uns.«
»Er ritt nach Osten immer an der Küste entlang, und danach haben wir ihn nie wieder gesehen«, ergänzte die junge Ordensschwester.
»Ist er allein geritten? Hat ihn keiner der Krieger begleitet?« fragte Eadulf.
»Nein, keiner.«
»Und welche Entscheidung hat Olcán dann getroffen?« wollte Fidelma wissen.
»Er und seine Männer haben uns an einen Sandstrand getrieben. Auf der Reede lag ein großes Kriegsschiff vor Anker«, berichtete Esumaro. »Die Frauen und ich wurden zu dem Kriegsschiff hinübergerudert. Man schaffte uns zu einer Insel, die Seanach-Insel, wie ich später erfuhr. Dort wurden wir an Land gebracht. Auf der Insel lebte etwa ein Dutzend Einsiedler, doch die waren genauso Gefangene dieser Banditen wie wir.«
»Ist euch während der ganzen Zeit nie bedeutet worden, weshalb man euch gefangengenommen hat? Ist euch kein
Weitere Kostenlose Bücher