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Todtstelzers Krieg

Todtstelzers Krieg

Titel: Todtstelzers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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stinkende Zigarre
und schwieg ansonsten. Die Marshmallows interessierten ihn
offenbar nicht.
    Auch Poogie der freundliche Bursche saß für sich allein, als
wäre er unsicher, ob er willkommen war oder nicht. Der Kapitän und das Adaptorspielzeug Alles waren an Bord der Missis
Merry Truspott geblieben , »um die Dinge im Auge zu behalten« , wie sie es nannten. Und so saßen alle bis auf die beiden
um das Feuer herum, rösteten Marshmallows oder rauchten
Zigarre und redeten bis tief in die Nacht. Irgendwann kam das
Thema Kindheit zur Sprache.
    Reineke Bär fing damit an. Finlay hatte von einigen der
fremdartigeren Welten erzählt , die er auf seinen Reisen gesehen hatte , und der Bär wollte wissen , was der Feldglöck von
Shannons Welt hielt , dem Planeten für die erwachsenen Kinder. Finlay runzelte die Stirn.
    »Schwer zu sagen , wie diese Welt vor dem Krieg war« , meinte er schließlich , »aber ich kann mir vorstellen, welche
Faszination von ihr ausgegangen sein muß. Ein Ort, der frei
war von den Sorgen und Nöten der Erwachsenen, eine Chance,
wieder einmal Kind zu sein, oder besser; eine Chance, die
Kindheit zurechtzurücken, so wie sie eigentlich hätte sein sollen. Nur wenige Menschen erleben eine wirklich glückliche
Kindheit, und die meisten verdrängen die schlimmen Dinge.
Ich war kein gutes Kind. Ich hatte kein Talent dazu. Ich wollte
nur, daß meine Kindheit so schnell wie möglich vorbei war,
damit ich mich in der viel interessanteren Welt der Erwachsenen bewegen konnte.
    Im Clan der Feldglöcks werden die Kinder schon früh dazu
ausgebildet, nützliche Mitglieder ihrer Familien zu sein, wie in
allen anderen Clans auch. Und sie werden zu Kämpfern herangezogen, weil die Familien zahlreiche Feinde besitzen. Allein
durch meine Geburt war ich bereits zu einem Teil der Fehden
und Blutrachen geworden, die viele Jahrhundert zurückreichen.
Ich paßte mich sehr früh daran an – zu früh für meine konservativen Eltern, die befürchteten, es könnte einen Skandal auslösen, wenn ihr Erbe und erstgeborener Sohn jeden wichtigen
Aristokraten in nicht erlaubten Duellen umbrachte . Ich habe
nie viel von meinen Eltern gesehen. Vater war ständig irgendwo unterwegs, war mit dem Führen des Clans beschäftigt oder
kümmerte sich um die Familiengeschäfte. Und meine liebe
Mutter zog es vor, sich in den gesellschaftlichen Trubel zu
stürzen, anstatt sich mit Kindererziehung abzugeben. Typische
Clanseltern. Ich hatte eine endlose Reihe von Kindermädchen
und Tutoren, und alle waren fest entschlossen, mich zu einem
vernünftigen Menschen zu erziehen und aus Schwierigkeiten
herauszuhalten. Ich hatte nie viele Freunde. Ich meine echte Freunde. Bekanntschaften außerhalb der Familie waren unerwünscht, und innerhalb der Familie waren immer alle viel zu
sehr damit beschäftigt, um Positionen und Einfluß zu schachern. Aber ich hatte Spielsachen. Soviel Spielsachen, wie ich
nur wollte .
    Ich erinnere mich an die Geschichten von Reineke Bär und
dem Seebock und ihre Abenteuer in den Goldenen Ländern.
Ich habe immer davon geträumt, mit den beiden zu reisen und
die Gegenden hinter dem Sonnenuntergang zu erforschen. Und
jetzt bin ich hier, und wir reisen tatsächlich zusammen. Ist das
nicht unheimlich?« Er grinste die Spielzeuge über das Feuer
hinweg an. »Ihr seid ganz genau so, wie ich euch in Erinnerung
habe. Es ist, als würde man alte Freunde treffen, die man viele
Jahre lang nicht gesehen hat. Vielleicht die einzigen wirklichen
Freunde, die ich als Kind hatte. Kein Wunder, daß so viele
Leute unbedingt hierher wollten. Sie sehnten sich nach der
Kindheit, die sie nie hatten. Oder wenn, dann nur in ihren
Träumen.«
    »Ich beneide dich um diese Träume«, sagte Evangeline. »Ich
hatte überhaupt keine Kindheit. Ich kam erwachsen zur Welt,
denn ich bin ein Klon. Ich wurde aus den Zellkernen der ursprünglichen Evangeline erzeugt. Vater brauchte mich, um die
Tochter zu ersetzen, die er umgebracht hatte. Also wurde ich
heimlich erzeugt. Man unterrichtete mich über eine Kindheit,
die ich nie hatte, und sandte mich in die Welt hinaus, um als
Erwachsener in ihr zu bestehen. Damals war ich erst sechs
Monate alt. Das meiste von dem, was ich hier sehe, ist mir …
völlig fremd. Ich hatte nie Spielsachen. Ich hatte nie Kuscheltiere. Vater wollte nicht, daß ich irgend etwas in meinem Leben
hatte außer ihm. Ich durfte niemals spielen. Ich war niemals
frei von Geheimnissen

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