Todesflut: Thriller
Atemzügen drehte sie Lanis Kopf wieder zurück und drückte auf die Brust des Mädchens, damit weiteres Wasser herauslief.
»Sie hat eine Menge Wasser geschluckt.«
Kai war am Ende. Er konnte nichts tun. Noch nie hatte er sich so nutzlos gefühlt. Er hielt die Hand seiner Tochter und rief sie beim Namen.
»Lani! Komm zu dir! Lani! Kannst du mich hören? Komm zu dir!«
Plötzlich sagte Teresa: »Ich kann ihren Puls nicht mehr fühlen!«
Behutsam legte sie ihren Handballen auf Lanis Brustbein und presste fest, aber vorsichtig. Nach dem dreißigsten Mal beatmete sie Lani zwei Mal.
»Komm zu dir, Lani!«, schnaufte Teresa, während sie weiter auf das Brustbein des Mädchens drückte. »Wir haben es fast geschafft.«
Kai liefen die Tränen aus den Augen, sie mischten sich mit dem Salzwasser, das ihm noch immer aus den Haaren tropfte.
»Bitte, Lani«, flehte er, »tu mir das nicht an. Verlass mich nicht.«
Als wollte sie ihm antworten, keuchte Lani leise. Ihre Augen öffneten sich. Sie hustete, erst schwach, dann heftiger. Sie drehte sich um, schnappte nach Luft. Einen schöneren Anblick konnte sich Kai nicht vorstellen, auch wenn seine Tochter von Hustenkrämpfen nur so geschüttelt wurde. Hauptsache, sie lebte.
Lani würgte Wasser hervor. Als der Anfall vorüber war, setzte Kai sie auf und packte sie an den Schultern.
»Besser?«
Sie nickte und fragte mit krächzender Stimme: »Was ist passiert?« Das Sprechen löste einen weiteren Hustenanfall aus. Kai wischte ihr den Mund mit seinem Hemdzipfel ab.
»Etwas hat deinen Schlauch durchgeschnitten. Du hast Wasser geschluckt.«
»Hat es mit der Insel geklappt?«, fragte sie leise.
»Genau wie du gedacht hast. Ich bin sehr stolz auf dich.« Kai nahm sie in die Arme und freute sich, dass ihre Haut nun wieder warm war.
»Sie wird es schaffen«, beruhigte ihn Teresa. »Die einzige Gefahr ist eine Lungenentzündung, weil sie so viel Salzwasser abbekommen hat.«
Sie wandte sich ihrer eigenen Tochter zu, die sich das rechte Bein hielt, ansonsten aber unversehrt zu sein schien.
»Dem Herrn sei Dank, dass wir dich befreien konnten«, sagte sie und umarmte Mia. »Wie geht es deinem Bein?«
»Es tut weh. Ist es gebrochen?«
»Lass mich sehen.« Teresa untersuchte sie behutsam. »Ich kann keinen Bruch erkennen. Kannst du die Zehen bewegen?«
Mia nickte. Auch ihr Knöchel war in Ordnung. Erst beim Knie zuckte sie zusammen und schrie.
»Es könnte sein, dass du dir eine Sehne gerissen hast. Auf jeden Fall brauchst du jemanden, der dir beim Gehen hilft.«
»Hör mal«, meldete sich da Brad zu Wort, »ich will ja kein Spielverderber sein, aber wir sitzen gegenwärtig im weltgrößten Jenga-Spiel. Können wir uns schleunigst vom Acker machen?«
Er hatte recht. Das Gebäude war, um es vorsichtig auszudrücken, baufällig. Es konnte jeden Augenblick einstürzen.
»Du trägst Mia«, entschied Kai und deutete auf Brad. Er schnitt den wasserdichten Beutel ab und hängte ihn sich über die Schulter. »Lani, kannst du laufen?«
»Ja, das schaffe ich.«
Kai bewunderte die Entschlossenheit seiner Tochter, ging aber nicht davon aus, dass sie lange allein durchhalten würde. Die Lunge würde ihr wehtun, und es würde schwierig sein, sich einen Weg durch die Trümmer zu bahnen, die sie im Freien erwarteten.
»Okay. Dann nichts wie los!«
Sie waren schon im Flur, als Kai hinter sich ein Quietschen hörte. Die unter dem Stahlträger festgeklemmte Rettungsinsel war langsam hervorgeglitten und hüpfte nun wie ein Ballon durchs Zimmer und durch die offene Wand über den Balkon nach unten.
Sie lachten über den komischen Anblick, hielten aber jäh inne, als sie um sich herum ein unheilvolles Knirschen vernahmen.
»Nichts wie weg! Nach unten!«, rief Kai.
Er nahm Lani bei der Hand und rannte, so schnell er konnte, die Treppe hinunter. Immer wieder glitten sie aus und hielten sich an dem Geländer fest, von dem hier und da noch Reste vorhanden waren.
Sie stolperten hintereinander her, zogen sich wieder auf die Beine, fluchten und trieben sich gegenseitig an. Als sie die dritte Etage erreicht hatten, ächzte das Gebäude immer lauter, ihnen blieben nur noch wenige Sekunden. Im ersten Stock sprangen sie durch eine Fensteröffnung und schlugen die Richtung zum Strand ein, wo weniger Trümmer den Weg behinderten.
Kai sah immer wieder über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass ihre Gruppe noch vollständig war. Er würde niemanden zurücklassen. Brad trug Mia auf dem Rücken,
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