Todesbraeute
sie ihn nachdenklich musterte.
»Deine Eltern waren nicht gut zu dir.«
Die Feststellung war so schlicht, dass er beinahe gelacht hätte. »Nein.«
»Deine Schwester und du ... steht ihr euch nah?«
Suze. Daniel seufzte. »Nein. Ich hätte es gern, aber es ist nicht so.«
»Es ist kein Wunder, dass sie sich zurückzieht. Ihr beide habt eure Eltern verloren. Obwohl sie schon ein paar Monate tot waren, habt ihr es ja erst vergangene Woche erfahren.«
Daniel stieß ein freudloses Lachen aus. »Unsere Eltern waren, schon lange bevor Simon sie umgebracht hat, für uns gestorben. Wir waren wohl das, was man eine dysfunktionale Familie nennt.« »Weiß Susannah von den Bildern?«
»Ja. Sie war dabei, als ich sie Ciccotelli gab.« Und Suze wusste viel über Simon, mehr, als sie ihm verraten hatte, dessen war er sich sicher. »Und?«
Er sah sie an. »Was meinst du?«
»Du sahst aus, als wolltest du noch etwas sagen.« »Nein, ich kann nicht. Selbst wenn ich es wollte.« Seine Schwester arbeitete in New York für die Staatsanwaltschaft und lebte allein mit ihrem Hund. Wieder fielen ihm die Bilder und Gretchen Frenchs gequälte Miene ein. Dieselbe Qual hatte er bei Susannah wahrgenommen, als er sie gefragt hatte, was Simon ihr angetan hatte. Sie hatte es ihm nicht sagen können, aber Daniel fürchtete, dass er es schon wusste. Er räusperte sich und konzentrierte sich auf das, was momentan wichtig war. »Ich denke, Fulmore hat deine Schwester wirklich nicht umgebracht.« Alex betrachtete ihn abschätzend, ohne überrascht zu sein. »Und was bringt dich dazu?«
»Erstens glaube ich seiner Version der Geschichte. Du hast selbst gesagt, dass er ja schon lebenslänglich sitzt, was also sollten wir ihm noch antun können? Was hätte er durch eine Lüge zu gewinnen?« »Nun, er will in Berufung gehen.«
Er hörte einen Hauch Panik in ihrer Stimme. »Alex, Schatz, ich glaube, er könnte ein Recht darauf haben. Hör mir zu und versuche einen Moment zu vergessen, dass das Opfer deine Schwester war. Er hat wiederholt gesagt, dass er ihr das Gesicht zerschlagen hat. Jetzt denk bitte als Krankenschwester, die du bist. Wenn Alicia noch gelebt hätte oder er sie gerade erst getötet hätte, bevor er so wüst auf sie eingeschlagen hat ...«
»Dann hätte es weit mehr Blut geben müssen«, murmelte sie. »Er wäre blutüberströmt gewesen.«
»Aber das war er nicht. Wanda, die Sekretärin des Sheriffs, hat gesagt, er hätte Blut auf den Hosenaufschlägen gehabt.
Alicia musste schon eine Weile tot gewesen sein, als er sie fand.«
»Aber vielleicht hat sich Wanda geirrt.« Ihre Stimme klang nun nahezu verzweifelt, und er erkannte, dass sie Fulmore unbedingt als Täter sehen wollte. Aber warum mochte es ihr so wichtig sein?
»Das werden wir wohl nie erfahren«, sagte er leise. »Alle Beweise sind vernichtet. Die Decke, Fulmores Kleidung, das Eisen ... weg. Ich muss einfach davon ausgehen, dass Wanda die Wahrheit gesagt hat, bis ich das Gegenteil beweisen kann. Und falls Wanda recht hat, war Alicia bereits tot, als Fulmore im Graben landete.« Sie befeuchtete ihre Lippen. »Er kann sie umgebracht und eine Weile gewartet haben. Aber ... das ergibt ja keinen Sinn, nicht wahr? Hätte er sie getötet, wäre er vermutlich weggerannt und nicht zurückgekommen, um auf sie einzuschlagen und anschließend gemütlich in einem Autoteilelager zu randalieren.« Sie seufzte. »Noch etwas?« »Jede Menge. Wenn ihre Arme derart schlaff und wie Gummi waren ...« Er spürte, wie sie neben ihm reglos verharrte. »Alex? Was ist?«
Sie schloss die Augen und biss die Zähne zusammen. »Ich kann mich nicht erinnern.«
»Aber es bringt die Schreie zurück, richtig?« Sie nickte, und er führte ihre Hand an die Lippen. »Verzeih mir, dass ich dich dem aussetze.«
»Da war Donner«, sagte sie unerwartet. »An dem Abend. Blitz und Donner.«
Es war wieder bell, hatte Fulmore gesagt. Gewitter. Und offenbar hatte es schon vorher eines gegeben. Er musste das überprüfen. »Es war im April«, sagte er. »Da sind Unwetter üblich.«
»Ich weiß. Am Tag war es heiß gewesen. In der Nacht war es nicht viel besser.«
Daniel warf ihr einen kurzen Blick zu, dann sah er wieder auf die Straße, wo der Verkehr nun zu stocken begann. »Aber du hast trotzdem durchgeschlafen«, sagte er leise. »Von dem Moment an, als du aus der Schule kamst, bis deine Mutter dich am nächsten Morgen weckte. Dir ging es nicht gut.«
Sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Als sie
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