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Todesbote

Titel: Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Schoß sitzen. Ich blickte durch die Eingangshalle zum dunklen Meer hinaus. Durch den Morgennebel hindurch konnte ich Lanai erkennen, die kleine Insel, auf der Julia Winkler ihr Leben lassen musste.
    In Los Angeles war es fünf Uhr morgens, doch ich musste mit Amanda reden.
    Â»Was ist los, mein fleißiges Bienchen?«, schnurrte sie ins Telefon.
    Â»Das mit dem Fleißigsein klappt nicht so richtig, mein Butterblümchen.«
    Ich erzählte ihr von der letzten Schockmeldung und meinem Gefühl, als würden Spinnen mein Rückgrat als Startrampe benutzen. Und nein, ich hatte in den letzten drei Tagen nichts Stärkeres als Guavensaft getrunken.
    Â»Kim hätte sich mittlerweile gemeldet, wenn sie könnte«, sagte ich. »Wer, wo, warum, wann oder wie – das sind alles offene Fragen für mich, aber ich glaube, ich kenne wenigstens das Was.«
    Â»â€ºSerienmörder im Paradies.‹ Die Geschichte, auf die du gewartet hast. Vielleicht ein Buch.«
    Ich hörte ihr kaum zu. Das schwer Fassbare, das mich beunruhigte, seit ich den Fernseher zwei Stunden zuvor eingeschaltet hatte, blitzte zu einem grellroten Scheinwerfer auf. Charles Rollins – der Name des Mannes, der zuletzt mit Julia Winkler gesehen worden war.
    Ich kannte diesen Namen.
    Ich bat Amanda, eine Sekunde zu warten, zog mit zittriger Hand meinen Geldbeutel aus der Gesäßtasche und blätterte die Visitenkarten durch, die ich hinter der durchsichtigen Plastikfolie verwahrte.

    Â»Amanda.«
    Â»Ich bin hier. Du auch?«
    Â»Ein Fotograf mit Namen Charles Rollins hat mich am Tatort von Rosa Castro angesprochen. Er war vom Talk Weekly Magazine aus Loxahatchee in Florida. Die Polizei glaubt, er könnte die letzte Person sein, die Julia Winkler lebend gesehen hat. Er ist nirgends zu finden.«
    Â»Du hast mit ihm gesprochen? Würdest du ihn wiedererkennen?«
    Â»Vielleicht. Du musst mir einen Gefallen tun.«
    Â»Meinen Rechner starten?«
    Â»Bitte.«
    Ich drückte mein Telefon so fest ans Ohr, während ich wartete, dass ich die Toilettenspülung in L. A. hörte. Schließlich meldete sich die geliebte Stimme wieder.
    Sie räusperte sich. »Benjy, ich habe im Internet vierzig Seiten mit Charles Rollins gefunden, es muss zweitausend Typen mit diesem Namen geben, einhundert in Florida. Aber einen Eintrag für eine Zeitschrift mit dem Namen Talk Weekly gibt es nicht. Weder in Loxahatchee noch sonst wo.«
    Â»Verdammt und zugenäht, dann schicken wir ihm eine E-Mail.«
    Ich nannte ihr Rollins’ E-Mail-Adresse und diktierte eine Nachricht.
    Sekunden später sagte Amanda: »Kam wieder zurück. Mailer-Daemon. Unbekannte E-Mail-Adresse. Und jetzt?«
    Â»Ich rufe später wieder an. Ich muss zur Polizei.«

56
    Henri saß zwei Reihen hinter dem Cockpit eines funkelnagelneuen, fast leeren Charterjets. Durchs Fenster beobachtete er, wie das schlanke, kleine Flugzeug sanft von der Startbahn abhob und in den weiten, blauweißen Himmel über Honolulu flog.
    Er trank Champagner, war auch dem Kaviar auf Toast nicht abgeneigt, der von der Stewardess gereicht wurde, und als der Pilot seine Ansage machte, klappte er seinen Rechner auf.
    Die am Rückspiegel befestigte Minicam hatte er opfern müssen, doch bevor sie durch das einströmende Meerwasser zerstört worden war, hatte sie das Video drahtlos auf seinen Rechner übertragen.
    Henri brannte darauf, die Tageszeitungen zu lesen.
    Er steckte die Kopfhörer ins Ohr und öffnete die Datei.
    Fast entschlüpfte ihm ein lautes »Wow«. Die Bilder auf seinem Bildschirm waren hinreißend. Die Innenbeleuchtung des Wagens war eingeschaltet, Barbara und Levon auf den Rücksitzen wurden sanft beleuchtet, die Tonqualität war hervorragend.
    Weil Henri auf dem Vordersitz gesessen hatte, war er nicht im Bild – und das war gut so. Keine Maske, keine Verzerrungen, nur seine körperlose Stimme, manchmal als Marco, manchmal als Andrew, die mit den Opfern redete.
    Â»Barbara, ich habe Kim gesagt, wie schön sie ist, als ich mit ihr schlief. Ich habe ihr etwas zu trinken gegeben, damit sie den Schmerz nicht spürte. Ihre Tochter war ein liebenswerter
Mensch, wirklich. Sie brauchen nicht zu denken, dass sie irgendetwas getan hat, womit sie sich ihren Tod verdiente.«
    Â»Ich glaube nicht, dass Sie sie getötet haben«, hatte Levon widersprochen. »Sie sind verrückt. Ein krankhafter

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