Todesfahrt: Thriller (German Edition)
verdrehte die Augen, als Fahrner mit ebenso lauter wie misstönender Stimme ein Lied anstimmte und die Soldaten an Bord seines und der anderen von Deutschen besetzten Boote darin einfielen.
»Was ist, Herr Major, wollen Sie nicht auch einstimmen?«, fragte Fahrner grinsend.
Da es auch die anderen forderten, blieb Dietrich nichts anderes übrig, als mitzusingen. Er sah dabei Jamanah an, deren Gesicht im Schein des Mondes beinahe golden leuchtete, und spürte, dass sie sich über das Verhalten der Soldaten gleichermaßen wunderte und amüsierte. Angst hatte sie nicht, und wenn doch, musste sie diese nicht durch Lautstärke übertönen.
DREIZEHN
D
ie Somalis, die Henriette, Petra und Hans den ganzen Tag über geholfen hatten, schoben die MIG-17 hinaus auf das Flugfeld und verabschiedeten sich winkend.
Henriette atmete tief durch und versuchte sich zu orientieren, wo das Haus lag, in dem sie einquartiert worden waren. Direkt daneben hatte Al Huseyin sein Büro eingerichtet, und sie wollte nicht in diese Richtung starten. Der Mann sollte bis zuletzt nicht erfahren, dass es ihr und ihren Freunden gelungen war, das alte Kampfflugzeug wieder in Gang zu setzen.
Entschlossen startete sie das Triebwerk, lenkte die Maschine noch in eine Kurve und schob dann den Gashebel nach vorne. Die MIG rollte an und wurde immer schneller. Während Henriette auf den Augenblick wartete, an dem sie die Maschine hochziehen konnte, sprang das Funkgerät an, und jemand im Tower wünschte ihr einen guten Flug.
»Danke!« Mehr wagte sie nicht zu sagen, da sie Angst hatte, Al Huseyin könne doch noch von ihrer Aktion erfahren. Der Belag der Landebahn war holprig, doch die MIG zog schnurgerade ihre Bahn. Zu ihrer Zeit war sie eines der besten Kampfflugzeuge der Welt gewesen, und sie wurde immer noch in einigen Ländern als Schulungsmaschine verwendet. Doch wohl zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt würde eine MIG-17 einen Kampfeinsatz fliegen.
Henriette spürte, wie die Maschine sich langsam vom Boden löste, und zog den Steuerknüppel auf sich zu. »Sie fliegt!«, rief sie begeistert.
Bis zuletzt hatte sie Angst gehabt, das Flugzeug nicht in die Luft zu bringen. Doch sie gewann rasch an Höhe und richtete die Maschine nach Osten aus. Vor ihr lagen etwa dreihundertsechzig Kilometer Luftlinie, und sie wollte diese Strecke in etwa einer halben Stunde zurücklegen.
Zunächst flog Henriette in sicherem Abstand zum Boden. Zwar befand sie sich noch über Somaliland und würde eher ungläubiges Staunen erregen, als beschossen zu werden, aber der Gedanke brachte sie trotzdem dazu, noch ein wenig an Höhe zu gewinnen. Die Frontlinie zwischen Somaliland und den feindlichen Milizen war hart umkämpft, und sie wollte nichts riskieren.
VIERZEHN
A
uf den Booten war es still geworden. Selbst Gebete wurden nur noch in Gedanken gesprochen. Alle fieberten dem entscheidenden Augenblick entgegen. Torsten blickte auf die Leuchtanzeige seiner Uhr und hob die Hand.
»Noch fünfzehn Minuten«, sagte er leise. Seine Angabe wurde von Boot zu Boot weitergegeben. Im Kommunikationsboot sprach der Funker in sein Gerät, um die Tonnerre und die Hubschrauber zu informieren. Obwohl diese nicht direkt in die Kämpfe eingreifen sollten, hatten sie eine Aufgabe zu erfüllen, die für den Erfolg der Aktion wichtig war.
Wagner tippte Torsten an. »Die Boote sollen sich verteilen!«
Torsten gab den Befehl weiter. Seine Anspannung stieg mit jeder Minute. Am Horizont zeichnete sich bereits die Küste ab, und er brauchte keinen Kompass mehr, um sagen zu können, wo Laasqoray lag. Noch einmal blickte er auf seinen Laptop.
Auf dem Bildschirm leuchtete ein Satz auf: »Henriette ist in der Luft!«
Er atmete tief durch und wünschte seiner Kollegin viel Glück. Wie sie etwas erreichen wollte, war ihm jedoch schleierhaft, denn jeder der zehn Tiger-Hubschrauber der französischen Marine, die sie unterstützen sollten, war besser bewaffnet als der alte Kasten, den sie flog. Er schob diesen Gedanken wieder beiseite und konzentrierte sich auf seine Aufgabe.
»Gasmasken auf!«, wies er die Männer an. Dann galt es erneut, zu warten. Doch Torsten wusste ebenso wie alle anderen an Bord der vierzehn Boote, dass sie in einen Höllenschlund hineinsteuerten.
FÜNFZEHN
D
e r Junge war eingeschlafen. Auch Sayyida kämpfte gegen die Müdigkeit und verfluchte im Stillen die Deutschen, die bereits vor zwei Stunden hätten angreifen sollen. Doch von denen war weder
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