Todesfahrt: Thriller (German Edition)
erst vor wenigen Stunden die Meldung erhalten hatte, dass die Minenfelder seiner Truppen nicht ausgereicht hatten, General Mahsins Männer an der Rückeroberung von Maydh zu hindern, verspürte am wenigsten Lust, sich den Radikalislamisten zu unterwerfen. »Meine Männer sind Warsangeli, und sie werden niemandem folgen, der sie in einen Kampf mit Äthiopien verwickeln will. Wir schützen unser Land, und wir wollen unsere eigene Provinz, in der weder Majerten noch Isaaq noch sonst einer uns etwas sagen will!« Den Namen Dulbahante verkniff Diya Baqi Majid sich, um Sayyida nicht zu verärgern.
Diese nahm es lächelnd zur Kenntnis. Auch sie hatte bereits von Diya Baqi Majids Rückschlag in Maydh erfahren und sagte sich, dass er ihrer Hilfe nun noch dringender bedurfte. Es gab einige Anführer unter den Warsangeli, die gerne seine Stelle einnehmen würden.
Während Frauen Tee servierten und Wasserpfeifen hereinbrachten, ging die Diskussion weiter. Einige Abgesandte erklärten, dass sie zwar zu Bündnissen bereit seien, aber zu ihren eigenen Bedingungen. Mit den Radikalislamisten wollten auch sie nichts zu tun haben.
Der Vertreter aus Galmudug, der als Habirgedir zwar ebenfalls der Stammesgruppe der Hawije angehörte wie der Degodia, brachte es schließlich auf den Punkt. »Du und deine Leute, ihr habt unseren Stamm seit Jahren bekämpft, unsere Männer getötet und unser Vieh fortgetrieben. Warum sollen wir euch jetzt vertrauen?«
Sayyida klatschte dem Sprecher insgeheim Beifall. Die Radikalen der Al-Shabaab würden ihr ärgster Gegner sein, wenn sie ihr Einflussgebiet in den Süden Somalias ausdehnen wollte. Die Islamisten hatten sich mit Terror und Gewalt ein Gebiet unterworfen, das von der kenianischen Grenze bis zum Fluss Shabeelli reichte. Doch die Al-Shabaab bestanden aus verschiedenen Gruppierungen, die sich gegenseitig nicht grün waren, und so kam es immer wieder zu Gefechten zwischen ihnen. Da sie bei ihren Aktionen keine Rücksicht auf Stammestraditionen nahmen, war Sayyida sicher, die gemäßigten Stämme und Milizen auf ihre Seite ziehen und mit ihnen gemeinsam die radikalen Islamisten vernichten zu können.
Verliere über dem zweiten Ziel nicht das erste aus den Augen, rief sie sich zur Ordnung. Zuerst ging es darum, Somaliland zu erobern und zu verhindern, dass andere Milizen ihr die Beute streitig machten. Daher beugte sie sich vor und berührte durch den Vorhang die Schulter ihres Vaters.
»Mach ihnen klar, dass der Norden uns gehört. Wer hier etwas erreichen will, kann dies nur mit unserer Zustimmung tun.«
Wafal Saifullah hob zögernd die Hand. »Ich habe euch zusammengerufen, um die Bedingungen auszuhandeln, unter denen ihr euch uns anschließen dürft.«
»Mit uns meinst du wahrscheinlich dich und deine Tochter?«, unterbrach ihn der Mann von Al-Shabaab spöttisch und erntete unwirsches Murmeln. Sogar die Vertreter anderer islamischer Milizen funkelten ihn zornig an. Keiner von ihnen wollte den Stammesältesten der Dulbahante verärgern, denn sie wussten, wie dessen Todesschwadronen im Feindesland wüteten. Nicht umsonst hatte man diesen den Beinamen »Blutsäufer« gegeben.
Der Abgesandte der radikalen Islamisten begriff, dass er auf verlorenem Posten stand. Einen offenen Zwist mit dem Gastgeber und dessen Verbündeten konnte sich seine Organisation nicht leisten, solange sie den Süden Somalias nicht vollständig kontrollierte.
»Ich entschuldige mich bei dir, Wafal Saifullah. Du bist nicht nur ein Ältester der Dulbahante, sondern auch ein berühmter Wadad und Rechtsprecher!« Es fiel dem Mann nicht leicht, diese Worte auszusprechen, denn die in uralten Stammestraditionen verhafteten Anführer wie Wafal Saifullah setzten seiner Gruppierung den heftigsten Widerstand entgegen. Außerdem hatte der Mann, wie er an Abdullah Abu Na’im ersehen konnte, Freunde und Verbündete in Saudi-Arabien, die ihn unterstützten. Ihn sich zum Feind zu machen, konnte die Al-Shabaab sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht leisten.
»Ich verzeihe dir!« Wafal Saifullah lächelte freundlich und begann wieder Kat zu kauen, während die anderen Milizchefs eifrig weiterverhandelten und nicht wenig stritten. Da es dabei aber nur um nachrangige Dinge wie die Herrschaft über einzelne Dörfer und Wasserstellen ging, brauchte Sayyida ihren Vater nicht noch einmal aufzufordern, das Wort zu ergreifen. Ihr genügte es, den Einfluss der Al-Shabaab im Norden von Somalia vorerst beschnitten zu haben. Bis die Islamisten
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