Todesstoß / Thriller
seine Stimme sanfter. »Danke, dass Sie gekommen sind.«
»Ja«, stimmte Eve zu, ohne Noah anzusehen. »Danke. Ich bin müde. David, würdest du bitte Detective Webster zur Tür bringen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie in ihr Schlafzimmer.
Hunter blähte die Wangen auf. »Tja.«
Noah sah ihn stirnrunzelnd an. »Tja? Was soll das heißen?«
»Dass Sie es ihr angetan haben.« Er brachte Noah zur Tür. »Geben Sie Ihr Zeit.«
»Davon habe ich jede Menge«, murmelte Noah, dann verengte er die Augen. »Und was hat es mit der rosafarbenen Kamera auf sich?«
»Es war ein Geschenk für eine werdende Mutter. Kennen Sie Detective Sutherland?«
Der plötzliche Themenwechsel überraschte Noah. »Olivia? Verdammt gute Polizistin. Warum?«
»Ihre Schwester Mia ist eine meiner besten Freundinnen«, erklärte er. »Auch eine verdammt gute Polizistin übrigens. Olivia und ich waren beide auf Mias Hochzeit. Grüßen Sie sie bitte, wenn Sie sie sehen.«
»Mach ich gern. Und ich habe es ernst gemeint. Kann sein, dass Sie mit Ihrem vorausschauenden Denken Eve das Leben gerettet haben.«
Hunters Blick wurde hart. »Dieser Kerl weiß, dass Eve in die Sache verwickelt ist. Woher weiß er das?«
»Das habe ich mich auch bereits gefragt«, sagte Noah. »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Ja. Und vergessen Sie Ihren Hut nicht.«
»Ach, er liegt doch ganz gut hier.« So hatte er eine Ausrede, zurückzukommen. »Danke.«
Dienstag, 23. Februar, 2.25 Uhr
Lindsay hätte nicht gewollt, dass sie diese Abgründe des menschlichen Daseins sah.
Zu spät, Schwesterchen,
dachte Liza müde, während sie auf den Bus wartete, der sie ins nächste Viertel bringen würde. Sie suchte zwar erst seit drei Stunden, war aber schon fast so weit, wieder aufzugeben. Die meisten Prostituierten suchten um diese Jahreszeit Zuflucht in Bars oder Hotels. In die Bars kam sie nicht hinein, weil sie noch keine einundzwanzig war. Und in den Hotels hatte niemand Lindsay gesehen.
Ein mitfühlender Türsteher hatte sie in einen der Clubs gelassen, damit sie sich aufwärmen konnte, und eine Kellnerin hatte ihr einen Kaffee ausgegeben. Aber auch hier hatte niemand Lindsay gesehen. In Lizas Tasche steckte eine Serviette, auf die der Türsteher ihr eine Adresse geschrieben hatte. Vielleicht hatte sie dort Glück. Ihr Geld reichte jedenfalls gerade noch für die Busfahrt dorthin und anschließend zurück nach Hause.
Und wenn du auch da nichts findest? Was tust du dann?
Ich weiß es doch nicht.
Wie benommen sah sie ein Mädchen aus der Bar kommen, die sie, Liza, soeben verlassen hatte. Auf ihren hohen Absätzen bewegte sie sich vorsichtig über den vereisten Gehweg. Die Beine des Mädchens waren nackt, der kurze Rock bedeckte kaum ihr Hinterteil, und die Perücke war ziemlich hoch toupiert. Sie stöckelte bis zum Ende des Blocks und lehnte sich dort gegen einen Laternenmast. Eine Minute später fuhr ein schwarzer Geländewagen heran, hielt, und das Fenster wurde herabgelassen.
»Tu’s nicht«, murmelte Liza, als könnte sie damit etwas erreichen. Das Mädchen stieg in den SUV , und der Wagen machte eine Kehrtwende und fuhr in dieselbe Richtung zurück, aus der er gekommen war.
Dienstag, 23. Februar, 3.25 Uhr
Er sog tief die Luft ein, als der Orgasmus ihn schüttelte. Fast behutsam löste er die Finger vom Hals der Hure und ließ sich langsam herab, bis er auf dem toten Körper saß, auf dem sein Samen glitzerte. Unter der Perücke hatte sie kurzes schwarzes Haar, und als er das Leben aus ihr herausgequetscht hatte, hatte er sich vorgestellt, dass ihr Gesicht das von Eve Wilson war.
Ja, es hätte Eve sein sollen, die auf dem schmierigen, übelriechenden Bett lag. Tot und mit aufgerissenen Augen, die ins Leere starrten. Es hätte Eve sein sollen. Aber sie war es nicht.
Die Worte, die er der Hure ins Ohr geflüstert hatte, als sie in ihren kleinen Ketamin-Alptraum geglitten war, würde auch in Eve Entsetzen wecken, wenn sie endlich unter ihm auf diesem Bett lag.
Ein Draht um deinen Hals, und er zieht sich zu. Du kannst nicht atmen, kriegst keine Luft. Du erstickst.
Die kleine Hure hier war nach Atem ringend aufgewacht, hatte um sich geschlagen, hatte geglaubt, jemand würde sie erwürgen. Und genau das hatte er dann ja auch getan. Es war doch immer großartig, wenn die Fantasie sich problemlos in die Realität umsetzen ließ.
Er stieg von dem Mädchen herunter, zog an der Betonklappe und fuhr zurück. Das Mädchen von Sonntag war noch nicht ganz
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