Todesfee
für sie hegen als ihre Väter, weil sie bei ihrer Geburt |208| mehr gelitten haben und weil sie genau wissen, dass es wirklich ihre Kinder sind.«
Declan verzog das Gesicht.
»Augaire ist tatsächlich Berrach ähnlicher als Cúan, und das ist wohl auch der Grund, warum Cúan an seiner statt Talamnach als Kandidaten aufgestellt hat. Augaire mangelt es an Bescheidenheit, er ist jähzornig und nachtragend. Bei der kleinsten Beleidigung greift er nach dem Dolch. Er ist ein unreifer Junge, eitel und anmaßend, und verträgt nicht die geringste Kritik. Deshalb ist er als Nachfolger des Stammesfürsten der Uí Liatháin ungeeignet. Das kann ich als sein Vetter mit Fug und Recht behaupten.«
Fidelma starrte in Declans lebhaftes Gesicht, während er seine leidenschaftliche Erklärung beendete.
»Du hast also auch eine Stimme bei den
derbhfine
?«
Er zuckte die Achseln und lächelte plötzlich.
»Verzeih mir, Fidelma. Ich übertrete die Schranken meines Amtes, wenn ich meinen Vorurteilen Ausdruck verleihe. Meine Aufgabe ist es, an der Seite meines Stammesfürsten dafür zu sorgen, dass bei der Versammlung der
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, des Wahlgremiums, das den nächsten Thronfolger bestimmen soll, alles ordnungsgemäß abläuft. Rein technisch gesehen, gehöre ich den
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an, doch als Brehon werde ich mich der Stimme enthalten.«
»Wir sind nun einmal Menschen, Declan. Wir können nicht so tun, als hätten wir keine Gefühle. Wichtig ist, dass wir als Mitglieder des Anwaltsstandes unsere Gefühle unserer Aufgabe unterordnen, damit das Gesetz befolgt wird und der Wille des Gremiums deutlich wird und ausgeführt werden kann.«
Declan neigte den Kopf.
»In dieser Hinsicht brauchst du keine Angst zu haben. Aber |209| ich bin sicher, dass Augaire und seine Mutter etwas im Schilde führen. Und da ist auch noch Selbach.«
Fidelma zögerte kurz und hakte dann nach: »Wer ist Selbach?«
»Mein Onkel, Cúans jüngerer Bruder, der Cúan aber schon lange nichts als Ablehnung entgegenbringt. Er hat manche seiner Methoden derart mißbilligt, dass er vor zehn Jahren mit dem Schiff zu einer Gemeinde der Uí Liatháin aufgebrochen ist, die jenseits des Meeres im Königreich Kernow lebt, und ihr Herrscher wurde. Jetzt ist er zurückgekommen und erwartet, dass ihn seine Anhänger zum Thronfolger wählen. Er hat in der Fremde ein Vermögen gemacht und stolziert herum wie ein Gockel, in feinen Kleidern, wie sie die reichen, modebewussten Britannier tragen, mit diesen neumodischen Taschen im römischen Stil.«
Fidelma sah ihn bei seiner hitzigen Rede mit großen Augen an.
»Du sagst, er erwartet, dass seine Anhänger ihn zum Nachfolger wählen. Wie berechtigt ist diese Erwartung?«
»Einige Vetter werden ihn unterstützen. Wahrscheinlich nur eine kleine Gruppe. Doch die Mehrheit ist für Talamnach. Aber die Probleme, die in der Versammlung auftreten werden, die Probleme, die ich fürchte, sind Verschwörungen und Komplotte.«
»Und du würdest sagen, dass Talamnach als Thronfolger eine gute Wahl ist?«
»Zweifellos. Er verfügt über alle erforderlichen Voraussetzungen. Er hat sogar Recht studiert …«
»Wenn das für ihn spricht«, sagte Fidelma mit einem schelmischen Lächeln.
Declan meinte es ernst. »Er ist in allem gemäßigt. Ein guter Richter. Ein guter Verhandler, und vor allem hat er das Wohl |210| des ganzen Volkes im Auge, nicht nur das bestimmter einflussreicher Teile davon.«
»Das hört sich ja vorbildlich an«, bemerkte Fidelma trocken.
Sie waren beim großen Saal von Cúan angekommen, und die Leute, die Declan im Licht der Fackeln am Eingang erkannten, grüßten ihn und Fidelma. Sie alle waren mit dem Stammesfürsten Cúan verwandt und waren die
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. Aus ihren Reihen würden sie denjenigen wählen, der das Amt des Fürsten übernehmen sollte, wenn dieser abdankte oder im Amt starb. Stammesfürsten, Provinzkönige und sogar der Hochkönig konnten ihr Amt bis zum Lebensende ausüben; häufig dankten sie aber auch vorher ab. Manchmal, wenn ein Herrscher dem Gemeinwohl seines Volkes nur schlecht diente, traten die
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, die ihn ins Amt gewählt hatten, zusammen, erkannten ihm seinen Rang ab und bestätigten den Nachfolger als neuen Stammesfürsten, König oder Hochkönig.
Declan ließ Fidelma unter den Wahlbeobachtern Platz nehmen. Das waren Mönche, Rechtsgelehrte und Historiker, die nicht selbst
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waren, der Versammlung aber als Beobachter beiwohnten und Zeugnis ablegten, dass die Sitzung
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