TODESSAAT
Hamish.
»Nur eine Bitte«, fügte der Necroscope hinzu. »Sei bitte vorsichtig, wenn du die Asche zusammenkehrst. Ich meine, der Junge möchte sichergehen, dass er alle Überreste hat, ja?«
»Wie du möchtest.«
Harry wartete fünf Stunden, bis der Vorgang abgeschlossen war, und er blieb geduldig, obwohl ihm der Boden unter den Füßen brannte, denn in diesen Stunden war er der alte Harry Keogh, dem vielleicht nicht viel Zeit auf dieser Welt blieb, der sich aber alle Zeit der Welt nahm, um seine selbst gewählte Aufgabe zu erfüllen.
Und letzten Endes diente es ja auch einem ganz bestimmten Zweck. Es gab ihm die Möglichkeit, sämtliche Auswirkungen genau zu studieren. Auch Trevor Jordans Gehirn war zerstört worden, genau wie Pennys Körper ...
Um 20:00 Uhr befand sich Harry in dem geräumigen, staubigen Keller seines alten Hauses eine Meile von Bonnyrig entfernt. Er hatte so gut wie möglich sauber gemacht und dann einen Bereich im Mittelpunkt des Steinbodens so lange geschrubbt, bis die Platten beinahe glänzten. Der alte Hamish hatte ihm gesagt, wie viel der Körper des Welpen vor der Einäscherung gewogen hatte, sodass es nicht schwierig war, das richtige Gewichtsverhältnis der benötigten Bestandteile zu berechnen und alles abzuwiegen.
Schließlich hatte er die Asche mit den Chemikalien vermischt. Das alles ergab einen kleinen Haufen auf dem geschrubbten Fleck. Und es gab kein Zögern mehr, denn es ging nicht um ihn selbst, sondern um das Wohlergehen eines Kindes, das diese Nacht bestimmt nicht ruhig schlafen würde.
Es schien ihm alles so lächerlich einfach. War das wirklich alles? Hatte er nichts Wesentliches vergessen? Hatten diese eigenartigen Worte, die unten in dem Verlies unter Janos Ferenczys Burg ausgestoßen worden waren, dieser äonenalte Bannspruch, tatsächlich ausgereicht, um einen Toten wieder zum Leben zu erwecken? Und wenn ja, war das nicht die reinste Blasphemie gewesen?
Andererseits, wozu sollte er sich jetzt noch Gedanken darüber machen? Sollte der Necroscope seiner Werke wegen der Verdammnis anheim fallen, war er schon jetzt verdammt. Wie immer drehten sich seine Gedanken im Kreis, bis ihm der Kopf schmerzte. Doch mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass es der Vampir in ihm war, der versuchte, ihn zu verwirren. Im selben Moment war sein Kopf wieder klar, und er deutete mit dem Zeigefinger entschlossen auf das Häufchen aus Asche und Chemikalien und sprach feierlich die Beschwörung:
»Y’ai Ng’ngah,
Yog-Sothoth,
H’ee-L’geb,
F’ai Throdog
– Uaaah! «
Es war, als halte er ein entzündetes Streichholz an einen Stapel brennbaren Materials: Ein phosphoreszierender Lichtschein flammte auf, farbiger Rauch stieg hoch, dazu ein beinahe schwefliger Gestank. Und er hörte ein leises Kläffen!
Paddy, aus seiner Asche wieder auferstanden, taumelte aus einer sich rasch zerstreuenden Rauchwolke heraus auf ihn zu. Er zitterte, seine Ohren hingen herab und er hatte das Schwänzchen ängstlich eingezogen. Die Beinchen schienen kaum fähig, den kleinen Körper zu tragen.
»Paddy«, flüsterte der Necroscope und ließ sich auf ein Knie nieder. »Paddy, komm, mein Junge!« Der kleine Hund knickte ein, fiel zu Boden, rappelte sich wieder hoch, schüttelte sich, dass er beinahe wieder umgefallen wäre, und kam zu ihm.
Schwarzweiß, kurze Beine, Schlappohren ... eine richtige Promenadenmischung – und sehr lebendig! Oder?
Paddy, rief der Necroscope noch einmal, diesmal in der Totensprache, doch er erhielt keine Antwort.
Paddy war wirklich und wahrhaftig wieder am Leben!
Eine halbe Stunde später brachte Harry Paddy zu dem kleinen Reihenhaus mit der Nummer sieben in jener stillen Straße in Bonnyrig. Er wollte nicht lange bleiben, aber er musste einiges in Erfahrung bringen, was Paddy betraf. Über den Charakter des Tierchens. War er genau der gleiche Hund wie zuvor?
Offensichtlich war er es. Peter glaubte das jedenfalls. Paddys Herrchen war schon seit über einer Stunde bettfertig gewesen, hatte sich jedoch standhaft geweigert, schlafen zu gehen, bevor er nicht von seinem ›Tierarzt‹ gehört hatte.
Paddys Rückkehr stellte für den Kleinen ein Wunder dar, doch nur der Necroscope wusste, welches Wunder sich wirklich ereignet hatte.
Peters Vater war ein hagerer, aber freundlicher Mann. »Der Junge sagte uns, dass er Paddy für tot hielt«, sagte er, während er Harry einen Whiskey eingoss, nachdem Peter mit dem Welpen im Kinderzimmer verschwunden war. »Gebrochene Knochen, ein
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