Töchter des Feuers: Roman (German Edition)
fürchte, ich selbst hatte in der letzten Woche leider keine Zeit dazu. Die Erweiterung der Fabrik in Limerick erfordert meine ganze Konzentration.«
»Und wie läuft die Sache so?«
»Ziemlich gut. Obwohl es ein paar Komplikationen gibt, deretwegen ich in Kürze runterfahren muß.«
»Aber du bist doch gerade erst zurück.«
»Es dürfte nicht länger als ein, zwei Tage dauern.« Er legte den Kopf auf die Seite und beobachtete, wie seine Großmutter an ihrem Rock zupfte und über ihre Haare strich. »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er.
»Nein, nein.« Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf und zwang ihre Hände zur Ruhe. »Alles in Ordnung, obwohl es etwas gibt, das ich mit dir besprechen möchte. Weißt du …« Sie unterbrach sich und schalt sich, daß sie ein elender Feigling sei. »Wie geht es Maggie? Hat es ihr in Frankreich gefallen?«
»Ich denke schon.«
»Dies ist genau die richtige Jahreszeit für Ferien in der Villa. Hattet ihr schönes Wetter?«
»Allerdings. Aber ich denke kaum, daß du mit mir über das Wetter sprechen wolltest, Großmutter, habe ich recht?«
»Nein, ich wollte nur – bist du sicher, daß du nichts trinken willst?«
Nun war er ehrlich alarmiert. »Wenn etwas nicht in Ordnung ist, möchte ich, daß du es mir auf der Stelle erzählst.«
»Es ist alles in Ordnung, mein Schatz. Alles in Ordnung.«
Zu seiner Überraschung errötete sie wie ein Schulmädchen bei seinem ersten Rendezvous. »Großmutter …«
Plötzlich wurden auf der Treppe draußen Schritte laut, und
eine unbekannte Stimme rief: »Chrissy? Wo steckst du, mein Mädchen?«
Rogan erhob sich langsam von seinem Platz, und im selben Augenblick schoß ein älterer Mann durch die Tür des Salons. Er war stämmig, vollkommem kahl und trug einen schlecht sitzenden Anzug in Ringelblumengelb. Sein rundes, runzliges Gesicht strahlte wie das von einem Honigkuchenpferd.
»Da bist du ja, mein Schatz. Ich dachte schon, du hättest dich aus dem Staub gemacht.«
»Ich wollte gerade nach dem Tee klingeln.« Die Röte auf Christines Wangen vertiefte sich, als der Mann den Salon betrat und ihre zitternden Hände an seine Lippen hob.
»Rogan, das ist Niall Feeney. Niall, mein Enkel Rogan.«
»Das also ist der berühmte Enkelsohn.« Rogans Hände wurden gepackt und heftig geschüttelt. »Es ist mir eine Freude, dich endlich kennenzulernen. Chrissy hat mir alles von dir erzählt, mein Junge. Vor allem, daß du ihr ein und alles bist.«
»Ich bin – nett, Sie kennenzulernen, Mr. Feeney.«
»Also bitte, keine Förmlichkeit zwischen uns. Nicht, wo wir doch fast eine Familie sind.« Er blinzelte und hielt sich vor Lachen den wackelnden Bauch.
»Eine Familie?« fragte Rogan mit schwacher Stimme.
»Allerdings, wo ich doch kaum ein paar Meter von unserer guten Chrissy entfernt aufgewachsen bin. Großer Gott, das ist fünfzig Jahre her, und jetzt hat das Schicksal dafür gesorgt, daß du all die hübschen Glassachen vermarktest, die meine Nichte macht.«
»Ihre Nichte?« Die Erkenntnis, wen er da vor sich hatte, traf Rogan wie ein Hieb. »Sie sind Maggies Onkel?«
»Allerdings.« Niall schien sich wie zu Hause zu fühlen, denn er flezte sich so gemütlich aufs Sofa, daß sein beachtlicher Bauch über den Gürtel quoll. »Und ich bin verdammt stolz auf das Mädchen, obwohl ich keinen blassen Schimmer habe von
dem, was sie da treibt. Ich muß mich auf Chrissys Wort verlassen, daß das, was sie macht, in Ordnung ist.«
»Chrissy«, krächzte Rogan halb erstickt.
»Ist es nicht wunderbar, Rogan?« Christines Gesicht wurde durch ein nervöses Lächeln verzerrt. »Anscheinend hat Brianna nach Galway geschrieben und Niall erzählt, daß Maggie und du geschäftlich verbunden seid. Natürlich hat sie auch erwähnt, daß du mein Enkel bist. Niall hat wiederum mir geschrieben, und so hat eins zum anderen geführt. Und nun besucht er mich sogar.«
»Besucht dich? In Dublin?«
»Eine nette Stadt.« Niall klatschte mit einer seiner Pranken auf der zerbrechlichen Sofalehne herum. »In der es die hübschesten Mädchen von ganz Irland gibt.« Er blinzelte Christine zu. »Obwohl ich nur Augen für eine von ihnen habe, wenn ich ehrlich bin.«
»Also bitte, Niall.«
Rogan starrte die beiden Turteltauben entgeistert an. »Ich glaube, jetzt möchte ich doch einen Drink«, sagte er. »Einen Whiskey, wenn es möglich ist.«
18. Kapitel
Es war ein sehr nachdenklicher Rogan, der das Haus seiner Großmutter verließ, um kurz nach
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