Todtstelzers Krieg
der Herrschenden unterschätzen. Die Löwenstein
wußte immer, daß ein Tag wie dieser hier kommen könnte, und
sie hat sicher Pläne für diesen Fall geschmiedet, die uns ziemlich frustrieren werden.«
»Verdammt«, fluchte Hazel. »Dein Vorfahr hält noch längere
Ansprachen als du, Owen! Muß wohl in der Familie liegen.«
»Wo liegt der Sinn dieser ganzen Unterhaltung?« fragte Oh
nesorg. »Ich für meinen Teil würde lieber runtergehen und
mitmischen, bevor alles vorbei ist.«
»Der Sinn ist der, daß wir uns aufteilen müssen«, erklärte Giles. »Wir müssen unsere Talente so weit zerstreuen wie möglich und die Löwenstein an allen Fronten gleichzeitig treffen . «
»Augenblick mal«, unterbrach Owen. »Wir waren immer
dann am stärksten, wenn wir alle zusammen waren. Erinnert
ihr euch noch an den Energieschirm, den wir auf der Wolflingswelt errichtet haben? Er war stark genug, um einer Disruptorkanone auf kürzeste Distanz zu widerstehen. Und auf der
Nebelwelt haben Hazel und ich wahre Wunder vollbracht, weil
wir zusammen waren. Wer weiß, wozu wir imstande sind,
wenn wir alle zusammenbleiben?«
»Uns bleibt aber keine Zeit für Experimente«, entgegnete Giles tonlos. »Die Rebellion braucht uns, und sie braucht uns
jet z t . Ich habe verdammt lange darüber nachgedacht.«
»Ohne mit uns zu reden«, sagte Ruby.
»Genau«, stimmte ihr Ohnesorg zu. »Wann habt Ihr all diese
Pläne geschmiedet? Wir anderen hatten auf unseren verschie
denen Missionen bis zum Umfallen zu tun.«
»Ich brauche nicht viel Schlaf«, erwiderte Giles. »Und jetzt
hört bitte alle her. Wir werden uns in die folgenden Gruppen
aufteilen …«
»Das gefällt mir überhaupt nicht«, unterbrach ihn Hazel.
»Beim letzten Mal haben wir zugelassen, daß die Führer des
Untergrunds uns aufteilten. David und der Sommer-Eiland sind
auf eigenen Faust davongezogen. Und jetzt ist David tot, und
der Sommer-Eiland hat sich dem Feind angeschlossen.«
»Ich vermisse David«, sagte Owen unvermittelt. »Ich habe
ihn niemals richtig kennengelernt, und jetzt ist es zu spät dazu.
Aber ich vermisse ihn. Ich bin der letzte meines Geschlechts.
Der letzte der Todtsteltzer.«
»Das ist es nicht, was dich so wütend macht«, sagte Hazel.
»Du bist ärgerlich, weil du nicht mehr nach Hause zurückkehren kannst, seit Virimonde zerstört wurde. Du kannst niemals
wieder in dein altes Leben zurück, und das ist alles, was du dir
von dieser Rebellion je erhofft hast. Oder vielleicht nicht?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Owen. »Vielleicht. Ich wollte
nie ein Krieger werden. Ich war glücklich als Gelehrter und
Historiker, ohne Zwänge und ohne Verantwortung. Aber ich
würde nicht mehr zurückkehren, auch dann nicht, wenn ich
könnte. Ich habe zuviel gesehen. Und was David angeht … er
war lästig wie ein Stein im Schuh, aber er hatte Talent. Ich hätte ihn so viel lehren können … und jetzt ist er tot. Ermordet
von Kit Sommer-Eiland. Vom gleichen grinsenden Bastard, der
auch schon meinen Vater ermordet hat. Der Sommer Eiland
gehört mir, ganz gleich, was dort unten geschieht.«
»Gut«, sagte Giles Todtsteltzer anerkennend. »Endlich fängst
du an, wie ein echter Todtsteltzer zu reden. Du hast dich sehr
verändert, Historiker.«
»Was kann ich schon dafür, daß mir nicht immer gefällt, was
aus mir geworden ist?« sagte Owen. »Manchmal glaube ich,
ich bin all das geworden, was ich immer verabscheut habe. Ein
Mann der Gewalt, der von Rache getrieben wird. Nichts als ein
weiterer Bauer in den Intrigen meines Vaters, mit dem Ziel, die
Eiserne Hexe zu stürzen . Nichts als ein weiterer Barbar an den
Toren des Imperiums.«
Peinliches Schweigen breitete sich aus, das erst durch ein
dringliches Signal vom Holoschirm durchbrochen wurde. Giles
schaltete auf Empfang, und der Anblick Golgathas verschwand
und wich den Gesichtern Finlay Feldglöcks, Evangeline
Shrecks und Julian Skyes. Die drei erweckten einen gehetzten
Eindruck.
»Was hält Euch noch auf?« fragte Finlay , ohne sich mit Höflichkeitsfloskeln abzugeben. »Wir brauchen Euch hier unten ,
und zwar jetzt. Es steht gar nicht gut in der Hauptstadt, und das
ist schließlich der Ort, auf die es im Grunde genommen ankommt! Wir wissen nicht mehr, wer gewinnt und wer verliert,
falls überhaupt jemand. Das reinste Chaos. Allein Eure Gegenwart wird unsere Kämpfer ermutigen. Ihr seid allesamt zu
Helden geworden, zu lebenden Legenden, und das nicht zuletzt
durch Tobias Shrecks Berichterstattung. Die Leute
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