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TODESSAAT

TODESSAAT

Titel: TODESSAAT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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Hunde keine Vorstellung von Zeitabläufen und vom Tod haben, und so war die Überraschung umso größer.
    In der Hoffnung, nicht beobachtet zu werden, benutzte der Necroscope noch einmal das Möbius-Kontinuum und sprang zur Quelle der tierischen Gefühle: einer Kreuzung, an der die Hauptstraße in Richtung Edinburgh nach links abbog. Die Hand voll Neugieriger, die sich dort versammelt hatte, wandte Harry den Rücken zu, als er aus dem Nichts heraus erschien.
    Das Erste, was er sah, waren die langen, schwarzen Reifenspuren auf dem Asphalt.
    Die Gefühle des toten Welpen wurden heftiger und hektischer, als er begriff, dass er sich aus dieser neuen Lage nicht befreien konnte. Wo war nur sein Gott, sein junges Herrchen?
    Schhhhhh! Harry versuchte, das Tierchen zu beruhigen. Es ist schon gut, Junge – alles in Ordnung!
    Er ging um die Schaulustigen herum und trat neben einen Jungen, der mit tränenüberströmtem Gesicht auf der Straße kniete, das tote Hündchen auf den Armen. Der kleine Hundekörper war von den Autoreifen übel zugerichtet worden.
    Harry kniete nieder, legte einen Arm um die Schultern des Jungen und streichelte das tote Tierchen. Er bemühte sich, beide gleichzeitig zu beruhigen. In seinem Geist ließ das erbärmliche Winseln langsam nach. Da war wieder ein Gefühl. Es spürte Harry.
    Aber der Junge konnte sich nicht beruhigen. »Er ist tot!«, jammerte und stöhnte er. »Paddy ist tot! Warum hat das Auto nicht mich erwischt, warum gerade Paddy? Warum hat er nicht angehalten?«
    »Wo wohnst du denn, mein Sohn?«, fragte er den Jungen, einen Wuschelkopf von vielleicht acht oder neun Jahren.
    Der Kleine sah ihn aus tränenumflorten Augen an. »Dort unten.« Er nickte in Richtung seiner rechten Schulter. »Nummer sieben. Dort wohnen wir, Paddy und ich.«
    Harry nahm den Hundekörper sanft auf die Arme und stand auf. »Also, dann bringen wir ihn nach Hause.«
    Die Leute machten Platz für sie und Harry hörte, wie jemand sagte: »Es ist eine Schande. So was sollte man nicht zulassen!«
    »Paddy ist tot!« Das Kind griff nach Harrys Arm, als sie um eine Ecke in eine schmale, verlassen daliegende Straße einbogen.
    Tot? Ja, natürlich, aber ... musste das wirklich sein? Du musst doch nicht tot sein, Paddy, oder?
    Die Antwort, die er erhielt, war weder ein Bellen noch ein Wort – aber sie klang zustimmend. Ein Hund lehnt bei seinen Freunden nur selten etwas ab, und schon gar nichts bei seinem Herrchen. Das war Harry wohl nicht, aber ein neuer Freund war er mit Sicherheit.
    Und so fiel auch seine Entscheidung augenblicklich.
    Bevor sie den kleinen Vorgarten der Nummer sieben erreichten, blickte Harry auf den Jungen hinab und fragte: »Wie heißt du eigentlich, mein Junge?«
    »Peter.« Er brachte das Wort kaum heraus, so sehr schluchzte er.
    »Peter, ich ...« Harry blieb entschlossen stehen. Er schauspielerte auf Teufel komm raus und blickte auf den Tierkörper auf seinen Armen hinab. »... ich, ich glaube, ich habe eine Bewegung gespürt!«
    Dem Jungen blieb der Mund offen stehen. »Hat Paddy sich bewegt? Aber er ist so schlimm zugerichtet!«
    »Ich bin Tierarzt, mein Sohn«, log Harry. »Vielleicht kann ich ihn doch retten. Lauf schnell voraus und erzähle zu Hause, was passiert ist, während ich Paddy mitnehme und operiere. Und was auch geschieht, sobald ich weiß, wie es ihm geht – ob gut oder schlecht – setze ich mich mit dir in Verbindung. Okay?«
    »Aber ...«
    »Peter, du darfst keine Zeit verlieren«, mahnte Harry eindringlich. »Es geht doch um Paddys Leben!«
    Der Kleine schluckte schwer, atmete tief ein und rannte zum Gartentor der Nummer sieben. Als er im Haus verschwand, holte Harry ein Möbiustor heran. In dem Augenblick, da Paddys Mutter händeringend im Vorgarten auftauchte, um mit diesem Tierarzt zu sprechen, befand Harry sich bereits an einem ganz anderen Ort.
    Der Necroscope hatte nur wenige Freunde unter den Lebenden, aber einer von ihnen war ein alter Töpfer oben in den Pentlands, der eigene Brennöfen besaß. Paddy war natürlich tot, daran gab es keinen Zweifel. Harry reichte ihn Hamish McCulloch, der ihn in einem seiner Öfen verbrennen sollte. »Es soll mir einen Zwanziger wert sein, Hamish«, sagte er dem alten Schotten, »wenn du mir seine Asche übergeben kannst. Es ist nicht für mich, sondern für ein Kind, dessen Herz gebrochen wurde. Und ich zahle auch für einen deiner Töpfe, um die Asche aufzubewahren.«
    »Ich schätze, dir kann geholfen werden, Harry«, sagte

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