Todesfahrt: Thriller (German Edition)
etwas zu sehen noch zu hören. Als sie ihren Laptop einschaltete und Kontakt zu ihrem Zuträger in Somaliland aufnahm, konnte der Mann ihr nicht sagen, weshalb der Angriff verschoben worden war.
»Vielleicht haben sie ihre Ausrüstung nicht schnell genug erhalten und dadurch den Angriff um einen Tag verschieben müssen. Sobald ich mehr weiß, melde ich es dir«, erklärte er nervös.
»Du solltest es jetzt wissen«, zischte Sayyida ihn an. »Erinnere dich: Du hast schon einmal versagt. Ein zweites Mal dulde ich das nicht.«
»Ich stecke nicht in den Köpfen dieser Deutschen«, antwortete der Mann verärgert. »Nach meinen Informationen wollten sie kurz nach Mitternacht vor Ort sein. Jetzt muss ich sehen, wie ich Näheres erfahre. Ich kann nicht einfach mit der Tonnerre Kontakt aufnehmen, ohne Verdacht zu erregen. Es ist Funkstille befohlen worden, und ich muss warten, bis sich dieses elende Halbblut bei mir meldet.« Al Huseyin überlegte, ob er die zurückgebliebenen Deutschen fragen sollte. Allerdings glaubte er nicht, dass die beiden Frauen und der Krüppel in die Pläne eingeweiht waren. Zudem bestand die Gefahr, dass sie sich über sein Interesse wundern und es vielleicht trotz des Funkverbots an ihre Leute und an diesen unsäglichen Omar Schmitt weitergeben würden.
Sayyida musterte den Mann und fragte sich, ob er gerade dabei war, sie zu verraten. Doch den Preis, den sie ihm geboten hatte, würde ihm in ganz Somaliland niemand zahlen. Er hätte ihr Gouverneur in der wichtigen Provinz Galbeed werden können und damit einer ihrer mächtigsten Gefolgsmänner im neuen Sultanat Somalia. Das allerdings hatte er sich bereits durch den Verlust der Lady of the Sea verscherzt. War ihm das klar, und versuchte er sich deswegen wieder seinen bisherigen Anführern anzudienen?
Das glaubte sie ausschließen zu können. Sein Hass auf den Offizier, der in einem fremden Land aufgewachsen war und den man ihm trotzdem vor die Nase gesetzt hatte, war zu groß. Mittlerweile konnte sie sich vorstellen, warum Al Huseyin nicht auf diese Stelle befördert worden war. Er konnte zwar Befehle befolgen, doch wenn er selbständig handeln musste, bekam er Probleme. Da sein Ehrgeiz seine Fähigkeiten weit überstieg, war es ihr im Handumdrehen gelungen, ihn auf ihre Seite zu ziehen. Mit einem spöttischen Lächeln dachte sie daran, dass die meisten ihrer Erfolge, die sie gegen Somaliland errungen hatte, auf seinen Informationen beruhten. So weit hatte er ihr gute Dienste geleistet. Doch das wog sein Versagen nicht auf.
»Beeile dich! Ich muss wissen, wann die Deutschen kommen«, sagte sie und lehnte sich zurück, ohne die Verbindung zu beenden.
Es war ihr, als stände sie plötzlich auf schwankendem Boden. Bis jetzt hatte sie jedes Mal, wenn es kritisch wurde, bestimmen können, wie es weiterging. Nun aber musste sie auf die Entscheidungen anderer warten, und das fiel ihr schwer.
Mit einer übertrieben energischen Geste wandte sie sich an ihre Leibwächterinnen. »Sind unsere Männer noch auf ihren Posten, Muna?«
»Das sind sie, Sultana. Aber sie fragen sich, ob sie wirklich bis zum Morgen wachen sollen. Einige von ihnen glauben nicht mehr daran, dass die Deutschen heute noch kommen.«
Bevor Sayyida etwas darauf sagen konnte, hörte sie ein leichtes Brummen in der Luft, das rasch lauter wurde. »Ist das Antwort genug?«, fragte sie bissig und stürmte an Deck.
Dort war das Brummen noch deutlicher zu hören. Alle Krieger und die meisten Frauen und Kinder starrten nach Norden. Erregte Stimmen klangen auf, und jemand rief, die Deutschen würden das Risiko scheuen, das Schiff zu stürmen, und es stattdessen aus der Luft vernichten.
Sayyida dachte an Kapitän Wang und die überlebenden Matrosen der Caroline , aber auch an die verletzten deutschen Soldaten, die ihre Männer aus dem Wasser geholt hatten. Einige von ihnen waren noch an Bord. Würde die deutsche Regierung diese Menschen opfern? Das konnte sie sich nicht vorstellen. Dennoch blieb eine gewisse Unsicherheit zurück. Immerhin hatten die Deutschen auch im Fall der Lady of the Sea anders gehandelt, als zu erwarten gewesen war.
»Nehmt eure Positionen ein!«, schrie sie die Männer an. »Schießt, sobald ihr ein Ziel seht!«
Abt al Latif tauchte neben ihr auf und rief: »Das sind Hubschrauber! Und zwar eine ganze Menge. Diesmal kommen sie nicht mit Booten, sondern aus der Luft.«
»Dann empfangt sie entsprechend! Wozu habe ich euch all diese Waffen besorgt?« Sayyida versetzte
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