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Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition)

Titel: Todesschiff: Ein Island-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dass er von seinem Kollegen in der Vergangenheit sprach, obwohl es vielleicht nahelag.
    »Es besteht natürlich immer noch Hoffnung, dass Ægir und die anderen, die an Bord waren, noch leben. Das ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen«, sagte sie.
    »Ja, aber die Chancen sind leider wirklich nicht sehr groß«, entgegnete Fannar.
    Dóra konnte gut auf sein ironisches Lächeln verzichten – sie wusste selbst, dass die Lage ziemlich hoffnungslos war. Wo sollte sie anfangen? Und wonach suchte sie eigentlich? Ihre Aufgabe war es, der ausländischen Versicherung klarzumachen, dass Ægir und seine Frau Lára tot waren, obwohl es keine Leichen gab. Es war schwer vorstellbar, dass sie an Bord der Yacht Beweise dafür finden würde. Abgesehen davon, dass sie wichtige Hinweise leicht übersehen konnte. Sie wusste nichts über die Seefahrt, und aller Wahrscheinlichkeit nach hatte der Unfall mit den Verhältnissen auf dem Wasser zu tun: ein Unwetter, ein Leck oder etwas Derartiges.
    »Falls es Ihnen hilft: Die Leute vom Seeamt finden es gut, dass Sie sich des Falls annehmen.« Fannar lächelte ihr aufmunternd zu und wirkte schon viel sympathischer. »Ich war dort, um die Schlüssel zu holen, und der Mann, mit dem ich gesprochen habe, meinte, er hoffe, dass Sie andere Aspekte sähen als die Leute, die tagtäglich mit Seeunfällen zu tun haben. Er glaubt nämlich, dass es sich nicht um ein normales Unglück handelt und dass die Fachleute den Fehler machen, es in den üblichen Rahmen pressen zu wollen. Er hat mir auch erzählt, dass solche Vorfälle nicht selten sind. So was geschieht wohl öfter, und man ist sich nie einig über die Ursachen. Die Leute bringen immer alle möglichen Theorien ins Spiel, aber es lässt sich selten eine beweisen.«
    Dóra wurde etwas optimistischer, als sie das hörte. Sie schaute auf und sah Bella vorsichtig über das Deck auf sie zukommen.
    »Hat er gesagt, welche Theorien es über diesen Unfall gibt?«
    Der Schlüssel steckte fest, und Fannar ruckelte daran, bis er sich endlich im Schloss drehte.
    »Nein, und ich wollte nicht fragen. Im Büro kursiert das Gerücht, die Leute seien durchgedreht und hätten geglaubt, das Boot geht unter. Sie seien von Bord gesprungen, weil sie das für ihre einzige Hoffnung gehalten hätten. Aber warum sie durchgedreht sind, weiß niemand, vielleicht hatten sie einen Sonnenstich oder so was.«
    »Ist das denn glaubwürdig?« Dóra hielt Ausschau nach den Rettungsbooten, die sich laut Fannars Bericht noch an Bord befinden mussten. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass man einfach von Bord springt, wenn man auch in ein Rettungsboot steigen kann.« Sie konnte die Boote nirgendwo entdecken. »Sind die vielleicht weggebracht worden?«
    »Nein, nein. Sehen Sie den Buckel dahinten, der aussieht wie eine auf der Seite liegende Tonne?«
    Dóra folgte seinem Finger mit den Augen und nickte.
    »Das Rettungsboot liegt darunter. Es gibt vier Stück an Bord. Eines auf jeder Seite, dieses und dann noch eins im Bug. Soweit ich weiß, sind die nicht angerührt worden.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht waren die Leute in Panik und haben die Befestigungen nicht aufgekriegt. Wer weiß? Ist jedenfalls ziemlich seltsam, dass die Yacht so konstruiert wurde, dass die Rettungsausrüstung halb versteckt ist. Die war wohl nicht schick genug. Vielleicht haben die Leute sich auch vor der Abfahrt nicht mit den Sicherheitsvorkehrungen vertraut gemacht.«
    »Fotografier mal die Tonne da hinten, Bella. Es gibt noch drei andere, die findest du, wenn du einmal im Kreis gehst. Und fotografier auch die Anleitungen, die müssen da irgendwo sein. Und die Rettungsringe, falls du welche siehst.«
    Die Tatsache, dass die Rettungsboote noch an Bord waren, war der deutlichste Hinweis darauf, dass etwas Ungewöhnliches passiert sein musste. Dóra versuchte, sich vorzustellen, unter welchen Umständen sie zusammen mit ihren Kindern einfach von einem Schiff springen würde, wohl wissend, dass ein weiteres Kind zu Hause auf sie wartete. Ihre Tochter Sóley war im selben Alter wie die Zwillinge, die allem Anschein nach zusammen mit ihren Eltern umgekommen waren. Ihr Sohn Gylfi war zwar fast zwanzig, aber in ihren Augen immer noch ein Kind, auch wenn er selbst schon Vater war.
    Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, sich vorzustellen, wie sie die beiden Mädchen an den Schultern packte, über die Reling scheuchte und dazu zwang, zusammen mit ihr in das eiskalte Meer zu springen, weil

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