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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Broemme
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zeigte ich ihm die Teile der Stadt, die er noch nicht kannte. Er lud mich endlich in sein Appartement ein und ich tat so, als sähe ich alles zum ersten Mal. Er hatte Nudeln mit Käsesoße gekocht und eine kleine Vase mit Wiesenblumen auf den Tisch gestellt.
    »Ist noch ein bisschen kahl hier«, sagte ich nach dem Essen und betrachtete die nackten Wände. Er folgte meinem Blick.
    »Ach, mir gefällt das so«, antwortete er. »Ich wüsste gar nicht so genau, was ich für Bilder aufhängen sollte. Höchstens ein Foto von dir.« Ich beugte mich vor und küsste ihn auf die Nase.
    »Das ehrt mich natürlich – aber hast du keine Lieblingsbands? Oder stehst auf, keine Ahnung, Rennautos, Kinohelden … was man sich halt so aufhängt.«
    »Ich hab halt nicht so schöne Greenpeace-Plakate wie du«, grinste er. »Ach nee, früher hatte ich mein Zimmer immer vollgehängt, vor allem mit Bands. Aber inzwischen mag ich lieber nackte Wände. So ein bisschen Zen-mäßig.«
    »Was für Bands?«
    Er stellte die Teller zusammen und ließ sie in der kleinen Spüle verschwinden. »Kennst du bestimmt nicht. So eine Mischung aus mittelalterlich und Punk. Deutsche Texte. So Richtung In Extremo oder Ingrimm, wenn du die kennst. Aber jetzt find ich das Zeug langweilig.«
    »Was hörst du jetzt?«
    »Mann, das ist ja ein echtes Verhör hier«, er lachte etwas gequält. »Ich bin offen für alles, vielleicht hast du ja Sachen, die mir gefallen könnten.«
    Ich dachte darüber nach, dass ich selbst keinen so ganz einheitlichen Musikstil hatte. Mir gefielen sowohl manche Sachen, die gerade im Radio rauf und runter liefen, aber auch ein paar alte CDs von meinem Vater, Neil Young, Eric Clapton und so. Allerdings mochte ich am allerliebsten Weltmusik, nicht diesen amerikanischen Einheitsbrei. Zur Zeit stand ich gerade auf Fatoumata Diawara aus Mali. Ihre Musik passte so schön zum Sommer.
    »Afrikanische Musik finde ich ziemlich klasse oder südamerikanische«, sagte ich. David nickte.
    »Kenn ich gar nicht«, gab er zu. Ich wühlte mein Smartphone aus der Tasche, stöpselte den Kopfhörer ein, steckte ihm den einen, mir den anderen Ohrhörer ins Ohr und dann legten die Beats von Issa Bagayogo los. Ich musste sofort dazu tanzen, was mit dem Knie noch etwas schwierig war – aber ich wackelte umso mehr mit dem Po. David sah mir interessiert zu, blieb aber ruhig stehen.
    »Komm, mach mit«, lachte ich und nahm seine Hand. Er bewegte sich unsicher auf seinem Platz, wackelte ein bisschen unrythmisch mit den Hüften, und das war’s. Also, ein sexy Tänzer war er nicht gerade.
    »Klingt schon sehr fremd«, stellte er fest. »Aber nicht schlecht.«
    »Hört man in Hamburg so was nicht?«, fragte ich und er schüttelte lachend den Kopf, zog mich an sich heran und küsste mich. Die Musik, seine Berührung und mein Körper verschmolzen zu einer wohligen Einheit.
    Gegen elf beschloss ich, mich auf den Heimweg zu machen. David sah müde aus und wirkte, als bräuchte er seine Ruhe. Außerdem hatte ich nichts zum Übernachten dabei.
    »Ich bring dich«, bot David an, aber ich lehnte ab.
    »Ich steig hier vorn in den Bus und bei mir vor der Haustür wieder aus, das passt schon.«
    Nach einem langen Abschiedskuss musste ich renn-humpeln, um den Bus noch zu bekommen. Beinahe wäre ich in ein Auto gerempelt, das gerade aus einer Parklücke herauswollte. Keuchend setzte ich mich hinter den Fahrer und träumte mich in die Nacht hinaus, die sternenklar war. In der Messestadt musste ich beim Umsteigen zehn Minuten warten. Ich drehte die Musik in meinem Smartphone laut und sang Je veux von Zaz mit, soweit es mein eher schlechtes Französisch zuließ. Drei Lieder später überlegte ich das erste Mal, warum der Bus nicht kam. Wie immer gab es natürlich weder eine Durchsage noch eine Anzeige. Wenn ich jetzt loslaufen würde, käme der Bus bestimmt genau in dem Moment, in dem ich zu weit weg war, um zur Haltestelle zurücklaufen zu können. Wenn ich aber noch ewig wartete, war das auch nervig. Sollte ich meinen Vater anrufen und bitten, dass er mich abholte? Der war sicher schon im Bett, denn er musste doch immer früh um halb sechs aufstehen. Ach, die Nacht war lau, mein Knie schon ganz passabel und der Weg nicht allzu weit. Ich setzte mich in Bewegung. Zaz sang weiter. Der Weg durch den Park und am Friedhof vorbei war der kürzeste. Wie in der Messestadt üblich war niemand mehr unterwegs, nur ein dunkler Wagen fuhr langsam die Straße entlang. Bald hatte ich den Park

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