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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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wieder durch die Massen des Feindes. Ein anderer Mann und ich stoßen mit den Köpfen zusammen; er stößt mich wütend und mit hasserfülltem Blick beiseite. Instinktiv greife ich nach dem Messer, zwinge mich jedoch, es zu lassen, und kämpfe damit gegen alles an, woran ich glaube. Der Zwang zu töten mag nachgelassen haben, aber der Wunsch ist immer noch stark. Ich komme mir vor wie ein Junkie, der jahrelang clean war und jetzt inmitten eines endlosen Vorrats seiner Lieblingsdroge steht. Wenn ich jetzt anfange zu töten, kann ich dann wieder aufhören? Wenn ich jetzt die Beherrschung verliere, kann ich die Hoffnung, Lizzie jemals zu finden, endgültig begraben, und auch wenn ich ihr nicht gegenübertreten will, habe
ich ohne Lizzie gar keine Möglichkeit herauszufinden, was aus Ellis geworden ist. Das ist meine letzte Chance.
    Mitten auf einer Kreuzung teilt sich die Menge plötzlich. Dies war eine der belebtesten Straßen der Stadt, den ganzen Tag Verkehrsstaus, und zwar jeden Tag. Ich klettere auf das Dach eines verlassenen Jeeps – ein Auto, wie ich es mir immer gewünscht habe – und sehe mich um. Ich glaube, das Prince Hotel liegt noch eine halbe Meile in der Richtung, die ich eingeschlagen habe. Scheinbar endlose Scharen von Menschen versuchen nach wie vor, dem Blutbad hinter mir zu entkommen, und bekämpfen sich gegenseitig, damit sie den Wahnsinn hinter sich lassen können. Als weitere Explosionen das Gebiet um das Rathaus und den öffentlichen Platz hinter mir erschüttern, begreife ich endlich, wie einfach und vollendet Sahotas Plan ist. Hat Julia diese letzten Explosionen verursacht, Craven oder einer der anderen? Hat sie endlich den Befehl zum Angriff gegeben? Und wenn es jetzt schon so aussieht, denke ich bei mir, wie schlimm wird es dann um sechs Uhr sein?
    Ein Hubschrauber kriecht über mir am Himmel entlang und strahlt mich kurz mit einem Scheinwerfer an, während das Wummern seiner Rotoren die Luft erfüllt. Ich springe wieder auf die Straße und laufe weiter.

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    I ch erkenne Vertrautes wieder, was mich noch ängstlicher und nervöser macht. Nicht mehr weit. Das Hotel ist fast zu sehen; jeder Schritt bringt mich näher zu Lizzie und dem Wissen, was aus meiner Tochter geworden ist. Und wenn ich zu spät komme? Wenn Ellis verschollen oder tot ist? Plötzlich scheint es mir statt meines Vorhabens die einfachere Option zu sein, zum Rathaus zurückzukehren und mit den anderen zu kämpfen.
    Ich nehme eine Abkürzung durch einen unheimlich verlassenen Supermarkt, gehe zur Laderampe rein und durch ein zertrümmertes Schaufenster wieder hinaus. Ehe ich den Markt verlasse, verweile ich kurz und begutachte das Chaos rings um mich herum. Die Unveränderten verhalten sich plötzlich vollkommen anders. Kurze Zeit nach den Explosionen beim Rathaus wollen die meisten auf einmal nicht mehr allein und für sich bleiben. Zwar halten sich manche noch im Schutz der Schatten verborgen und geben sich größte Mühe, nicht gesehen zu werden, doch die Mehrzahl hat sich der wachsenden Völkerwanderung aus dem Stadtzentrum angeschlossen. Sie bewegen sich jetzt praktisch wie eine einzige, gewaltige Masse, jeder folgt der Person vor ihm, keiner wählt seinen Fluchtweg bewusst. Der plötzliche Wunsch nach Nähe und Zusammengehörigkeit zeigt einmal mehr, wie schwach und verwundbar die Unveränderten doch sind.

    Ich laufe durch eine schmale, schattige Straße, bleibe stehen, als ich die Arley Road erreiche, blicke in beide Richtungen und bemühe mich, etwas hinter den Menschenmassen zu erkennen, die jetzt auf dieser Hauptverkehrsader aus dem Zentrum flüchten. Und dann sehe ich es. Das Prince Hotel liegt fünfzig Meter entfernt an der Straße. Das ehedem imposante Gebäude sieht noch weitgehend so aus, wie ich es in Erinnerung habe; im trüben Licht der Morgendämmerung kann man gerade noch die Fassade erkennen. Es hat endlich aufgehört zu regnen, die feuchte Luft riecht frisch und rein, Schmutz und Fäulnis sind vorübergehend weggespült.
    Was zum Teufel mache ich hier? Plötzlich fühle ich mich schuldig und schwach. Ich sollte beim Rathaus sein und mit den anderen kämpfen – warum treibe ich mich also allein hier herum? Die Logik sagt, dass Lizzie nach drei Monaten unvorhersehbarer Gewalt überall sein könnte. Herrgott, vermutlich ist sie tot. Craven hat mir gesagt, dass das Computersystem der Unveränderten unzuverlässig und leicht zu manipulieren ist, warum also habe ich mich so sehr darauf verlassen, was mir der

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