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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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vor, als sie Haut und Muskeln mit ihrer Klinge durchtrennte. Die Todesursache war so deutlich zu erkennen wie zuvor die Schrotkügelchen auf dem Röntgenbild, und als der Brustraum schließlich freigelegt war und sie den prallen Herzbeutel sowie die zahlreichen Blutungen in der Lunge sah, war sie keineswegs überrascht.
    Das Glaser-Geschoss hatte die Thoraxwand durchschlagen und war dann explodiert, so dass die tödliche Schrotladung sich im ganzen Brustkorb verteilt hatte. Das Metall hatte Arterien und Venen zerrissen, Herz und Lungen perforiert. Das Pericardium, welches das Herz umschloss, hatte sich mit Blut gefüllt, wodurch der Herzmuskel zusammengedrückt wurde und sich nicht mehr ausdehnen, nicht mehr pumpen konnte. Eine Herzbeuteltamponade.
    Der Tod war relativ schnell eingetreten. Die Sprechanlage begann zu summen. »Dr. Isles?« Maura drehte sich zum Lautsprecher um. »Ja, Louise?«
    »Detective Rizzoli ist auf Leitung eins. Können Sie rangehen?« Maura streifte die Handschuhe ab und ging zum Telefon. »Rizzoli?«, sagte sie.
    »Hallo, Doc. Ich fürchte, wir brauchen Sie hier.«
    »Was gibt’s denn?«
    »Wir sind am Ententeich. Hat eine Weile gedauert, bis wir das ganze Eis rausgeschaufelt hatten.«
    »Sind Sie fertig mit der Suche?«
    »Mmh. Und wir haben was gefunden.«

9
    Ein eisiger Wind fegte über das offene Feld und zerrte an Mauras Mantel und Schal, als sie durch die hintere Klosterpforte trat und auf die Gruppe von Polizisten zusteuerte, die wie eine triste Trauergemeinde am Ufer des Teichs stand. Auf dem Schnee hatte sich eine Eisschicht gebildet, und ihre Stiefel brachen knisternd durch den Harsch wie durch eine dünne Zuckerkruste. Sie spürte, wie alle Augen auf ihr ruhten, als sie das Feld durchquerte. Von der Pforte aus blickten die Nonnen ihr nach, und die Polizisten sahen ihr erwartungsvoll entgegen. Einsam bahnte sie sich ihren Weg durch die weiße Einöde, und in der Stille des Nachmittags schien jeder Laut verstärkt – vom Knirschen ihrer Schritte bis hin zum Geräusch ihres eigenen Atems.
    Rizzoli löste sich aus der dicht gedrängten Gruppe und kam auf Maura zu, um sie zu begrüßen. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind.«
    »Noni lag also richtig mit ihrer Bemerkung über den Ententeich?«
    »Genau. Camille hat schließlich viel Zeit hier draußen verbracht, da ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie auf die Idee kam, es im Teich verschwinden zu lassen. Das Eis war da noch relativ dünn. Wahrscheinlich ist der Teich erst in den letzten ein bis zwei Tagen richtig zugefroren.« Rizzoli blickte auf das Wasser. »Beim dritten Versuch hatten wir es endlich im Netz.«
    Es war ein recht kleiner Teich, ein schwarzes Oval, in dem sich im Sommer wahrscheinlich blauer Himmel, Wolken und vorüberfliegende Vögel spiegelten. An einer Seite war das Ufer mit Rohrkolben gesäumt, die wie vereiste Stalagmiten aus dem Schnee ragten. Ringsum war die weiße Pracht von zahlreichen Sohlen zertrampelt und mit Matsch vermischt.
    Am Ufer lag eine winzige Gestalt, abgedeckt mit einem Einweglaken. Maura ging daneben in die Hocke, worauf Detective Frost mit düsterer Miene das Laken von dem mit feuchtem Schlamm bedeckten Bündel zog.
    »Es hat sich angefühlt, als ob es mit Steinen beschwert wäre«, sagte Frost. »Deswegen hat es auch ganz unten am Grund gelegen. Wir haben es noch nicht ausgewickelt – wir dachten, wir warten lieber, bis Sie da sind.«
    Maura zog ihre wollenen Fäustlinge aus und streifte sich Gummihandschuhe über. Sie boten natürlich keinerlei Schutz vor der Kälte, und ihre Finger waren bald durchgefroren, als sie sich daranmachte, den Musselinstoff abzuwickeln. Nachdem sie die äußere Hülle entfernt hatte, fielen zwei faustgroße Steine heraus. Die nächste Schicht war ebenfalls klatschnass, aber nicht schlammig. Es war eine himmelblaue Wolldecke. Eine Farbe, die man für einen kleinen Säugling wählen würde, dachte sie. Für eine Decke, in die man ihn behutsam einhüllt, damit er es schön warm hat.
    Inzwischen waren ihre Finger taub und steif. Sie schlug eine Ecke der Wolldecke zurück, und ein Fuß kam zum Vorschein. Winzig, fast wie der einer Puppe, die Haut dunkelblau marmoriert.
    Maura hatte genug gesehen.
    Sie richtete sich auf und wandte sich an Rizzoli. »Bringen wir es ins Institut. Dort können wir es dann fertig auspacken.«
    Rizzoli nickte nur und blickte schweigend auf das winzige Bündel. Der kalte Wind hatte bereits eine dünne Eiskruste auf dem

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