Todesfeuer
Elemente in die Architektur integriert, von Salomos Tempel bis zu den Pyramiden der Maya. Das ist für Menschen etwas ganz Natürliches. Es steckt in unseren Chromosomen. Und sollen wir über die Renaissance sprechen? Würden Sie die auf drei Ebenen angelegte Kirche in Rom nicht für etwas hinreißend Synchrones und Organisches halten, trotz der unverhofften Ereignisse, die zu ihrer sequenziellen Bauweise führten?«
»Sie haben mir die Worte aus dem Mund genommen.«
»Ich will damit sagen, Lieutenant, dass alles Gute an der Architektur etwas mit Harmonie zu tun hat. All dieses Geschwätz über natürliche Materialien ist… Getue.« Er wedelte mit den feisten Händen. »Zement ist etwas Natürliches, er entsteht aus Sand. Sandstein ist etwas Natürliches. Heißt das, dass Zement und Sandstein die optimalen Materialien für jeden Zweck sind? Sollen wir für unsere Stützpfeiler in Dubai Sandstein verwenden?« Heiseres Lachen. »Jeder Architekt, der diesen Titel verdient, denkt an die Umgebung und versucht, sie in seine Planung zu integrieren.« Er beugte sich zu uns. »Wissen Sie, was >grün< geworden ist, Lieutenant?«
»Was denn, Sir?«
»Es ist ein Kult für Ignoranten. Recycelte Pappkartons zu verwenden, als wäre es Platin. Leitungen offen zu verlegen, Gras auf dem Dach anzupflanzen, rohes Holz statt eines feinen Finish zu verarbeiten - was für ein Unsinn! Verdient man durch das Wiederaufbereiten von Abwasser eine Auszeichnung in Sachen Askese? Grün ist nur ein Kult, Lieutenant. Verklemmt ironisch und ästhetisch aufgesetzt.«
»Stört Sie der Smog nicht?«
»Hässlichkeit wird den Smog nicht vertreiben«, erwiderte Kotsos. »Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Die einzig wichtige Frage ist, wer die Spiegellinse in die Hand bekommt.«
Vor lauter Leidenschaft war er näher an die Sesselkante gerückt. Ein rosiger Ton breitete sich unter der Bräune seiner Wangen aus.
»Sie haben also noch nie von Gemein, Holman und Cohen gehört«, sagte Milo.
»Nein, habe ich nicht. Wo sitzen sie?«
»In Venice.«
»Ich fahre nach Venedig, Italien. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen…«.
»Ihre Firma ist groß«, sagte Milo. »Wie viele Partner haben Sie?«
»Ich habe sie nie gezählt.«
»An der Tür sind keine Namen aufgeführt.«
»Das hier«, sagte Kotsos, »ist nicht unser Hauptsitz.«
»Was ist es dann?«
»Hier besprechen wir uns mit Kunden von der Westküste.«
»Würden ein paar Dutzend Partner weltweit in etwa hinkommen? Grob geschätzt?«
»Einigermaßen.«
»Nehmen wir einen Haufen Assistenten dazu, dann haben wir es mit einer Menge Menschen zu tun, Mr. Kotsos. Wenn sich Desmond Backer also um einen Job beworben hat, müssten Sie nicht unbedingt etwas davon wissen.«
Kotsos flocht die Finger ineinander. »Wenn er von diesem Büro eingestellt worden wäre, wüsste ich es.«
»Was wäre, wenn Sie ihn abgewiesen hätten?«
Kotsos zupfte an seinem Kaftan. »Einen Moment.«
Sechs Minuten später kam er zurück. »Wir haben keinerlei Unterlagen über einen Bewerber namens Backer vorliegen. Allerdings, und um ganz ehrlich zu sein, kann ich die Möglichkeit auch nicht ausschließen. Wir bewahren keine schriftlichen Unterlagen über Abgewiesene auf.« Ein schiefes Lächeln. »Und alles nur, um die Bäume zu schonen, damit wir sie zu Furnierholz verarbeiten können. Wenn Sie mich jetzt -«
»Gehören zu Ihren internationalen Projekten auch Aufträge in Deutschland, Mr. Kotsos?«
»Das steht alles auf unserer Website. Ich muss jetzt wirklich los. Heute Abend geht mein Flugzeug nach Athen, und ich habe noch nicht gepackt.«
»Die Akropolis wiederaufbauen?«
Kotsos lachte schallend auf. »Das wäre eine schöne Herausforderung, aber nein. Ich reise wegen Mamas Kochkünsten. Sie hat morgen Geburtstag und kann Restaurants nicht ausstehen.«
»Spanakopita, Keftedes, Skordalia?« Kotsos Lider sanken ein Stück herab. »Sind Sie ein Gourmet, Lieutenant?«
»Eher ein Gourmand.«
Kotsos betrachtete seine Wampe, dann Milos. Zwei Sumoringer, die einander gegenübertreten. »Ganz meine Meinung, Lieutenant, es geht nichts über ein gelegentliches Bacchanal. War schön, mit Ihnen zu reden.«
»Noch eine Sache.« Milo holte das Foto der Toten heraus.
Markos Kotsos kniff die Augen zusammen. Setzte einen Kneifer mit goldenem Gestell auf den Rücken seiner feisten Nase. Er runzelte die Stirn, griff in eine Hosentasche und fuchtelte mit einer streichholzbriefchengroßen Fernbedienung herum.
Auf ihr
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