Todesstoß / Thriller
seufzte. »Wir haben drei Dutzend Schuhpaare im Keller gefunden. Aus den Führerscheinen lässt sich ersehen, dass er von Chicago bis Omaha Jagd auf Frauen gemacht hat. Bei einigen Prostituiertenmorden, für die er selbst verantwortlich war, wurde er von der Polizei als psychologischer Berater eingesetzt. Brian Ramsey rauft sich die Haare. Unschuldige Männer im Gefängnis. Jeder Fall, an dem Pierce beteiligt war, wird in Berufung gehen. Damit haben wir alle noch sehr, sehr lange zu tun.«
»Aber wir werden dadurch ein paar alte Fälle abschließen können«, murmelte Noah. »Zum Beispiel das Verschwinden von Roger Eames vor zwanzig Jahren. Er war ein ungelernter Arbeiter, der Gelegenheitsjobs übernahm. Wir haben seinen Führerschein ziemlich weit unten in Pierce’ Schublade gefunden.«
»Und seine Arbeiterstiefel in dem Schuhhaufen, der sich auf dem Kellerboden auftürmte«, fügte Olivia matt hinzu. »An den Schnürsenkeln waren Zementreste nachzuweisen. Wahrscheinlich hat Roger Eames das Loch im Boden ausgehoben.«
»Das Haus war auf Eames’ Namen eingetragen«, sagte Abbott. »Wir hätten es niemals über den Grundbucheintrag finden können.«
»Wie hat Pierce nun von Ihrer Studien erfahren, Eve?«, fragte Ian.
»Als bei Donner Krebs diagnostiziert wurde, empfahl sein Arzt ihm einige Therapeuten«, erzählte Eve. Sie hatte am Morgen mit Donners Frau und seiner Mutter gesprochen, um zu erfahren, wie ihrer Arbeit an der Universität so aus dem Ruder hatte laufen können. »Auf der Liste stand auch Pierce. Im Lauf der Sitzungen erzählte Donner von der Studie und erwähnte, dass er einen unabhängigen Berater brauchte. Pierce war fasziniert und bot an, diese Funktion zu übernehmen.«
»Sobald Pierce begriffen hatte, dass uns die Teilnehmerliste zur Verfügung stand«, fügte Noah hinzu, »war ihm klar, dass Jeremy Lyons verschwinden musste. Je schlimmer es mit Donners Krankheit wurde, umso mehr Verantwortung gab er an Lyons weiter.«
»Wir haben Lyons’ Laptop in Pierce’ Haus in New Germany gefunden«, sagte Micki. »Er hat Pierce eine E-Mail mit der Liste als Anhang geschickt. Die Computer der Opfer sind übrigens auch dort.«
»Martha nutzte ihren Barhocker im Ninth Circle, um Kunden für Siren Song zu ködern.« Nun war wieder Abbott an der Reihe. »Wir sind allerdings nicht sicher, ob sie so tief in diese Welt eintauchte, um ihr Telefonsex-Geschäft zu fördern, oder ob sie damit anfing, damit sie den PC praktisch nicht mehr verlassen musste. Ihre Hauptarbeitszeit lag in den Stunden, in denen die anderen Opfer ermordet wurden, was wahrscheinlich der Grund dafür war, warum sie sich so viel früher mit Pierce verabredete als die anderen.«
»Was sich als wichtig erwiesen hat«, sagte Micki und zog die Brauen hoch.
»Wie die Katze und die Schuhe«, gab Noah zu. »Du hattest recht. Und Kane, du hattest auch recht, was Jeremy anging. Pierce hat sein Telefon benutzt, um die SMS und die zweite Nachricht an Eve zu schicken. Und das praktisch direkt vor Abbotts Nase. Damit hat er uns den Mittelfinger gezeigt.«
»Genau wie mit Dasich«, fügte Eve hinzu.
»Das Ich.
Ich kann nicht fassen, dass ich das nicht begriffen habe. Alle Namen meiner Avatare haben eine besondere Bedeutung. Auf die anderen habe ich nie geachtet.«
»Im Nachhinein ist man immer schlauer«, sagte Abbott. »Das gilt wohl für uns alle. Wir haben uns auch Pierce’ Computer angesehen. Er hatte zwei und ist auch von beiden aus in Shadowland aktiv gewesen, so dass er gleichzeitig zwei Avatare bewegen konnte.«
»Und warum Axel Girard?«, fragte Ian. »Warum hat er sich ausgerechnet ihn ausgesucht?«
Noah seufzte. »Axel war sein Optiker. Eve hat ganz richtig erkannt, dass Pierce uns für die Aufmerksamkeit hasste, die wir durch den
MSP
-
Artikel erhalten haben – er wurde nicht lobend erwähnt, obwohl er Teil unseres Teams war. Andererseits konnte er durch die Anonymität davon ausgehen, dass Axel keinen Grund haben würde, ihn mit diesem Fall in Verbindung zu bringen.«
»Auslöser war der Artikel in der
MSP
«,
sagte Eve. »Sowohl für Pierce als auch für Dell Farmer.«
»Tja, beim nächsten Mal werden wir es uns wohl zweimal überlegen, ob wir der Presse Interviews geben«, sagte Abbott.
»Und anschließend dankend ablehnen«, fügte Noah hinzu.
»Wann geben Sie die Leichen von Pierce’ Opfern frei?«, fragte Eve an Ian gewandt.
»Heute. Wieso?«
»Weil ich gern zur Beerdigung gehen möchte«, sagte sie.
»Eve«, begann
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