Todesfahrt: Thriller (German Edition)
weniger mageren Esel.
Hans benötigte seine Hilfe, um auf das Tier zu kommen, bemerkte dann aber, dass der andere völlig ohne Gepäck erschienen war. Auch besaß er keine andere Waffe als einen langen, geraden Dolch.
»Viel nimmst du ja nicht gerade mit«, meinte er.
Der Mann zuckte mit den Achseln. »Wer nicht viel hat, kann nicht viel mitnehmen. Alles, was ich besaß, haben mir die Majerten geraubt.«
»An deinen Eseln hatten sie anscheinend kein Interesse«, sagte Hans mit einem Anflug von Misstrauen.
»Die waren gut versteckt!« Der Mann trieb die beiden Tiere lachend an. Die aber erweckten den Anschein, als würden sie lieber die dürren Halme rupfen, die gelegentlich auf der braun verbrannten Erde wuchsen.
Hans erkannte rasch, dass selbst die drei Tage, die er den Eseln für den Weg nach Laasqoray zugebilligt hatte, zu optimistisch geschätzt waren. In dem müden Trott, den die Tiere einschlugen, würden sie nicht mehr als zehn, maximal fünfzehn Kilometer am Tag bewältigen.
»Geht es nicht schneller?«, fragte er seinen Begleiter.
Der winkte lachend ab. »So Allah will, werden wir bald in Laasqoray ankommen oder eben später. Vielleicht aber auch gar nicht!«
Ein Unterton in der Stimme des Mannes ließ Hans aufhorchen. Zwar glaubte er nicht, dass dieser ihm gefährlich werden konnte, aber trotzdem beschloss er, vorsichtig zu sein.
Zunächst sah es so aus, als hätte sein Begleiter wirklich nichts anderes vor, als mit ihm zusammen nach Laasqoray zu reisen. Er erzählte unentwegt Geschichten, als wäre er froh, endlich wieder einmal Arabisch reden zu können. Dabei verfluchte er die Majerten von Puntland ebenso wie die Dulbahante im Süden und die Isaaq in Somaliland. Nachdem Hans auch noch erfahren hatte, dass die Frau seines Vetters diesen mit einem Freischärler aus Diya Baqi Majids Miliz betrogen hatte, aber von einem bestechlichen Richter freigesprochen worden war, hielt sein Reisegefährte die beiden Esel an.
»Für heute sind wir weit genug geritten und sollten jetzt für die Nacht Rast machen.«
»Aber es ist doch noch mindestens drei Stunden hell!«, beschwerte Hans sich.
Der Somali stieg ab, zerrte ihn vom Esel und band dann beiden Tieren die Vorderbeine so zusammen, dass sie zwar ein wenig hoppeln, aber nicht davonlaufen konnten.
»Jetzt können sie fressen«, erklärte er und setzte sich neben der Straße auf einen Felsen.
Hans humpelte auf seiner Krücke zu einem anderen Felsen und ließ sich dort nieder.
»Warum kommst du nicht zu mir?«, fragte der Somali. »So muss ich ja schreien, wenn ich mit dir reden will!« Er erhob sich und kam auf Hans zu. Dieser sah, wie dessen Rechte sich dem Dolchgriff näherte, und machte sich bereit.
»Sag, was hast du auf deinem Weg schon alles erbettelt? Ich habe gesehen, dass du einen vollen Beutel bei dir trägst!« Noch während er es sagte, machte er einen letzten langen Schritt und zog im gleichen Augenblick den Dolch.
Doch als er zustoßen wollte, rammte Hans ihm das obere Ende der Krücke unter das Kinn, schwang sie durch die Luft und traf den anderen genau zwischen den Beinen. Der Kerl ließ mit einem Schrei den Dolch fallen und sank stöhnend und würgend zu Boden.
Mit einem Schlag seiner Krücke beförderte Hans den Dolch aus der Reichweite des verhinderten Räubers und sah diesen dann kopfschüttelnd an. »Musste das sein?«
»Du bist ein Teufel!«, keuchte der und presste die Hände gegen den Unterleib.
»Ich würde sagen, du bist ein verdammt armer Teufel.« Hans wusste nicht, was er mit dem Kerl anfangen sollte. Im Grunde war es zu gefährlich, ihn am Leben zu lassen, doch er scheute davor zurück, ihn kaltblütig zu erschießen. Noch während er überlegte, klang aus der Richtung, aus der sie gekommen waren, das Knattern eines Zweitaktmotors auf.
Mit einer raschen Bewegung löste Hans den unteren Teil der Krücke, um sie notfalls als Gewehr einsetzen zu können. Ein Motorrad mit Beiwagen bog weiter hinten um die Kurve, kam auf ihn zu und hielt schließlich bei ihm an. Der grinsende Kerl darauf war niemand anders als Jabir.
Hans senkte erleichtert die Waffe und begrüßte den Franzosen. Dieser starrte den Besitzer der Esel an, der sich langsam wieder erholte. »Wer ist das?«
»Er hat mir angeboten, mich nach Laasqoray zu bringen, und wollte mich hier ausrauben.«
»Und Sie haben ihn am Leben gelassen?« Jabir schüttelte den Kopf, stieg von seinem Motorrad und packte den Kerl. »Los, mitkommen!«, schnauzte er ihn an und
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