Todeskleid: Thriller (German Edition)
möchte wirklich das Richtige tun, aber ich weiß nicht, wem ich trauen kann. Wenn ich mich an die falsche Person wende, ende ich womöglich so wie Elena.«
»War Detective Perkins an den Ermittlungen damals beteiligt?«
»Sein Name taucht nicht in den Protokollen auf, aber das heißt nichts. Wer weiß, wen er kennt? Wem gegenüber er loyal ist? Du lebst seit Jahren in dieser Stadt. Welchen Cops vertraust du? Ich meine, wem von ihnen würdest du dein Leben anvertrauen? Denn hier könnte es durchaus um mein Leben gehen.«
Er schwieg einen Moment, was ihr mehr als genug sagte. »Ich lebe noch nicht lange in Baltimore. Ich kenne einige Beamte, denen ich mein Leben anvertrauen würde, aber nicht in dieser Stadt. Hier fällt mir nur eine Person ein, aber auch da bin ich mir nicht ganz sicher.«
»Dann sollten wir lieber nichts sagen.« Paige nahm das alte Laptop vom Netz und verstaute es im Safe, der im Geschirrschrank verborgen war. Im Geist hörte sie wieder Elenas Stimme. Cops. Jagen mich. Mit einem Seufzen stopfte sie auch die Plastiktüte hinein.
Sie hatte gerade den Safe geschlossen, als auch schon ein scharfes Klopfen an der Tür ertönte. Peabody kam auf die Pfoten und stieß ein tiefes Knurren aus. Paige und Clay sahen einander an. »Wer ist da?«, rief sie.
»Baltimore Police Department.« Eine Frauenstimme. »Wir möchten gerne mit Ihnen reden.«
Mit Peabody an der Seite ging Paige zur Tür und öffnete sie einen Spalt, ohne die Kette abzunehmen. Draußen standen ein Mann und eine Frau, beide im Zweiteiler.
»Ja?«
»Ich bin Detective Morton, das ist mein Partner Detective Bashears. Wir möchten Ihnen noch ein paar Fragen zu den Ereignissen heute Morgen stellen.«
Morton? Hieß so nicht die Beamtin, die bei Ramons Verhaftung dabei gewesen war? Verfluchter Mist.
Es kostete Paige einige Mühe, sich nichts anmerken zu lassen, und sie konnte nur hoffen, dass es ihr tatsächlich gelang. Es gab nicht allzu viele Polizisten bei der Mordkommission von Baltimore, aber irgendwie mochte sie nicht so recht an einen Zufall glauben. »Ich habe Ihrem Kollegen schon alles gesagt, was ich weiß.«
Morton versuchte ein Lächeln. »Der Fall ist mir und meinem Partner übertragen worden.«
Zutiefst erschöpft lehnte sich Paige gegen den Türrahmen. »Na schön.« Sie schloss die Tür, um die Kette abzunehmen, und drehte sich zu Clay um, der genauso unglücklich aussah, wie sie sich fühlte. »Was jetzt?«, flüsterte sie tonlos.
Er deutete auf sich, dann auf ihr Schlafzimmer. »Sag ihnen bloß nichts«, wisperte er, dann verschwand er rasch lautlos nach nebenan.
Dienstag, 5. April, 7.45 Uhr
»Grayson. Anderson sucht dich.« Die stellvertretende Staatsanwältin Daphne Montgomery hielt einen Zettel hoch, auf den ihr Chef etwas gekritzelt hatte, als Staatsanwalt Grayson Smith an ihrem Platz vorbeikam. »Er ist knurrig. Du solltest ihn anrufen, bevor er einen Herzanfall kriegt.«
Ihr Chef war immer knurrig, dachte Grayson. Im Übrigen wusste er genau, was Anderson wollte, und er dachte nicht daran, es ihm zu geben. Der Mann konnte warten.
Er stopfte den Zettel in seine Tasche und beäugte den Teller mit Muffins auf Daphnes Tisch. »Wieso bist du überhaupt schon hier? Ich habe eine Ewigkeit gebraucht, um durch die Absperrungen zu kommen.«
Die Nachricht vom Scharfschützen hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Leute hatten verständlicherweise Angst, trotz einer weiteren Reportage von Phin Radcliffe, der – wie Grayson zähneknirschend zugeben musste – mit der Situation als Ganzes recht vernünftig umging. Radcliffe hatte, ohne Namen zu nennen, die Beziehung der toten Frau zu einem verurteilten Mörder aufgedeckt und verdeutlicht, dass sie kaum einem willkürlich schießenden Täter zum Opfer gefallen sein konnte, da der Wagen bereits zuvor beschossen worden war.
Dennoch waren die Menschen hochgradig nervös. Und das bin ich auch. Elena Muñoz’ Gesicht verfolgte ihn. Er brauchte Informationen, und zwar sofort.
»Ich war schon um sechs hier«, teilte Daphne ihm mit. »Ich habe auf einen Anruf von Ford gewartet.«
Grayson hatte sich bereits seinem Büro zugewandt, hielt aber inne, als er die Sorge in ihrer Stimme hörte. Daphnes Sohn Ford verbrachte seine Semesterferien in Italien. »Ist alles in Ordnung mit ihm?«
Sie nickte, und Grayson entspannte sich. »Er und seine Kumpels feiern rund um die Uhr.«
»Gut. Ich dachte schon, etwas würde nicht stimmen. Du klangst gerade so.«
Sie zögerte.
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