Todesschrei
bestand darauf, dass das Holz den Raum eher wie einen echten Burgsaal aussehen lassen würde.«
»Und damit hat er recht gehabt«, sagte Marta, die Lippen ein wenig geschürzt. »So sieht es besser aus.« »Ja, vielleicht schon, aber leider hat es auch mein Budget für dieses Jahr verschlungen«, erwiderte Sophie verärgert. »Ich hatte eine ganze Liste neuer Anschaffungen, die ich mir nun nicht mehr leisten kann. Wir konnte es uns ja nicht einmal leisten, die verdammten Paneele anbringen
zu lassen.«
Sie blickte auf ihre zerschrammten, schwieligen Hände. »Während Sie alle zu Hause waren, bis Mittag geschlafen und Truthahnreste vertilgt haben, war ich jeden Tag mit Ted Albright hier und habe die Bretter angebracht. Gott, war das ein Alptraum. Können Sie sich vorstellen, wie hoch der Saal ist?«
Das Debakel mit der Holzverkleidung war Grund für eine weitere Auseinandersetzung mit Ted Albright »dem Dritten« gewesen. Ted war der einzige Enkel des großen Archäologen und alleiniger Besitzer der Albright-Sammlung. Dummerweise war er zudem der Besitzer des Museums und Sophies Chef. Sie verfluchte den Tag, an dem sie zum ersten Mal von Ted Albright und seinem Museumskonzept gehört hatte, das sie eher an die Einrichtung eines Kuriositätenkabinetts erinnerte. Aber solange sich für sie nicht eine Position in einem anderen Museum auftat, machte sie eben diesen Job.
Marta wandte sich zu ihr um. Ihre Augen waren kalt und ... enttäuscht. »Zwei Wochen allein mit Ted Albright zu verbringen klingt für mich nicht nach einem Alptraum. Der Mann ist attraktiv.« Ihre Stimme klang spitz. »Es wundert mich, dass Sie überhaupt irgendetwas geschafft haben.«
Unbehagliches Schweigen senkte sich über das Trüppchen, als Sophie schockiert die Frau anstarrte, für die sie vier Monate lang Mentorin gewesen war.
Bitte nicht schon wieder.
Doch leider hörte es scheinbar nicht auf. Die jungen Männer tauschten verwirrte Blicke aus, aber Sophie wusste durchaus, auf was Marta anspielte. Die Enttäuschung, die sie eben in Martas Blick gesehen hatte, ergab nun Sinn. Wut und Ablehnung stiegen in ihr auf, aber sie verdrängte sie und beschloss, nur auf diese Andeutung einzugehen und zu ignorieren, was in der Vergangenheit geschehen war. Im Augenblick wenigstens. »Ted ist verheiratet, Marta. Und nur der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass wir gar nicht allein waren. Teds Frau und seine beiden Kinder haben uns die ganze Zeit geholfen.«
Marta schwieg, doch ihr Blick blieb eisig. Verlegen stieß Bruce den Atem aus. »Okay«, sagte er. »Im letzten Semester haben wir also den Großen Saal aufpoliert. Was kommt als Nächstes, Dr. J?«
Ohne auf die Wut in ihrem Bauch zu achten, führte Sophie ihre Helfer zum Ausstellungsbereich hinter dem Großen Saal. »Das nächste Projekt ist die Waffenausstellung.« »Ja!« Spandan stieß die Faust in die Luft. »Endlich! Darauf habe ich gewartet!«
»Na, dann hat das Warten jetzt ein Ende.« Sophie hielt an der Vitrine an, in der ein halbes Dutzend sehr seltener mittelalterlicher Schwerter ausgestellt waren. Der Houarneau-Teppich war atemberaubend, aber diese Waffen waren ihr aus der ganzen Sammlung am liebsten. »Ich frage mich immer, wem sie mal gehört haben. Wer damit gekämpft hat«, sagte Bruce leise.
John rollte seinen Stuhl näher heran. »Und wie viele Menschen durch die Klinge gestorben sind«, murmelte er. Er schaute auf, die Augen hinter dem Haar verborgen, das ihm stets ins Gesicht hing. »Tut mir leid.« »Schon in Ordnung«, sagte Sophie. »Das frage ich mich auch oft.« Ihre Lippen zuckten, als ihr etwas einfiel. »An meinem allerersten Tag als Kuratorin hat ein Kind versucht, den Anderthalbhänder aus dem 15. Jahrhundert aus der Halterung zu ziehen und Braveheart zu spielen. Mir ist fast das Herz stehengeblieben.«
Bruce schnappte entgeistert nach Luft. »Es war nicht hinter Glas?« Auch Spandan und John sahen sich entsetzt an. Marta blieb ein wenig zurück. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt, den Kopf schief gelegt und schwieg. Sophie überlegte einen Moment, beschloss dann aber, die Sache lieber unter vier Augen zu klären. »Nein. Ted ist der Meinung, dass eine Glasscheibe zwischen Fundstücken und Publikum den >Unterhaltungseffekt< schmälert.« Darüber hatten sie sich zum ersten Mal gestritten. »Er hat eingewilligt, diese hier einzuschließen, unter der Voraussetzung, dass wir die weniger wertvollen im Großen Saal ausstellen.« Sophie seufzte.
Weitere Kostenlose Bücher