Todesreim : Hachenberg und Reiser ermitteln (German Edition)
Panik schloss Viktoria ihre Augen. Sie betete. Lieber Gott, bitte, bitte, lass mich nicht sterben.
„Macht den Scheiß-Weg frei, sonst knalle ich sie ab!“, schrie er den zwei Polizisten zu, die dafür Sorge tragen mussten, die Presse auf Abstand zu halten. Viktoria wimmerte leise. Sie wusste nicht, ob die Polizisten ihn gehört hatten, aber aus den Augenwinkeln heraus erkannte sie mit Erleichterung, dass das Gitter geöffnet wurde. Im gleichen Moment gab Rainer Hoffstedt Gas und sie wurden ruckartig in ihre Sitze gedrückt. Mit quietschenden Reifen schoss das Auto vorbei an Journalisten, Fotografen und Kameras, die die Story ihres Lebens witterten.
Rainer drehte sich zu ihnen um und grinste.
„Behalte deine Glubschaugen auf der Straße, du Idiot, oder willst du uns alle umbringen!“, schnauzte Mario ihn an.
„Wo soll ich denn jetzt hinfahren?“, motzte Rainer zurück.
„Fahre erst einmal Richtung Flughafen, ich sage dir gleich, was wir machen werden.“ Er drehte den Kopf und blickte konzentriert aus dem Rückfenster. Die Knarre hielt er weiterhin an ihren Hals. Sie spürte das kalte Eisen an ihrer Haut und traute sich kaum zu atmen. Sie erreichten die Hauptstraße, die durch den gesamten Ort führte. Rainer Hoffstedt drückte aufs Gas, rücksichtslos und ohne zu bremsen, fuhr er auf die Kreuzungen zu. Die Fußgänger, die zu dieser frühen Stunde unterwegs und im Begriff waren, die Straße zu überqueren, konnten sich in letzter Sekunde auf den Bürgersteig retten. Entsetzt schüttelten sie den Kopf und blickten verwirrt dem davonrasenden Auto hinterher.
Sie fuhren Richtung Osten, einer tief stehenden strahlenden Sonne entgegen.
Nachdem Mario sich nochmals davon überzeugt hatte, dass sie nicht verfolgt wurden, nahm er die Pistole von ihrem Hals, sicherte sie und legte sie auf seinen Schoß, jederzeit griffbereit.
Gerade wollte sich ein Gefühl wie Erleichterung bei Viktoria einstellen, als sie plötzlich einen breiten Lieferwagen wahrnahm, der mit hoher Geschwindigkeit aus einer Seitenstraße auf die Hauptstraße abbog. Sie rasten direkt auf ihn zu. Viktoria schrie auf. Rainer, der den Wagen zu spät bemerkt hatte, trat mit aller Kraft auf die Bremse. Das Auto schlingerte unkontrolliert hin und her. Sie merkten, wie der Wagen rutschte, bevor er quer und nur wenige Millimeter von dem Lieferwagen entfernt zum Stehen kam. Julian krallte sich am Sitz fest, sein Gesicht war aschfahl. Viktoria zitterte am ganzen Leib. Sie schluchzte laut, heiße Tränen liefen ihr über das hübsche Gesicht.
Nur Mario war fuchsteufelswild.
„Du verdammter Mistkerl!“, schrie er. „Du absoluter Riesentrottel, fahre endlich weiter oder willst du hier Wurzeln schlagen!“
Rainer reagierte sofort. Wieder gab er Gas, umfuhr den Lieferwagen auf der linken Straßenseite und setzte seinen Weg fort, als ob nichts geschehen wäre.
„Regt euch doch nicht so auf. Mein Gott, was seid ihr denn für Memmen.“
„Wenn du nicht aufpasst, Rainer, blas ich dir dein Hirn weg! Wegen dir Vollidiot lande ich nicht im Knast! Fahr jetzt!“
Sie erreichten den Königsforst, bogen auf die langgezogene Straße ab, die mitten durch das große Waldgebiet und direkt zum Flughafen führte. Niemand sprach ein Wort. Mario saß aufrecht und schaute intensiv aus dem rechten Fenster, so als ob er nach etwas Ausschau halten würde.
„Halt!“, rief er plötzlich. „Fahre hier rechts ran.“ Sie befanden sich im Niemandsland, umringt von hohen Tannen und Fichten. Rainer hielt an einem kleinen Rastplatz, der mit Holztischen und -bänken die Ausflügler zum Verweilen animierte. Ein kleiner Fußweg führte direkt in den Königsforst. Um diese Uhrzeit war niemand zu sehen. Einsam und verlassen lag der Platz vor ihnen.
Sofort hielt Rainer den Wagen an. Mario nahm die Pistole, entsicherte sie und hielt sie Julian direkt vor sein Gesicht. Julian zuckte zusammen. Seine Augen, weit aufgerissen, blickten angstvoll, er hielt die Luft an.
Lange Sekunden vergingen, Sekunden, in denen Julian um sein Leben bangte.
„Steig aus!“ Mario lächelte und Rainer drehte sich verblüfft zu ihnen um. Julian zögerte. Neben der Angst konnte man Unsicherheit in seinem Gesicht ablesen. Er wusste nicht, was er tun sollte. Würde Mario ihn erschießen, sobald er das Fahrzeug verlassen hatte? Er blickte direkt in die Mündung der Pistole. „Worauf wartest du noch? Steig endlich aus.“ Fast freundlich sprach er die Worte aus, doch dies schien Julian noch mehr zu
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