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Todesspiel

Titel: Todesspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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einer Scheune errichteten Metall-Gebäude, das zugleich als Hangar und Büro diente. Ich stellte
den Wagen neben dem Eingang ab, holte meine Bargeldtasche aus dem Versteck im Kofferraum, dazu eine Reisetasche mit Kleidung und den Aktenkoffer mit allen drei Laptops, und ging in den Hangar, wo es angenehm nach Kerosin und heißem Öl roch und kein Mensch zu sehen war.
    »Hallo?«, rief ich. Keine Reaktion. Eine Seitentür führte zum Büro, und als ich den Kopf hindurchsteckte, kam aus dem Hintergrund ein rothaariger Mann auf mich zu. Er trug einen Overall aus Jeansstoff und die Mütze eines Eisenbahnschaffners, und er wischte sich die Hände an einem Stofflappen ab. »Mr. Kidd?«, fragte er fröhlich.
    »Ja.«
    »Ich bin Jim Rogers.« Er hielt mir die Hand hin, und ich schüttelte sie. »Wir sind startbereit, wenn Sie’s auch sind.«
    »Mein Wagen steht draußen neben dem Eingang …«
    »Er kann dort stehen bleiben, bis Sie zurück sind. Ich hoffe, es ist nichts allzu Schlimmes da unten in Greenville passiert.«
    »Nun, es ist schlimm genug«, sagte ich. Ich konnte es nicht vermeiden, irgendetwas als Grund für die eilige Flugreise anzugeben. »Mein Vater hatte einen Herzinfarkt. Man versucht, ihn durch eine Operation zu retten, aber man weiß ja nie, was alles passieren kann.«
    »Oh, echt schlimme Sache«, sagte er. Eine Frau kam herein, Mitte dreißig, mit Lachfältchen in den Augenwinkeln, hübschem Teint und einem Pferdeschwanz. Sie trug eine Fliegerkombination.
    »Das ist Marcia, meine Kopilotin«, stellte Jim Rogers vor.
    »Ich bin seine Frau«, sagte Marcia. Und fragte energisch: »Kann’s losgehen?«
    Jims Blick glitt zur Seite – ich hatte das Gefühl, dass er nicht zu den dynamischsten Geschäftsführern zählte, auch wenn er ansonsten ein prima Kerl zu sein schien -, und ich
sagte schnell: »Oh, ja, wir sollten das wohl besser gleich erledigen …« Ich übergab ihm viertausendfünfhundert Dollar aus meinem Bargeld-Reservefonds, und Jim nahm das Geld entgegen, nickte, stellte nicht die Frage, die sich eigentlich aufdrängte, aber ich beantwortete sie dennoch: »Ich war in der Gegend, um wertvolles Keramikgeschirr aufzukaufen. Die Händler nehmen meistens nur Bargeld, was sich jetzt als Glücksfall erweist.«
    »Ja, ein echter Glücksfall«, bestätigte er.
     
    Jim Rogers war ein geschwätziger Mensch, und seine Frau nickte und lächelte oft zu seinen Erzählungen. Sie wechselten sich als Piloten ab, aber Jim unterhielt uns während des ganzen Fluges nach Greenville. Meistens ging es um Storys aus der Fliegerei – er war einige Jahre lang Buschpilot in Ontario gewesen. Mir war das alles recht; ich nickte und lächelte wie seine Frau, und hin und wieder steuerte ich Geschichten vom Fischen mit Fliegenködern in Ontario bei. Persönliche Themen wurden nicht erörtert. Auf der Höhe von Louisville, Kentucky, rief ich John auf seinem Handy an und erfuhr, dass Rachel tatsächlich nicht aufzufinden sei.
    »Das klingt verdammt schlecht«, sagte ich, ohne an mögliche Fehlinterpretationen durch meine Piloten zu denken. Und Jim und Marcia sahen sich tatsächlich betroffen an.
    »Schaff schleunigst deinen Arsch her«, grunzte John.
    »Ich bin in einer Stunde in Greenville«, sagte ich.
    Als das Gespräch beendet war, fragte Marcia mitfühlend: »Sind Komplikationen aufgetreten?«
    »Sehr angespannte Situation«, antwortete ich.
    »Beten wir, dass sich alles zum Guten wendet.«
    John wartete bei der Landung in Greenville bereits auf mich. Er nahm mit der gesunden Hand meine Reisetasche und ging zum Wagen, während ich mich von Marcia und Jim
verabschiedete. Die beiden dachten wohl, John sei das getreue Hausfaktotum meiner Familie oder so was …
    Um halb vier nachmittags waren John und ich auf dem Weg nach Longstreet. John war noch grimmiger und verbissener als üblich. »Carp ist ein Irrer«, knurrte er. Und offensichtlich war er selbst nicht weit vom Ausrasten entfernt, denn er fügte hinzu: »Ich werde ihn töten.«

19
    Kurz nach sechs erreichten wir Longstreet, wo immer noch eine geradezu brutale Hitze herrschte. Die Menschen zogen es vor, bei diesen Temperaturen zu Hause zu bleiben, und die sonst so geschäftigen Straßen im Stadtzentrum zeigten eine Leere, wie sie in billigen Science-Fiction-Filmen oft zu sehen ist, diese Unheil verheißende Verlassenheit, bei der man schaudernd denkt, die Bewohner seien nicht zu sehen, weil Aliens sie in den Häusern in den Krallen halten und ihnen die Gehirne

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