Todestanz
Haus.
»Die werden um diese Uhrzeit normalerweise erst wach. Bis zum Spätnachmittag rührt sich da drüben nichts.«
»Stand der Maserati gestern Abend auch da?«, fragte Riedwaan.
»Mase wat ?«, die Frau zupfte ihr doek gerade.
»Der Wagen da.« Riedwaan zeigte darauf.
»Als die Nachbarschaftswache ihre Mahnwache gehalten hat, war er jedenfalls nicht da. Solange Voëltjie Ahrend zu Hause ist, würde keiner so was wagen.«
Riedwaan strich mit der Hand über die kühle Flanke des Wagens. Er war frisch poliert.
»Das Ding hat mich um vier Uhr früh aus dem Schlaf gerissen«, erzählte die Frau. »Dieser Ma-se- Wagen da drüben. Der Motor knurrt, genau wie seine Hunde. AuÃerdem haben sie ihn sauber gemacht. Mit dem Staubsauger. Die haben einfach keinen Respekt, diese Gangster. Die machen den Tag zur Nacht und die Nacht zum Tag. Kennen Sie Voëltjie?«
»Könnte man sagen.« Riedwaan drückte das Tor auf. Im Haus bellte ein Hund â ein Boerbul, der riesigen Schnauze nach zu urteilen, die sich durch die Gitterstäbe zwängte.
»Ich warte auf Sie«, sagte die Frau. »Ich schaue, ob Sie wieder rauskommen.«
»Danke, Tante.«
Riedwaan klopfte. Die Tür ging einen Spalt weit auf. Ein Junge von etwa vierzehn Jahren stand in der Lücke, mit dürrem Körper unter dem weiten T-Shirt und ausdruckslosem, hartem Blick.
» Waarâs Voëltjie?«, wollte Riedwaan wissen.
Der Junge deutete den schmalen Weg neben dem Haus hinunter und entblöÃte dabei die eintätowierte 27 an seinem Handgelenk. Voëltjie Ahrends neues Markenzeichen, eines, das man sich kaufen konnte und das nicht auf die hergebrachte Weise im Gefängnis verdient werden musste. Riedwaan drückte die Hintertür auf. Der Duft von gebratenen Zwiebeln mit Kreuzkümmel. Abendessen. Die Frau am Herd legte den Löffel beiseite, als sie Riedwaan sah, und ein schiefes Lächeln arbeitete sich durch das Faltennetz auf ihrem Gesicht.
»Riedwaan Faizal.«
»Tante Ruby«, erwiderte Riedwaan.
»Du hast geschworen, dass du nie wieder kuier kommen würdest.« Ruby Ahrend schnippte mit den Fingern in Richtung der trägen Mädchen auf der Couch. Eine glitt davon und nahm dabei ihr schniefendes Baby mit.
»Nie ist einfach zu lange«, sagte Riedwaan. »Wo ist dein Sohn?«
»Was willst du von Voëltjie?«
»Ruf ihn, Tante Ruby. Ich muss mit ihm sprechen.«
Ihre schwarzen Augen zuckten an Riedwaans Schulter vorbei.
»Sie sind heute früh auf, Ahrend.« Riedwaan drehte sich nicht um. Er konnte Voëltjies Spiegelbild im blank polierten Topfrand sehen. Ruby Ahrend war keine Frau, der man leichtfertig den Rücken zuwandte, schon gar nicht in einer Küche voller Messer.
»Voëltjies Geschäft ist immer geöffnet.« Er verknotete den Gürtel seines Morgenmantels. »Aber in letzter Zeit bekommt Voëltjie nicht oft Hausbesuch. Kom sit by jou Voëltjie, Ma.« Ruby setzte sich gehorsam neben ihren Sohn, der sich majestätisch auf dem roten Samtsofa niederlieÃ.
»Was möchten Sie von Voëltjie, Captain Faizal? Eine Mitgliedschaft im Golfclub? Eine Einladung zur J&B Met?« Er studierte seine Fingernägel. »Geld? Drogen? Frauen?«
Riedwaan legte eine kleine rosa Haarklammer auf den Couchtisch.
»Wo ist sie?«, wollte er wissen.
Voëltjie Ahrend nahm die Haarklammer, drehte sie in der Hand und lieà sie fallen.
»Ein kleines Mädchen. Natürlich. Voëltjie hat schon davon gehört. Die niedliche kleine Frau Doktor aus dem Fernsehen, die so auf Gangster steht, hat die Kleine noch nicht gefunden?«
»Fick dich, Ahrend.«
»Informationen sind mos Voëltjies Spezialität. Wenn man sie sich leisten kann.« Seine Augen glitzerten, schwarz und hart wie die seiner Mutter.
»Ich habe mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis Sie zu Voëltjie kommen, Faizal.« Ahrend streckte die Hand aus, und ein Mädchen auf dem Sofa gegenüber reichte ihm eine angezündete Zigarette. »Natürlich glauben Sie, dass es was mit Voëltjie zu tun haben muss, wenn irgendwas in Ihrem Kackleben schiefläuft.«
»Was wollen Sie für sie haben?«
»Was könnte Voëltjie schon wollen, was Sie ihm beschaffen können?« Er betrachtete Riedwaan nachdenklich. »Alles, was Voëltjie will, nimmt sich Voëltjie maar.
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