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Todestanz

Todestanz

Titel: Todestanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margie Orford
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die Rolle bekommen. Zum Vortanzen für die London School of Ballet kam sie auch nicht. Ich wollte nach ihr suchen, darum habe ich ihren Spind geöffnet. Aber darin waren nur ihre Schuhe.«
    Wieder betastete er das Satin.
    Â»Danach habe ich ihre Mutter angerufen, aber die wollte mich nicht mit ihr sprechen lassen. Unter einem fadenscheinigen Vorwand. Als Calvaleen zum zweiten Vortanzen auch nicht erschien, zog ich los, um sie zu suchen. Ich fand sie beim Tanzen im Winter Palace . Wahrscheinlich war das meine Schuld. Schließlich habe ich ihr davon erzählt. Ich war der Meinung, dass sie lieber so Geld verdienen sollte als mit dem, was sie manchmal auf der Straße machte.«
    Er zündete eine halb gerauchte Zigarette an, blies einen Rauchring und schaute zu, wie er zu dünnen Bändern zerfranste, die durch die Luft trieben.
    Â»Ich habe dort hin und wieder gespielt. Mit dem, was Madame Merle mir zahlt, könnte keine Maus überleben. Wissen sie, ich habe versucht, auf sie aufzupassen. Ich verstehe sie.«
    Â»Sagen das nicht alle Männer, die Kinder verführen?« Clare verzog keine Miene. »Genau das hat mir die Direktorin der New Beginnings Clinic erzählt, als ich sie damals interviewte; dass der Täter die Einsamkeit des Kindes nachahmt. Dass er das kindliche Gefühl der Isolation und Bedürftigkeit nachahmt und so tut, als empfände er das Gleiche. Ist es nicht typisch für einen Pädophilen, ein Mädchen so einzuwickeln? Indem er es verhätschelt? Sein Vertrauen gewinnt, indem er es überzeugt, dass nur er es wirklich versteht? Dass sie sich zu
zweit eine perfekte Welt schaffen können, wenn das Mädchen nur alles tut, was er sagt? Haben Sie es nicht so mit Yasmin gemacht?«
    Mister Henry saß reglos vor ihr.
    Ein Laster röhrte vorbei. Dann Stille. Clare wartete ab.
    Â»Wo ich aufwuchs, gab es ein paar Jungs, die etwas gegen Tänzer hatten, ganz besonders gegen Balletttänzer.« Seine Stimme, so leise sie auch war, durchschnitt die Stille. »Sie hatten etwas dagegen, dass sie irgendwen in ihrem Gebiet nicht kontrollieren konnten. Weil jeder Einzelne ihren Profit minderte.«
    Er zog seine Hose hoch. Beide Knöchel waren fest umwickelt, seine langen, schlanken Beine endeten in einem Narbengemetzel, und die stählernen Zangen bissen in sein Fleisch. »Sie haben mir die Knöchel zertreten. Eine ihrer Methoden, mit denen sie mich lehrten, ein Mann zu sein. Dieselbe Gang, die mich gezwungen hatte, mit dem Tanzen aufzuhören, verkaufte mir später die Drogen, die meine Schmerzen dämpften. Sie sehen also, Dr. Hart, dass ich durchaus mit meinen eigenen Dämonen zu kämpfen hatte. Genau wie Yasmin, genau wie Calvaleen. Beide bezahlen für die Sünden ihrer Väter.«
    Â»Die Sünden ihrer Väter?«
    Â»Man bekommt leichter ein junges Mädchen in seine Gewalt als einen bewaffneten Mann. Und man zerstört den Mann damit genauso. Sehen Sie sich an, wie der Hass Calvaleens Vater zerfressen hat«, sagte Mister Henry. »Ich kann Ihren Fehler nachvollziehen, Dr. Hart, und mir ist klar, warum eine intelligente Frau wie Sie ihn macht. Aber inzwischen helfe ich anderen. Nicht alle von uns lassen unseren Zorn an anderen Opfern aus. Ich habe eine Zeitlang die Freiwilligengruppe der Sexualtäter betreut. Und ich arbeite freiwillig in der Drogenberatung. Als ›Drogenkumpel‹, wenn Sie
so wollen. Calvaleen war für einige Zeit in der Klinik. Ich habe sie dort öfter besucht. Darum bin ich auf diesem Band.«
    Â»Ist sie noch dort?« Clares Stimme klang sanfter.
    Â»Nein«, sagte Henry. »Kurz nach meinem letzten Besuch hat sie den Entzug abgebrochen. Es war ihr einfach zu viel.«
    Â»Wo ist sie hin?«
    Seine Zigarette war bis auf den gelben Filter abgebrannt.
    Â»Sie kam hierher.«
    Â»Ist sie noch hier?«
    Henry schüttelte den Kopf. »Sie brauchte einen Platz zum Schlafen. Sie sagte, sie würde hierbleiben, solange ich keine Fragen stelle. Eine Weile kam sie zum Schlafen hierher, dann verschwand sie wieder.«
    Â»Wann war das?«
    Â»Samstagnacht. Sie war beim Arbeiten gewesen, bevor sie herkam, aber sie blieb nicht lang«, erzählte Henry. »Sie war sehr aufgeregt. Meinte, sie müsste etwas unternehmen. Etwas richten. Ich wurde nicht schlau aus ihr, und sie sah wirklich schlecht aus.«
    Â»Hat sie gesagt, worum es ging?«
    Â»Nein«, sagte Henry. »Wie

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