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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ist das gar nicht von der Wahrheit entfernt. Du gibst dir so viel Mühe, den harten Cop zu spielen, dass von der Frau nichts mehr zu erkennen ist. Aber es ist die Frau, die ich sehen wollte.«
    »Du hast lange damit gewartet.«
    »Warum bist du wütend auf mich?«
    »Bin ich nicht.«
    »Der Empfang, den du mir hier in Boston bereitest, ist, gelinde gesagt, merkwürdig.«
    »Das liegt vielleicht daran, dass du es nicht für nötig gehalten hast, mir zu sagen, dass du kommst.«
    Er seufzte, und eine gespenstische weiße Wolke stieg aus seinem Mund auf. »Können wir uns vielleicht einen Moment hinsetzen und reden?«
    Sie ging zur ersten Reihe und ließ sich auf die Holzbank sinken. Als er neben ihr Platz nahm, hielt sie den Blick starr nach vorne gerichtet. Sie hatte Angst, ihm in die Augen zu sehen. Angst vor den Gefühlen, die er in ihr aufwühlte. Allein seinen Duft einzuatmen, war eine Qual, weil er ein unstillbares Verlangen in ihr weckte. Dies war der Mann, der mit ihr das Bett geteilt hatte; seine Berührung, sein Lachen, der Geschmack seiner Haut verfolgten sie noch in ihren Träumen. Das Ergebnis ihrer Vereinigung wuchs in diesem Moment in ihr heran, und sie presste die flache Hand auf den Bauch, um den geheimen Schmerz zu stillen, der sich plötzlich dort regte.
    »Wie waren die letzten Wochen für dich, Jane?«
    »Gut. Ich hatte viel zu tun.«
    »Und dieser Verband an deinem Kopf? Was ist da passiert?«
    »Ach, das.« Sie fasste sich an die Stirn und zuckte mit den Achseln. »Kleines Malheur im Autopsiesaal. Bin ausgerutscht und hab mir den Kopf angeschlagen.«
    »Du siehst müde aus.«
    »Mit Komplimenten hast du’s nicht so, wie?«
    »Es ist nur eine Feststellung.«
    »Ja, du hast Recht, ich bin müde. Natürlich bin ich müde. Die Woche hat mich ziemlich geschlaucht. Und außerdem steht Weihnachten vor der Tür, und ich habe noch nicht mal die Geschenke für meine Familie gekauft.«
    Er sah sie eindringlich an, und sie wandte sich ab, mied immer noch seinen Blick.
    »Du bist nicht gerade begeistert darüber, wieder mit mir zusammenzuarbeiten, oder?«
    Sie erwiderte nichts. Stritt es nicht ab.
    »Warum sagst du mir nicht endlich, was los ist?«, fragte er schließlich gereizt.
    Der Zorn in seiner Stimme ließ sie stutzen. Dean war kein Mann, der oft Gefühle zeigte. Das hatte sie damals wütend gemacht, weil sie immer den Eindruck gehabt hatte, dass sie es war, die sich nicht im Griff hatte, die jeden Moment zu explodieren drohte. Ihre Affäre hatte überhaupt erst begonnen, weil sie den ersten Schritt gemacht hatte, nicht er. Sie hatte das ganze Risiko auf sich genommen, ihren Stolz aufs Spiel gesetzt – und was hatte sie nun davon? Sie liebte einen Mann, der ihr immer noch ein Rätsel war. Einen Mann, dessen einzige erkennbare Gefühlsregung der Zorn war, den sie jetzt in seiner Stimme hörte.
    Das machte sie auch wütend.
    »Es hat doch keinen Zweck, diese alten Geschichten noch mal aufzuwärmen«, sagte sie. »Wir müssen zusammenarbeiten. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Aber alles andere – davon will ich im Moment einfach nichts hören.«
    »Wovon willst du nichts hören? Davon, dass wir miteinander geschlafen haben?«
    »Ja.«
    »Damals schien es dir aber nicht so viel auszumachen.«
    »Es ist passiert, das ist alles. Ich bin sicher, es hat dir nicht mehr und nicht weniger bedeutet als mir.«
    Er schwieg. Getroffen? Verletzt? Sie glaubte nicht, dass es möglich war, einen Mann zu verletzen, der gar keine Gefühle hatte.
    Sie zuckte zusammen, als er plötzlich auflachte.
    »Du redest manchmal so einen Blödsinn daher, Jane.«
    Sie wandte sich zu ihm um – schaute ihn zum ersten Mal wirklich an –, und wieder verschlug es ihr den Atem, als sie sah, was sie an ihm so angezogen hatte. Der markante Unterkiefer, die schiefergrauen Augen. Die gebieterische Ausstrahlung. Sie konnte ihn so viel beleidigen, wie sie wollte – stets würde sie das Gefühl haben, dass er derjenige war, den nichts erschüttern konnte, der immer alles im Griff hatte.
    »Wovor hast du Angst?«, fragte er.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Dass ich dich verletzen könnte? Dass ich als Erster gehen könnte?«
    »Du warst ja nie da, wie kannst du da gehen?«
    »Okay, da hast du Recht. Es ging einfach nicht. Nicht bei unseren Jobs.«
    »Und darauf läuft doch letzten Endes alles hinaus, oder nicht?« Sie erhob sich und stampfte mit den Füßen auf, um das Blut wieder zum Fließen zu bringen. »Du bist in Washington,

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