Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesfracht

Titel: Todesfracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
Vom Netzwerk:
es ihr?«, fragte er mit einer Stimme, die nach den Strapazen und der Kälte ziemlich schwach und dünn klang.
    Max legte ihm eine beruhigende Hand auf die Schulter. »Sie ist in Julias Obhut. Wir werden es bald wissen, aber ich denke, sie wird sich schnell erholen.«
    Juan ließ sich mit einem müden und zufriedenen Lächeln gegen ein Regal sinken, in dem gewöhnlich die Tauchausrüstungen bereitlagen. Wenigstens war es ihm gelungen, eins der Piratenopfer vor dem sicheren Tod zu bewahren. Dann bemerkte er, dass mehrere Matrosen genussvoll Eiskrem aus diversen Behältern löffelten. Er wusste auch weshalb. Julia brauchte im Tiefkühlraum Platz für die Opfer, die sie nicht mehr hatten retten können.

8
    A llmählich setzte sich Tory Ballingers erwachendes Bewusstsein gegen die Schmerzwolke durch, die sie einhüllte. Zuerst hatte sie das Gefühl, jeder Zentimeter ihres Körpers schmerzte, aber dann waren es das Schienbein und der Kopf, wo sich der Schmerz zu konzentrieren schien. Der Rest litt unter einem eher dumpfen Pochen. Mühsam schlug sie die Augen auf und blinzelte mehrmals heftig, um den Schlaf aus ihnen zu vertreiben. Über ihr brannte eine Leuchtstofflampe mit gleichgültiger Intensität. Mehr Licht drang durch ein Bullauge in der Nähe. Drei Personen beugten sich über sie. Sie erkannte keinen von ihnen, wusste jedoch instinktiv, dass sie keine Bedrohung darstellten. Die Frau trug einen weißen Arztkittel, ihre dunklen Augen signalisierten Mitgefühl und Kompetenz. Einer der Männer war älter, Anfang sechzig, und hatte einen gütigen Blick. Sein Gesicht war wettergegerbt, sein kahler Schädel mit braunen Flecken übersät, als hätte er den größten Teil seiner Zeit unter freiem Himmel verbracht. Die erloschene Tabakspfeife in seinem Mundwinkel erinnerte sie an ihren Großvater Seamus.
    Es war der zweite Mann, der ihr Interesse weckte. Die Falten in seinen Augenwinkeln und um seinen ausdrucksvollen Mund herum waren nicht unbedingt eine Folge des Alters, sondern durch einschneidende Erfahrungen in seine Haut gegraben worden. Es waren die untrüglichen Kennzeichen eines Menschen, der es sich in seinem Leben nie einfach gemacht hatte und das Leben als einen tagtäglichen Kampf betrachtete. Dann bemerkte sie seine Augen, blau und unendlich tief, mit einem Anflug von Humor, und sie wusste, dass er mehr Schlachten gewonnen als verloren hatte.
    Ihr kam es so vor, als würde sie diesen Mann kennen oder als sollte sie doch wissen, wer er war. Er war kein Schauspieler.
    Vielleicht war er einer jener steinreichen Abenteurer, die mit Heißluftballons die Erde umrundeten oder Millionen dafür bezahlten, in den Weltraum geschossen zu werden. Er hatte auf jeden Fall diese Teufelskerl-Aura, eine Selbstsicherheit, die gewöhnlich aus einer Kette von Erfolgen auf allen Gebieten entstand.
    »Willkommen zu Hause«, begrüßte die Ärztin sie. Sie war Amerikanerin. »Wie fühlen Sie sich?«
    Tory versuchte zu reden, brachte aber nur ein heiseres Krächzen hervor. Der ältere Mann kam mit einer Tasse und hielt behutsam einen Strohhalm an ihre Lippen. Das Wasser benetzte ihre Zunge wie der erste Regen eine ausgedörrte Wüste. Sie saugte gierig und genoss, wie die Flüssigkeit den klebrigen Belag in ihrem Mund wegspülte.
    »Ich glaube …«, begann Tory, bekam dann jedoch einen Hustenanfall. Als er sich gelegt hatte, räusperte sie sich. »Ich glaube, ich bin okay. Mir ist nur kalt.«
    Zum ersten Mal bemerkte sie, dass sie unter einem Berg von Decken lag, von denen die unterste elektrisch beheizt wurde.
    Ihre Haut reagierte auf das Aufwärmen mit einem leichten Brennen.
    »Als Sie hierher gebracht wurden, war Ihre Körpertemperatur um zwei Grad niedriger, als gewöhnlich für ertragbar angenommen wird. Eigentlich hätten Sie längst tot sein müssen. Sie haben großes Glück gehabt.«
    Tory sah sich um.
    »Dies ist ein Schiffslazarett«, beantwortete die Ärztin ihre stumme Frage. »Mein Name ist Julia Huxley. Das sind Max Hanley und unser Kapitän, Juan Cabrillo.« Wieder hatte Tory das Gefühl, als würde sie den Mann kennen. Auch sein Name kam ihr so vertraut vor. »Es war der Kapitän, der Sie gerettet hat.«
    »Gerettet?«
    »Erinnern Sie sich, was mit Ihnen geschehen ist?«, fragte der Mann namens Hanley. Tory überlegte angestrengt. »Da war ein Überfall. Ich habe geschlafen. Ich habe Schüsse gehört. Davon wurde ich wach.
    Ich weiß noch, dass ich mich in meiner Kabine versteckt habe.
    Dann …« Sie verstummte

Weitere Kostenlose Bücher