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Toechter Aus Shanghai

Titel: Toechter Aus Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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»wissen wir nicht, ob sie uns überhaupt noch wollen.«
    »Natürlich wollen sie uns. Sie haben uns gekauft! Doch das Kind ist ein Problem. Zuerst habe ich gedacht, ich komme vielleicht damit durch. Ich habe mit Vern nicht getan, was Eheleute tun, aber er hätte nichts verraten. Und dann hat der Alte Herr Louie die Bettlaken überprüft…«
    »Du wusstest es damals schon?«
    »Du warst doch dabei, als ich mich im Restaurant übergeben habe. Ich hatte solche Angst. Ich dachte, jemand würde es merken. Ich dachte, zumindest du würdest daraufkommen.«
    Im Rückblick wird mir klar, dass viele Menschen begriffen, was ich in meiner Blindheit und Ignoranz übersah. Die alte Frau, bei der wir die erste Nacht außerhalb Shanghais verbrachten, kümmerte sich besonders um May. Der Arzt in Hangchow war
sehr besorgt und bestand darauf, dass May genug Schlaf bekam. Ich bin Mays jie jie , und ich dachte, niemand könnte sich näher sein als wir beide, aber ich war so mit meinen eigenen Sorgen beschäftigt - Z. G. zu verlieren, von zu Hause fliehen zu müssen, vergewaltigt zu werden, beinahe zu sterben, hier anzukommen -, dass ich nicht darauf geachtet habe, wie oft sich May in den vergangenen Wochen und Monaten übergeben hat. Mir war nicht aufgefallen, ob die kleine rote Schwester May besuchte oder nicht. Und ich kann mich nicht mal erinnern, wann ich sie zum letzten Mal völlig unbekleidet gesehen habe. Ich habe meine Schwester im Stich gelassen, als sie mich am meisten brauchte.
    »Es tut mir so leid...«
    »Pearl! Du hörst mir gar nicht zu! Wie sollen wir denn jetzt nach Los Angeles? Der Junge ist nicht der Vater des Kindes, und der Alte Herr Louie weiß das.«
    Das geht mir alles viel zu schnell. Es war ein langer, harter Tag. Seit der Schüssel jook zum Frühstück habe ich nichts mehr gegessen, und Abendessen werde ich auch nicht bekommen. Aber trotz aller Müdigkeit und Erschöpfung merke ich doch, dass May etwas im Schilde führt. Schließlich hat sie mir nur von ihrer Schwangerschaft erzählt, weil ich wütend auf sie war wegen …
    »Du hast den Ausschuss absichtlich belogen. Schon bei der ersten Befragung.«
    »Das Kind muss hier auf Angel Island geboren werden«, sagt sie.
    Ich bin ja die Klügere von uns beiden, kann ihr im Moment allerdings kaum folgen.
    »Du hast die Lügen schon während der Schiffsfahrt nach San Francisco geplant«, sage ich schließlich. »Deshalb hast du dich nicht mit dem Handbuch beschäftigt. Du wolltest gar nicht die richtigen Antworten auf die Fragen geben. Du wolltest hierher.«
    »Nicht ganz. Ich hatte gehofft, Spencer würde mir - uns - helfen. Er hat mir auf dem Schiff Versprechungen gemacht. Er hat
versprochen, sich um alles zu kümmern, damit wir nicht nach Los Angeles müssen. Er hat gelogen.« May zuckt die Achseln. »Überrascht dich das noch, nach Baba? Meine nächste Alternative war dann, hierherzukommen. Verstehst du denn nicht? Wenn ich das Kind hier zur Welt bringe, werden sie nie erfahren, dass es meines ist.«
    »Sie?«
    »Die Louies«, erklärt sie ungeduldig. »Du musst es nehmen. Ich gebe dir meinen Sohn. Du hast mit Sam getan, was Eheleute tun. Zeitlich passt das ziemlich gut.«
    Ich entziehe ihr meine Hände und weiche von ihr zurück.
    »Was sagst du da?«
    »Die Ärzte haben gesagt, dass du wahrscheinlich nie Kinder bekommen kannst. Das könnte mich retten und dir helfen.«
    Aber ich will kein Kind - nicht jetzt und vielleicht überhaupt nie. Ich will auch nicht verheiratet sein - zumindest nicht in einer arrangierten Ehe oder um die Schulden meines Vaters zu bezahlen. Es muss noch eine andere Möglichkeit geben.
    »Wenn du das Kind nicht willst, dann gib es den Missionaren«, schlage ich vor. »Die nehmen deinen Sohn bestimmt auf. Es gibt doch diese Chinesische Kinderhilfe, von der sie immer reden. Sie passen auf, dass die Kinder keinen Kontakt zu kranken Frauen bekommen.«
    »Pearl! Das ist mein Kind! Welche Verbindung haben wir denn sonst noch zu Mama und Baba? Wir sind Töchter - das Ende der Linie. Könnte mein Sohn nicht der Anfang einer neuen Linie hier in Amerika werden?«
    Wir gehen selbstverständlich davon aus, dass es ein Junge wird. Wie alle Chinesen auf der Welt können wir uns nur die Geburt eines Sohnes vorstellen, der seiner Familie großes Glück bringt und garantiert, dass die Ahnen im Jenseits versorgt werden. Trotzdem kann Mays Plan niemals funktionieren.
    »Ich bin nicht schwanger, und ich kann das Kind nicht für dich bekommen.« Das ist

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