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Todeshunger

Todeshunger

Titel: Todeshunger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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unerträglicher machte.
    Jeder verfügbare Quadratzentimeter Wohnraum wurde für die Obdachlosen nutzbar gemacht, doch am Ende überstieg die Nachfrage das Angebot unweigerlich um ein Vielfaches. Als Folge mussten Menschen in großer Zahl im Freien hausen. Manche konnte man in Zelten, Wohnwagen oder Containern unterbringen, doch die meisten mussten sich mit provisorischen Unterkünften begnügen, die sie aus allen Materialien zusammenschusterten, die sie finden konnten. Über dreißig Prozent der Gesamtbevölkerung in den Flüchtlingslagern mussten gezwungenermaßen im Freien leben – Hunderttausende erschöpfte, anfällige, unterernährte Menschen waren der Gnade der Elemente ausgeliefert.
     
    »Abdichten!«, rief Mark, als Regenwasser durch das zerbrochene Fenster im obersten Stock des Hotels hereinlief. In dem Zimmer herrschte Dunkelheit, fast völlige Finsternis, obwohl es um diese Tageszeit am Vormittag eigentlich hell sein sollte. Der stürmische Dämmerungshimmel über der Stadt war wolkenverhangen. Der Regen prasselte seit nunmehr fünfzehn Minuten wie Gewehrfeuer herunter und ließ nicht nach. Regenrinnen und Abflussrohre des verwahrlosten alten Gebäudes konnten die Wassermassen nicht fassen. Ein verstopftes Stück der Dachrinne lief über, das Wasser strömte hinter den verrotteten Fenstersturz und dann zum Rahmen
herein. Durch eine zerbrochene Glasscheibe drang weiterer Regen ins Zimmer.
    »Womit abdichten?«, brüllte Kate, die das Wasser mit einem Eimer und Tassen auffing.
    »Ich weiß nicht. Bleib da, ich geh etwas suchen.«
    »Geh nicht raus«, flehte sie ihn an und versuchte sich mit ihrem hochschwangeren Bauch umzudrehen und ihn aufzuhalten. »Bitte, Mark.«
    »Nur bis zum Ende des Treppenabsatzes, okay?«
    Er ließ ihr keine Zeit zu antworten. Er bewegte sich um das Doppelbett herum, auf dem Katies traumatisierte, alte Eltern frierend und nass lagen, und lief an der permanent verschlossenen Badezimmertür vorbei. Als er die Eingangstür geöffnet und die Sicherungskette entfernt hatte, streckte er den Kopf hinaus. Nur eine Handvoll Leute hielt sich im Treppenhaus auf – eine vom Regen durchnässte Frau aus dem Zimmer nebenan (die offenbar dieselben Probleme hatte wie er) und der Chinese, der mit seinen drei Kindern in dem kaputten Fahrstuhl schlief. Mark sah in beide Richtungen und entdeckte eine Holzklappe an der Wand gegenüber, zwischen zwei Türen. Der Feuerwehrschlauch, der sich hinter der kleinen, quadratischen Luke befunden hatte, war nicht mehr da. Er zog am Riegel, dann drückte er von oben dagegen und spürte, wie die Scharniere nachgaben. Nach einigen Sekunden brutalen Schüttelns hatte er sie mit einem lauten Krachen herausgerissen. Er lief damit zum Zimmer 33 zurück und hielt nur noch einmal kurz an, um den letzten verbliebenen Vorhang von dem großen Panoramafenster herunterzureißen. Verdammt, da unten sah es schlimm aus. Menschenmassen drängten sich an das Gebäude und suchten nach jedwedem Schutz, den sie finden konnten, nachdem sie am frühen Morgen ohne Vorwarnung von einer Sturzflut eiskalten Regens
geweckt worden waren. Die Arley Road selbst, eine breite, relativ gerade und nur sanft geneigte Straße, glich eher einem Fluss. Ein reißender Strom von Regenwasser, der Abfälle mit sich riss, floss Richtung Stadtmitte.
    Im Hotelzimmer warf Mark Kate den Vorhang zu, die das Wasser aufwischte, das an dem Glas hinablief, vom Fenstersims tropfte und den Teppichboden durchnässte.
    »Wer ist das?«, schrie Kates gebrechlicher, verwirrter Vater voller Panik und hob zum ersten Mal seit Stunden den Kopf vom Kissen. »Ist das einer von denen?«
    Neben ihm lag Kates Mutter auf der Seite, schluchzte und hatte die schmutzige Bettdecke bis unters Kinn gezogen.
    »Das ist nur Mark, Dad«, rief Kate zurück.
    »Ich bin es, Joe«, sagte Mark und beugte sich über den alten Mann, damit er sein Gesicht sehen konnte. Die Brille hatte er schon vor Wochen verloren. Mark wusste nicht, ob er ihn erkannte.
    »Heb das Wasser auf«, sagte er zu Kate.
    »Was?«
    »Das Regenwasser … heb es auf!«
    »Wo?«
    »Im Bad.«
    Als das Wasser, das ins Zimmer floss, vorübergehend gestoppt war, trug Kate den halbvollen Eimer durchs Zimmer und klopfte an die Badezimmertür.
    »Lassen Sie mich rein.«
    Nach einer kurzen Pause klickte der Riegel, und die Tür ging auf. Eine Flüchtlingsfrau, die abgemagert aussah, blickte heraus.
    »Alles okay?«, fragte sie.
    Kate nickte. »Mark hat gesagt, wie sollten versuchen,

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