Todesküste
von zweien gesprochen.«
In diesem Punkt hatte Fritzmeier recht, dachte Lüder.
Die US -Army wird kaum ihre eigenen
Soldaten ermorden und dann einen Major vom Geheimdienst mit der Aufklärung
beauftragen. Denn davon war Lüder inzwischen überzeugt, dass Hunter – nomen est
omen – hinter denselben Tätern her war wie Lüder. Unter diesen Umständen war es
besonders wichtig, schneller als der Army-Geheimdienst zu sein, auch wenn
Hunter sich unkonventionellerer Methoden bedienen konnte als die
schleswig-holsteinische Landespolizei. Und dann hieße es auch … War der
ermordete Asiate vielleicht auch Amerikaner? Aber was hatte Steffen Meiners aus
Heide mit alldem zu tun?
»Puh«, entfuhr es Lüder bei diesen Gedanken.
»Wie bitte?«, fragte Fritzmeier.
Lüder wollte dem BND -Mann
keine Erklärung abgeben, schon gar nicht seine Gedanken erläutern.
Und da er schwieg, räusperte sich Fritzmeier und fuhr
fort. »Die Amerikaner sind sehr sensibel geworden, was die Sicherheit ihrer
Bürger und Einrichtungen betrifft. Denken Sie an die Geiselnahme von Teheran,
das Attentat von Nairobi und viele andere. Über allem steht natürlich das
Trauma des 11. September. Und auch die Verbündeten der USA sind in die Zieloptik geraten. Die Attentate von London,
Madrid und die blutigen Auseinandersetzungen im Irak und in Afghanistan.
Inzwischen ist auch die Bundesrepublik im Visier der Terroristen. Der Blutzoll,
den die Bundeswehr zu entrichten hat, verunsichert große Teile der Bevölkerung.
Und um die Unruhe nicht weiter zu schüren, ist es Berlin sehr daran gelegen,
dass bestimmte Aktionen nicht zu sehr ans Licht der Öffentlichkeit getragen
werden. Sie können sich vorstellen, dass die Regierungsspitze nicht begeistert
war von den Äußerungen des Innenministers, dass wir innerhalb unserer Grenzen
in zunehmendem Maße mit Terrorakten zu rechnen haben.«
Fritzmeier legte seine Hände an den Fingerspitzen zu
einem Dach zusammen. »Eine verantwortungsbewusste Politik wartet aber nicht,
bis die Katastrophe eingetreten ist, sondern versucht dem vorzubeugen.
Natürlich muss das im Verborgenen bleiben. Es wäre sonst ein gefundenes Fressen
für bestimmte Presseorgane, denen mehr an reißerischen Aufmachern als an
seriösem Journalismus gelegen ist. Um es kurz zu machen: Unsere amerikanischen
Freunde fürchten, dass Deutschland ein Rückzugsgebiet für künftige Attentäter
ist, nachdem die Mörder vom 11. September sich ja auch in Hamburg vorbereitet
haben. Überhaupt scheint das ruhige Norddeutschland nicht nur bei Touristen
beliebt zu sein.«
Er zeigte auf Lüder, als wäre der dafür
verantwortlich. »Die Kofferbomber, die Nahverkehrszüge in die Luft jagen
wollten, kamen schließlich auch aus Kiel. Ich lehne mich jetzt einmal ganz weit
aus dem Fenster, obwohl Sie diese Information nicht von mir haben, aber sehen
Sie sich einmal unter den Mitgliedern des Kulturvereins um, der im Norderstedter
Gewerbegebiet sein Domizil hat.«
Fritzmeier schwieg einen Moment bedeutungsvoll. »Sie
dürfen sich in keinem Fall auf mich berufen. Ich habe es Ihnen nur anvertraut,
weil ich in unserem Gespräch zwischen den Zeilen herausgehört habe, dass Sie
schon auf dem richtigen Weg sind. Und als Beamter dieses Landes fühle ich mich
dem Recht und der Gerechtigkeit verpflichtet. Das heißt, ich stehe dafür, dass
Mörder unabhängig vom politischen Kalkül zur Rechenschaft gezogen werden.«
»Ich danke Ihnen für diese Informationen«, sagte
Lüder.
Fritzmeier erhob sich. »Es sei Ihnen versichert, dass
die Nachrichtendienste, für die ich hier spreche, am gleichen Strang wie Sie
ziehen, wenn unser Blickwinkel vielleicht auch partiell ein anderer ist. Es
wäre schön, wenn wir uns sporadisch austauschen würden.« Der BND -Mann fasste sich mit der Spitze
seines Zeigefingers an die Nasenspitze. »Ich möchte nicht indiskret sein, aber
vorhin war ich unfreiwilliger Zeuge eines Anrufs, der Sie sehr aus der Fassung
gebracht hat. War es etwas Unangenehmes, das mit diesem Fall zusammenhängt?
Wenn Sie mir Ihr Vertrauen schenken möchten … Manchmal verfügen wir über
Möglichkeiten, die Ihnen verschlossen sind.«
Das mag richtig sein, überlegte Lüder und spielte
einen Augenblick mit dem Gedanken, Fritzmeier von der miesen
Einschüchterungskampagne zu erzählen, der er ausgesetzt war. Doch dann schob er
diese Idee beiseite.
»Danke, aber wir bearbeiten nicht nur einen Fall. Und
manchmal überschneiden sich die Dinge.«
Fritzmeier verabschiedete
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